beschwerde-online-streitbeilegung-was-tun

Tipps für Internethändler: Was tun, wenn eine Beschwerde der Europäischen Kommission zur Online-Streitbeilegung eingeht?

Seit dem 15.02.2016 funktioniert das Portal zur Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) der EU. Über dieses Portal können sich Verbraucher unter anderem über Internethändler beschweren, umgekehrt ist jedoch auch eine Beschwerde von Händlern über Verbraucher möglich. Seit dem 09.01.2016 müssen Internethändler auf die OS-Plattform verlinken und ihre Emailadresse angeben.

Die Plattform der EU zur Online-Streitbeilegung (auch OS-Plattform genannt) ist letztlich nichts anderes als ein Vermittlungsportal. Die Beschwerde, bspw. des Verbrauchers soll an eine nationale Streitbeilegungsstelle (alternative Streitbeilegungsstelle) auch AS-Stelle weitergeleitet werden:

Die AS-Stelle bearbeitet dann ganz konkret die Verbraucherbeschwerde in Deutschland. Die AS-Stellen in Deutschland wir es frühestens im Februar 2017 geben. Aktuell ist die OS-Plattform für deutsche Verbraucher somit sinnfrei.

Eine Verpflichtung des Internethändlers, sich auf eine Online-Streitbeilegung oder eine alternative Streitschlichtung dann bspw. in Deutschland einzulassen, gibt es nicht.

Unabhängig davon gibt es seit dem 09.01.2016 die Verpflichtung unter anderem von Online-Händlern, auf die OS-Plattform der EU zu verlinken. Es ist somit nicht auszuschließen, dass sich Verbraucher tatsächlich über einen Händler beschweren.

Was also tun, wenn Sie eine derartige Beschwerde als Internethändler erhalten?

Die Beschwerde

Wir haben das Thema Online-Streitbeilegung einmal testweise zusammen mit einem Internethändler durchgespielt. Unseren Erfahrungsbericht finden Sie hier.

Als erstes gibt es von der Email-Adresse automated-notifications@nomail.ec.europa.eu eine Email mit dem Betreff

“Sie haben eine neue Nachricht des Online-Streitbelegungsportals.”

Dies kann bspw. wie folgt aussehen:

Es gibt zum einen den mit einem Link unterlegten Text mit dem Wort “hier” um auf die Beschwerde zuzugreifen sowie einen ausführlichen Link.

Die Gestaltung halten wir für problematisch, da sich Kriminelle durch Phishing-Mails diese Gestaltung der Europäischen Kommission zu Nutzen machen könnten.  Ein echter Link führt jedenfalls zu der Seite https://webgate.ec.europa.eu/odr/…

Was Sie als Händler nun tun müssen

Die Antwort ist kurz:

Nichts.

Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, als Online-Händler sich auf einen Online-Streitbeilegung oder alternative Streitschlichtung in Deutschland einzulassen. Etwas anderes mag gelten, wenn Sie als Internethändler sich freiwillig verpflichtet haben, Streitbeilegungsstellen zu nutzen, eine entsprechende Verpflichtung gibt es jedenfalls nicht.

Vor dem Hintergrund, dass die Kosten für die alternative Streitbeilegung in Deutschland bspw. 190,00 Euro bei einem Streitwert bis einschließlich 100,00 Euro kosten, macht eine alternative Streitbeilegung aus unserer Sicht für Internethändler keinen Sinn. Hinzu kommt, dass dem Verbraucher selbstverständlich noch der Rechtsweg offen steht. Wenn bspw. das Ergebnis der Streitschlichtung nicht im Sinne des Verbrauchers ist, kann er immer noch zu Gericht gehen.

Wir halten nicht zuletzt aufgrund des Umstandes, dass wir in Deutschland über einen sehr effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verfügen und viele Verbraucher rechtsschutzversichert sind, zumindest auf dem deutschen Markt die Online-Streitbeilegung nicht für eine erhebliche faktische Verbesserung des Verbraucherschutzes.

