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Wenn der IDO eine Vertragsstrafe geltend macht: Kann eine gegenüber dem IDO abgegebene Unterlassungserklärung angefochten oder gekündigt werden?

Der Abmahnverein IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. gehört mit zu den Abmahnern aus unserer Beratungspraxis, bei denen wir am meisten Mandanten beraten oder vertreten haben. Es sind mittlerweile mehrere hundert. Eine Abmahnung des IDO ist tückisch. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass die meisten Abgemahnten zuerst auf die Kosten der Abmahnung schauen. Diese sind mit ca. 230 € beim IDO, verglichen mit einer Abmahnung, die durch einen Rechtsanwalt ausgesprochen wird, eher günstig. Der IDO fordert jedoch, wie bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung üblich, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Das in der Unterlassungsverpflichtungserklärung, die der IDO einer Abmahnung vorformuliert beigefügt für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe versprochen wird, wird gerade dem juristischen Laien aus der Formulierung des IDO zum Teil nicht ganz deutlich. So heißt es üblicherweise in einer Unterlassungserklärung, die bei einer Abmahnung des IDO immer dabei ist:

(Name) verpflichtet sich gegenüber dem IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V., Uhlandstraße 1, 51379 Leverkusen, es bei Vermeidung einer für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung fälligen, vom IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. nach billigem Ermessen zu bestimmenden und im Streitfall vom zuständigen Gericht auf Billigkeit zu überprüfenden und von (Name), an den IDO Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. zu zahlenden Vertragsstrafe, zu unterlassen,…

Ein langer Satz, in dem das Wort Vertragsstrafe, wohl nicht ganz zufällig, erst ganz am Ende auftaucht.

Der IDO kassiert ab

Es ist zunächst nichts ehrenrühriges, wenn ein Abmahner nach einem Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe fordert. Die Vertragsstrafe dient dazu, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Nur wenn ein empfindliches Übel droht, nämlich eine Vertragsstrafe, gilt eine Unterlassungserklärung als ausreichend.

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn abgegebene Unterlassungserklärungen nach unserem Eindruck dazu genutzt werden, um sich eine Einnahmequelle zu schaffen. Die Abmahnkosten in Höhe von ca. 230 € sollen bei einem Abmahnverein, so der Wille des Gesetzgebers, lediglich die tatsächlichen Kosten decken. Aus diesem Grund sind die Abmahnkosten bei Abmahnungen von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen i.S.d § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sehr viel niedriger, als bei einer Abmahnung eines Wettbewerbers, die durch einen Rechtsanwalt ausgesprochen wird. Große Sprünge sind daher mit ca. 195,00 € netto pro Abmahnung nicht möglich. Tatsächlich wird beim IDO jedoch viel Geld verdient. Eine Mitarbeiterin des IDO hat in einer Beweisaufnahme vor dem OLG Celle zu Az. 13 U 73/19 bestätigt, dass eine freie Mitarbeiterin, die  gelernte Bürokauffrau ist,  in einem anderen Verfahren Angaben zu Ihrem Einkommen gemacht hatte und dort einen Stundensatz von 120 € brutto genannt hatte. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, was die anderen Mitarbeiter und Vorstände des IDO verdienen.

In einem anderen Urteil des Landgerichtes Heilbronn, Az. 21 O 38/19, der IDO war dort Widerkläger heißt es:

„Die gegebenen Verhältnisse deuten auf eine Verquickung familiärer und wirtschaftlicher Interessen im Bereich des Widerklägers hin. Es ist nicht ersichtlich, dass mit der Zeugin S. eine freie Mitarbeiterin des Widerklägers – entsprechend des Hinweises der Prozessvertreterin des Widerklägers – umfassende Auskunft zu den angesprochenen Themen sollte erteilen können, wenn dies nicht mit einem familiären Kontext zu erklären sein solle – die Zeugin ist die Schwester der Vorstandsvorsitzenden des Widerklägers […] Es ergibt sich das Bild einer undefinierbaren Gemengelage von privaten und öffentlichen Interessen unter Gefährdung der Beachtung von Einschränkungen aufgrund satzungsmäßigen bzw. gesetzlichen Bindungen im Rahmen eines Idealvereins und Verbraucherverbandes, der Rechte gem. § 8 UWG geltend machen will“

Das sind bemerkenswert klare Worte eines Gerichtes zu einem Wettbewerbsverband.

