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Rechtsmissbrauch: LG Köln verurteilt den IDO zur Rückzahlung von Abmahnkosten und Vertragsstrafe

  • Update 13.12.2022
    In den Verfahren vor dem LG Köln/OLG Köln, in denen es um die Rückzahlung von Abmahnkosten und die Rückzahlung von Vertragsstrafe ging, hat das OLG Köln inzwischen zugunsten des IDO e.V. entschieden. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

    Eine aus unserer Sicht wichtige Anmerkung zu den Verfahren vor dem LG Köln/OLG Köln:

    In den Verfahren, über die das OLG Köln nunmehr entschieden hat, ging es nicht um Unterlassungsansprüche oder offene Vertragsstrafenforderungen des IDO e.V., sondern um Zahlungsansprüche von Betroffenen, die unter anderem gezahlte Vertragsstrafen und Abmahnkosten vom IDO e.V. zurückerlangen wollten. Nach Auffassung des OLG Köln waren die Voraussetzungen entsprechender Zahlungsansprüche nicht erfüllt. Die Frage, ob das Vorgehen des IDO e.V. im Zusammenhang mit dem Ausspruch von Abmahnungen rechtsmissbräuchlichen Charakter hat und die Frage, ob den Vertragsstrafenforderungen des IDO e.V. der Einwand zu Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann, ist nach wie vor offen. Beide Fragen werden das OLG Köln in absehbarer Zeit jedoch erneut beschäftigen, und zwar im Rahmen von Verfahren, die wir für zwei Mandanten wegen offene Vertragsstrafenforderungen des IDO e.V. führen.

Viele Gerichte wie aber auch Oberlandesgerichte (siehe z. B. hier, hier und hier) nehmen mittlerweile an, dass der IDO-Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. rechtsmissbräuchlich handelt. Aktuell (Stand: 02/2022) darf der IDO nicht mehr aktiv abmahnen, da er nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände des Bundesamtes für Justiz eingetragen wurde.

Rechtsmissbrauch beim IDO kann viele Rechtsfolgen haben: Zum einen kann dies zur Folge haben, dass der IDO gerichtlich geltend gemachte Unterlassungsansprüche nicht durchsetzen kann. Zum anderen halten einige Gerichte auch eine Kündigung bzw. Anfechtung einer in der Vergangenheit abgegebenen Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauchs für zulässig. In diesem Fall ist keine Vertragsstrafe an den IDO zu zahlen.

In vielen Verfahren vor dem Landgericht Köln hat die Rechtsanwaltskanzlei Gerstel Rückzahlungsansprüche von Abmahnkosten und Vertragsstrafen geltend gemacht. Nunmehr gibt es ein erstes, wie wir finden, sensationelles Urteil des Landgerichtes Köln (LG Köln Urteil vom 26.01.2022, Az.: 81 O 35/21).

Das Landgericht Köln hat den IDO verurteilt, eine in der Vergangenheit vom Abgemahnten an den IDO gezahlte Vertragsstrafe sowie die ursprünglichen Abmahnkosten zurückzuzahlen.

Vorstand und Mitarbeiter des IDO erhalten viel Geld

Die Begründung, lässt tief in die Interna des IDO blicken, bestätigt, was wir schon immer vermutet haben: Der IDO ist

„in erster Linie darauf ausgerichtet, Personen, die für den Verband tätig sind, nämlich seinen Vorstandsmitgliedern, einem Teil seiner Mitarbeiter und auch der IDO Management GmbH, dort deren Geschäftsführern und Mitarbeitern, unangemessen hohe Vergütungen und andere Zuwendungen, insbesondere aus den Einnahmen aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen zukommen zu lassen“

so das LG Köln wörtlich.

In dem Urteil wird dann ausführlich dargelegt, welche Beträge die oben genannten Beteiligten vom IDO bzw. der IDO Management GmbH erhalten. Zum Teil erhalten Vorstandsmitglieder sechsstellige Beträge und zusätzlich noch ein Geschäftsführergehalt der IDO Management GmbH.

Teilweise erhalten Familienmitglieder mit der Qualifikation einer Kauffrau für Bürokommunikation seit Jahren hohe sechsstellige Beträge.

