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Verändern von ASINs und dann Abmahnung bei Amazon: BGH entscheidet: Amazon-Händler muss ASIN´s überwachen

Ein Grundproblem für Amazon-Händler ist der Umstand, dass Händler sich in der Regel an ASIN´s anhängen, die bei Amazon bereits existieren. Diese ASIN´s sind nicht statisch, sondern können verändert werden, sei es von Amazon selbst, demjenigen, der die ASIN ursprünglich angelegt hat oder Händlern, die eine sogenannte ASIN-Priorität haben. Wer tatsächlich berechtigt ist, eine ASIN zu verändern, ist uns immer unklar geblieben. Möglich sind wohl auch Fälle, in denen Amazon selbst mehrere ASIN´s zu einer ASIN zusammenfasst, was ebenfalls zu unerfreulichen Ergebnissen hinsichtlich des Inhaltes der ASIN führen kann.

Zum Problem wird dieser Umstand immer dann, wenn in der ASIN plötzlich in der Artikelbeschreibung etwas auftaucht, was dort nicht stand. Dies kann eine Produkteigenschaft sein, häufig jedoch auch eine Marke. Wenn ein Produkt bspw. ein No-Name-Produkt war oder ein Produkt der Marke “X” und plötzlich zu einer Marken-ASIN für das Produkt “Y” wird, ist jeder Verkauf darunter eine Markenrechtsverletzung. Dies gilt zumindest dann, wenn, um bei diesem Beispiel zu bleiben, das Produkt “Y” nicht ausgeliefert wird.

Das Abändern von ASIN´s ist mittlerweile alltäglicher Bestandteil des Wettbewerbs bei Amazon. ASIN´s werden durch Händler gekapert, es werden Markenbezeichnungen nachgetragen oder verändert, gerade beliebte ASIN´s werden mit Set-Angeboten oder Hinweisen versehen, die es anderen Händlern unmöglich machen, diese ASIN zu nutzen.

BGH entscheidet zu Angebotsänderungen bei Amazon

Mittlerweile ist das Thema auch beim Bundesgerichtshof angekommen. Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 140/14) hat in der Entscheidung mit dem schönen Namen “Angebotsmanipulation bei Amazon” sich zu dieser Thematik geäußert. “Manipulation” klingt ja erst mal negativ. Ist es auch – jedenfalls für den abgemahnten Händler. Gegenstand war eine Markenrechtsverletzung aus dem Jahr 2011, was zur Folge hat, dass wir Mitte 2016 auch eine Ansicht des BGH zu diesem Thema haben.

Der Fall

Kläger und Abmahner ist Inhaber einer Wortmarke. Bei Amazon unter wurde unter einer ASIN ein Computerprodukt mit dieser Wortmarke angeboten, der Beklagte (Abgemahnte) lieferte ein anderes Produkt aus.

Der Beklagte hatte hierbei behauptet, dieses Argument ist uns aus unserer Beratungspraxis bekannt, die ursprüngliche Produktinformation habe die Marke nicht enthalten, sondern eine andere Herstellerbezeichnung. Die ASIN war nachträglich von einem anderen Anbieter, mutmaßlich dem Kläger selbst oder einem Lizenznehmer durch die Angabe der Marke ergänzt worden.

Wir kennen diese Sachverhaltsschilderungen jedenfalls einschlägig aus unserer Beratungspraxis.

BGH: Überwachungs- und Prüfungspflicht

Der offizielle Leitsatz des BGH spricht für sich:

“Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderung der Produktbeschreibung Ihrer Angebote, die selbstständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.”

Wir müssen es an dieser Stelle einmal erwähnen:

Wir haben unseren Mandanten, die über Amazon verkaufen, schon immer empfohlen, genutzte ASIN´s und deren Inhalte regelmäßig zu überprüfen, falls möglich auch zu dokumentieren. Uns ist in diesem Zusammenhang vollkommen bewusst, mit welchem hohen Aufwand derartige Überprüfungen verbunden sind. Nunmehr gibt der BGH uns leider recht.