Wie dem auch sei, was könnten Sie tun?

Die OS-Plattform ist im weitesten Sinne eine Vermittlungsstelle für Beschwerden zur jeweilig zuständigen alternativen Streitbeilegung im jeweiligen EU-Land.

Wie dies in der Theorie funktioniert, können Sie bei uns nachlesen unter

Wie funktioniert eigentlich die OS-Plattform der EU?

Sie könnten jedenfalls in der Mail, die Sie über die neue Beschwerde informiert auf “hier” klicken, um nähere Informationen zur Beschwerde zu erhalten.

Hierfür kann es notwendig sein einen ECAS-Account einzurichten. Hierzu gibt es eine konkrete Information der Kommission. Bei ECAS handelt es sich, so der offizielle Ausdruck, um einen “Authentifizierungsdienst der Europäischen Kommission”.

Vereinfacht gesagt können Sie über eine Anmeldung bei ECAS unter anderem dann auch auf die OS-Plattform zugreifen.

Beschwerde aufrufen

Entweder durch Anklicken des Links oder nach Login über einen ECAS-Account können Sie sich dann die konkrete Beschwerde ansehen und eine Lösung vorschlagen, wie bspw. eine Reparatur.

Praxistipp: Außerhalb der OS-Plattform Kontakt zum Kunden suchen

Aktuell ist die OS-Plattform für deutsche Händler und Verbraucher komplett sinnfrei. Hintergrund ist, dass es deutsche Streitbeilegungsstellen (AS-Stellen) frühestens im April 2017 geben wird. Händler und Verbraucher können sich somit nicht auf eine AS-Stelle einigen. Dafür ist die OS-Plattform ja in erster Linie gedacht.

Unsere Empfehlung ist es, die Kundenbeschwerde zur Kenntnis zu nehmen und – wie Sie es üblicherweise auch tun – mit dem Kunden eine Lösung zu finden. Ohne Einschaltung von Institutionen ist dies oft ein einfacher, unkomplizierter und effektiver, in erster Linie jedoch auch kundenfreundlicher Weg. Es kann somit durchaus passieren, dass Verbraucher die sofort OS-Plattform nutzen anstatt sich direkt und unkompliziert mit dem Verkäufer im Online-Handel in Verbindung zu setzen. Ein direkter Kontakt zum Verbraucher bietet sich immer an, um eine unkomplizierte Lösung zu finden.

Was Sie nicht tun sollten

Es besteht durchaus die Möglichkeit, eine nationale Streitbeilegungsstelle im Ausland vorzuschlagen. Wenn der Verbraucher sich darauf einlässt, sehen Sie sich plötzlich einem entsprechenden Verfahren im Ausland ausgesetzt. Dies ist zwar möglich, macht jedoch keinen Sinn.

Zusammenfassung:

Keine Angst, wenn Sie als Internethändler plötzlich die Information über eine Beschwerde erhalten, die über die OS-Plattform über Sie eingereicht wurde!

Schauen Sie sich den Vorgang an, setzen Sie sich mit dem Kunden in Verbindung und zwar außerhalb der OS-Plattform, um das Problem zu klären.

Eine alternative Streitbeilegung ist aktuell in Deutschland noch nicht möglich.

Eine Verpflichtung, auf die Beschwerde zu reagieren, gibt es rechtlich gesehen nicht. Unabhängig davon sollten Sie aus Gründen der Kundenzufriedenheit jedoch reagieren.

Ganz kurz zusammengefasst kann man es auch wie folgt ausdrücken:

Was sollten Sie auf Grund einer Beschwerde über die OS-Plattform tun?

  • Nichts.
  • Ggf. zum Kunden Kontakt aufnehmen und das Problem klären.

Stand: 16.02.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/119e8377328140d09acea97b10293d3f