Einen Teil der Dienstleistungen des IDO hat der IDO an die IDO Management GmbH ausgegliedert. Es handelt sich hierbei um eine Organgesellschaft, 52 % der Gesellschaftsanteile erhält der IDO, 48 % eine Einzelperson.

Die Leistungen der IDO Management GmbH werden überwiegend von freien Mitarbeitern erbracht, die gleichzeitig auch im Vorstand des IDO sind.

Nach einer Berechnung des Gerichtes flossen im Jahr 2020 44 % der Einnahmen des IDO unmittelbar oder mittelbar über die IDO Management GmbH an sechs Personen. Im Ergebnis kommt das Landgericht Köln zu dem Schluss, dass über 50 % der Einnahmen des IDO an die IDO Management GmbH fließen.

„Nach alledem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die oben genannten Personen mit dem Beklagten (gemeint ist der IDO) und der IDO Management GmbH ein Konstrukt geschaffen haben und unterhalten, das in erster Linie dazu dient, Einnahmen insbesondere aus Abmahnkosten und Vertragsstrafen zu generieren, um den oben genannten Personen eine fortlaufende lukrative Einnahmequelle zu verschaffen. Jedenfalls hat der Beklagte (gemeint ist der IDO) es nicht vermocht, den sich insoweit aufdrängenden Verdacht auszuräumen.“

so das LG Köln.

Rechtsmissbrauch auch, weil der IDO eigene Mitglieder verschont

Damit nicht genug: IDO verschont die eigenen aktiven und passiven Mitglieder systematisch

Das Landgericht Köln nimmt ebenfalls auch Rechtsmissbrauch an, da der IDO die eigenen Mitglieder systematisch verschont.

Den Vortrag der Beklagten, das Verfahren gegen passive Mitglieder nur in seltenen Fällen erforderlich seien, jedes neue Mitglied von dem IDO grundsätzlich überprüft werde, Shopüberprüfungen in bestimmten Zeitabständen erfolgten und insbesondere eine weitere Überprüfung erfolge, wenn ein Mitglied eine Liste, die zum Nachweis der Aktivlegitimation verwendet wird, sah das Landgericht Köln ausdrücklich als widerlegt an.

Fazit

Das Landgericht Köln ist nicht das erste Gericht, dass dem IDO ins Stammbuch geschrieben hat, dass die gesamte Konstruktion dazu dient, einem Beteiligten erhebliche Einnahmen zu verschaffen. Nunmehr liegen jedoch konkrete Zahlen vor, die verdeutlichen, in welchem Ausmaß dies geschah.

Das Urteil des Landgerichtes Köln, sollte es rechtskräftig werden, hat weitreichende Folgen für den IDO: Nicht nur, dass nunmehr konkrete Zahlen das „Geschäftsmodell“ des IDO zu Gunsten einiger dort Beteiligter offengelegt wurde. Die Kanzlei Gerstel hat in höherer zweistelliger Anzahl entsprechende Klagen gegen den IDO auf Rückzahlung beim Landgericht Köln anhängig gemacht. Es wurde vereinbart, dass zur Frage des Rechtsmissbrauchs lediglich zwei Verfahren mit entsprechendem Vortrag genutzt werden und die in diesen Verfahren im Wege des Freibeweises gewordenen Ergebnisse in allen bei beiden Kammern rechtsanhängigen Parallelverfahren berücksichtigt und in der Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt wird.

Die Entscheidung des Landgerichtes Köln geht somit weit über einen Einzelfall hinaus.

Eine Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eines Abmahnvereins darf gemäß § 8b Abs. 2 Nr. 4 UWG nicht erfolgen, wenn Personen, die für den Verband tätig sind unangemessen hohe Vergütungen erhalten. Dies war zumindest bis 2020 beim IDO eindeutig der Fall. Es ist davon auszugehen, dass eine Eintragung des IDO in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nicht erfolgen wird.

Des Weiteren ist das Urteil ein zusätzliches gutes Argument, um gegen Unterlassungsansprüche sowie die Geltendmachung einer Vertragsstrafe des IDO wegen Rechtsmissbrauchs vorzugehen.

Wir beraten Sie zu der Möglichkeit einer Kündigung oder Anfechtung einer Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO oder wenn der IDO von Ihnen eine Vertragsstrafe fordert.

Stand: 08.02.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Andreas Kempcke