Wie Amazon laut BGH funktioniert

Hierzu führt der BGH aus:

“Die Tätigkeit als Händler auf Amazon-Marketplace bringt die Gefahr von Rechtsverletzungen mit sich, weil Dritte die Produktbeschreibungen ändern können. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes kann auf der Verkaufsplattform Amazon Marketplace Angebote für ein bestimmtes Produkt durch andere Händler geändert werden, wobei diese Möglichkeit in Händlerkreisen bekannt ist. Dadurch besteht die Gefahr, dass ursprünglich richtige und zulässige Angebote durch Handlungen Dritte in rechtsverletzender Weise geändert werden… Danach kommen Fälle der vorliegenden Art in verschiedenen Varianten immer wieder vor. Jede weitere Nutzung der Verkaufsplattform erhöht die Gefahr von Rechtsverletzungen.”

Hier kann man einfach nur sagen: Das stimmt

Prüfungspflicht

In diesem Zusammenhang nimmt der Bundesgerichtshof eine Prüfungspflicht an und zwar ist es Amazon-Händlern zuzumuten, ein Angebot

– regelmäßig
– zu überprüfen
– ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen werden.

Mit einer einmaligen Prüfung ist es somit nicht getan, vielmehr muss eine regelmäßige Prüfung erfolgen. Kommt der Händler dieser Prüfungspflicht nicht nach, haftet er durch eine solche Veränderung seines Angebotes bei einer Rechtsverletzung als Störer auf Unterlassung.

Verhältnismäßig?

Dem Bundesgerichthof war es schon immer egal, ob irgendetwas in der Praxis umgesetzt werden kann. Der BGH sieht es jedenfalls als verhältnismäßig an, Amazon-Angebote auch regelmäßig zu überprüfen:

“Das spricht im Streitfall aber nicht dagegen, den auf Amazon-Marketplace tätigen Händlern eine Überwachungspflicht hinsichtlich der von ihnen eingestellten Angebote aufzuerlegen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist im Rahmen der Frage der Zumutbarkeit bei der Bestimmung von Häufigkeit und Umfang der erforderlichen Prüfung Rechnung zu tragen. Das berechtigte Interesse der Rechtsinhaber, Verletzungen ihrer Rechte zu verhindern oder wirksam zu verfolgen, lässt es aber nicht zu, jede Prüfungspflicht der auf Amazon-Marketplace gewerblich tätigen Händler zu verneinen.”

Diese Prüfungspflicht hat der Händler nach Ansicht des BGH sogar proaktiv, d.h. es ist kein Hinweis auf eine Rechtsverletzung notwendig, damit eine entsprechende Prüfung erfolgt. Dies ist anders als die Überwachungspflicht von Amazon selber als Betreiber der Plattform.

Was tun?

Die einfachste Antwort lautet natürlich: Genutzte ASIN dokumentieren und überwachen. Dies ist in der Praxis kaum möglich.

Wünschenswert wäre, wenn ein IT-Dienstleister einmal ein entsprechendes Software-Tool anbieten würde. Es dürfte technisch nicht besonders aufwendig sein, eine Anwendung zu programmieren, die Veränderungen an einer ASIN, die rechtlich erheblich sein könnten, aufspürt und dem Nutzer der ASIN meldet. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Angabe “von” im oberen Teil der Artikelbeschreibung Veränderungen vorgenommen werden, eine Marke hinzugefügt wird oder verändert wird.

Weiterhin problematisch dürften die Fälle sein, in denen unter Umständen der Abmahner selbst Änderungen an der Artikelbeschreibung vorgenommen oder veranlasst hat. Dies lässt sich in der Praxis jedoch zum Teil nur schwer nachweisen.

Stand: 02.08.2016

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke

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