IDO macht regelmäßig Vertragsstrafen geltend

Aus unserer Beratungspraxis ist uns bekannt, dass der IDO regelmäßig Vertragsstrafen geltend macht. Abgegebene Unterlassungserklärungen werden offensichtlich intensiv überprüft. Es sind häufig Konstellationen, bei denen der Abgemahnte nicht sicher gewährleisten kann, dass er eine Unterlassungserklärung auch einhalten kann. Besonders gefährlich ist eine Unterlassungserklärung, die sich auf fehlende Grundpreise bezieht oder eine Unterlassungserklärung wegen fehlenden Informationen zu einer Garantie. Besonders tückisch: Die Unterlassungserklärung des IDO beschränkt sich nicht auf die Plattform, die Gegenstand der Abmahnung war. Vielmehr gilt die Unterlassungserklärung für alle online-Angebote des abgemahnten Händlers. Dies ist in der Rechtsprechung auch so vorgesehen, jedoch vielen Abgemahnten nicht bekannt. Wer beispielsweise wegen eines Fehlers bei eBay abgemahnt wurde, muss auch darauf achten, denselben Fehler nicht auch bei Amazon zu machen.

Zweifel an der Aktivlegitimation

Einige Gerichte, wie unterschiedliche Kammern des Landgerichtes Rostock (siehe hier und hier)und das OLG Frankfurt haben Mangels Aktivlegitimation Klagen des IDO abgewiesen.

Damit ein Abmahnverein in einer bestimmten Branche abmahnen darf, ist eine hinreichende Anzahl von Mitgliedern in dieser Branche notwendig. In einigen Branchen haben die beiden vorgenannten Gerichte dem IDO die Abmahnberechtigung abgesprochen und Unterlassungsklagen abgewiesen.

Welche Möglichkeiten gibt es, gegen eine gegenüber dem IDO abgegebene Unterlassungserklärung vorzugehen?

Online-Händler, die, häufig ohne anwaltliche Beratung  gegenüber dem IDO eine Unterlassungserklärung abgegeben haben oder bei denen der IDO eine Vertragsstrafe geltend macht, fragen sich oft, wie sie aus der abgegebenen Unterlassungserklärung wieder herauskommen. Es gibt hier durchaus rechtliche Ansatzpunkte, die wir nachstehend erläutern. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Rechtslage ist aktuell (Stand Juli 2020) ungeklärt. Wir von Internetrecht-Rostock.de führen aktuell mehrere gerichtliche Verfahren, in denen geklärt werden soll, inwieweit vom IDO abgemahnte Internethändler sich wieder von einer abgegebenen Unterlassungserklärung lösen können.

Letztlich gibt es zwei  Aspekte, die relevant sind, nämlich ein möglicher Rechtsmissbrauch des IDO und im jeweiligen Einzelfall eine fehlende Aktivlegitimation.

Sollte im Einzelfall keine Aktivlegitimation des IDO in einer bestimmten Branche gegeben sein, käme u.U. eine Anfechtung der Unterlassungserklärung in Betracht. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass bereits einige Gerichte dem IDO in bestimmten Branchen die Aktivlegitimation abgesprochen haben, auf der anderen Seite der IDO jedoch in den Abmahnungen mit großer Selbstverständlichkeit eine Aktivlegitimation behauptet.

Eine andere Möglichkeit wäre u.U. die Kündigung der Unterlassungserklärung wegen Rechtsmissbrauchs. immerhin nimmt sowohl das LG Heilbronn, wie auch das OLG Celle an, dass der IDO rechtsmissbräuchlich handelt. Eine Kündigung ist nach der Rechtsprechung des BGH möglich, wenn tatsächlich ein Rechtsmissbrauch vorliegt, was durch das jeweils befasste Gericht im Einzelfall zu entscheiden ist. Obwohl eine Kündigung nur eine rechtliche Wirkung für die Zukunft hat, nimmt der BGH an, dass Vertragsstrafen wegen Verstößen gegen die gekündigte Unterlassungserklärung in der Regel nicht geltend gemacht werden können.

Wir beraten Sie gerne konkret.

Stand: 21.07.2020

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke