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Wie funktioniert eigentlich die OS-Plattform der EU?

Durch die EU-Verordnung 524/2013 ist durch die Europäische Union eine Online-Plattform für eine Online-Streitbeilegung (OS) beschlossen worden. Unter anderem müssen Internethändler auf die Plattform verlinken und ihre Email-Adresse angeben. Diese Link-Pflicht gilt ab dem 09.01.2016. Die Europäische Kommission hat jedoch mitgeteilt, dass die Plattform erst am 15.02.2016 funktionieren wird.

Der Link lautet übrigens http://ec.europa.eu/consumers/odr/.

Die Verpflichtung, auf die OS-Plattform zu verlinken und zwar vereinfacht gesagt für alle Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge im Internet anbieten, ist natürlich kein Selbstzweck. Vielmehr sollen sowohl dem Unternehmer, wie auch dem Verbraucher Möglichkeiten für eine außergerichtliche Streitbeilegung zur Verfügung gestellt werden.

Wie funktioniert die OS-Plattform genau?

Die OS-Plattform dient dazu, eine außergerichtliche Streitbelegung zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher aufgrund eines Kauf- oder Dienstleistungsvertrages, der, vereinfacht gesagt im Internet geschlossen wurde, zu ermöglichen. Interessanterweise kann eine Beschwerde nicht nur von einem Verbraucher gegenüber einem Unternehmer eingereicht werden. Auch umgekehrt ist eine Beschwerde möglich. Beschwerdeführer kann auch der Unternehmer sein, der eine Beschwerde gegenüber dem Verbraucher einreicht!

Damit es leichter zu verstehen ist, folgende Erläuterung an dieser Stelle:

  • OS=Online Streitbeilegung=Plattform der EU
  • AS=alternative Streitbeilegung=die deutsche Stelle, die die Streibeilegung dann konkret durchführt

Den Ablauf stellt sich die EU jedenfalls  wie folgt vor:

1. Einreichung der Beschwerde

Auf der OS-Plattform wird ein Beschwerdeformular zur Verfügung gestellt. Dies ist in allen Amtssprachen der EU zugänglich.

An mehreren Stellen wird durch die EU betont, dass das Beschwerdeformular vollständig ausgefüllt werden muss, damit eine Weiterbearbeitung erfolgt. Wird ein Beschwerdeformular nicht vollständig ausgefüllt und eingereicht, wird es sechs Monate nach seiner Erstellung automatisch von der OS-Plattform gelöscht.

2. Unterrichtung des Beschwerdegegners

Nach Eingang der vollständigen Beschwerde übermittelt die OS-Plattform eine einheitliche elektronische Nachricht an den Beschwerdegegner. Die Übermittlung erfolgt an die vom Beschwerdeführer angegebene Email-Adresse des Beschwerdegegners. In dieser Unterrichtung wird dem Beschwerdegegner (dies kann entweder ein Unternehmer oder auch ein Verbraucher sein) mitgeteilt, dass eine Beschwerde gegen ihn eingebracht wurde. Des Weiteren erhält der Beschwerdegegner folgende Information:

  • Die Information, dass sich die Parteien auf eine zuständige Stelle für eine außergerichtliche Streitbeilegung (AS-Stelle) einigen müssen, damit die Beschwerde an diese AS-Stelle weitergeleitet werden kann,

    oder

  • Die Information, dass die Beschwerde nicht weiterbearbeitet wird, falls sich die Parteien (Beschwerdeführer und Beschwerdegegner) nicht auf eine AS-Stelle einigen können oder keine zuständige AS-Stelle ermittelt werden kann.

Erläuterung: Die EU stellt die Voraussetzungen für eine Online-Streitbelegung (OS) zur Verfügung. In Deutschland erfolgt dann die Streitbeilegung in der Praxis über die alternative Streitbeilegung (AS genannt).

3. Die Information über die AS-Stelle oder AS-Stellen, die für die Beschwerde zuständig sind; falls AS-Stellen im elektronischen Beschwerdeformular auf der OS-Stelle angegeben werden, die AS-Stellen, die von der OS-Plattform ermittelt wurden

Erläuterung:Die OS-Plattform der EU ist im Grunde nichts anderes als eine Vermittlungsstelle. Die OS-Plattform ist somit ein zentraler Anlaufpunkt für die Meldung von Streitigkeiten. Die OS-Plattform selber führt jedoch keine Streitbeilegung durch. Dies übernehmen die nationalen Schlichtungsstellen. Im deutschen Fall die AS-Stellen.

Beschwerdegegner ist Unternehmer:

Falls der Beschwerdegegner ein Unternehmer ist, erhält er auch die Aufforderung, innerhalb von 10 Kalendertagen anzugeben,

  • ob der Unternehmer sich verpflichtet hat oder verpflichtet ist, eine bestimmte AS-Stelle für die Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zu nutzen

und

  • ob der Unternehmer bereit ist, eine AS-Stelle aus den aufgeführten AS-Stellen zu nutzen, es sei denn, er ist verpflichtet, eine bestimmte AS-Stelle zu nutzen.

Erläuterung: Die außergerichtliche Streitbelegung in Deutschland wird frühestens im Februar 2017 für Unternehmer kommen. Online-Händler sind nicht verpflichtet, an einer außergerichtlichen Streitbeilegung teilzunehmen. Andere Branchen sind unter Umständen verpflichtet, sich auf die außergerichtliche Streitbelegung einzulassen.

Beschwerdegegner ist Verbraucher:

Wenn der Beschwerdegegner ein Verbraucher ist und der Unternehmer verpflichtet ist, eine bestimmte AS-Stelle zu nutzen, muss der Unternehmer sich innerhalb von 10 Kalendertagen mit dieser AS-Stelle einverstanden erklären oder ggf. aus einer Auswahl von AS-Stellen eine Stelle auswählen.

4. Mitteilung von Name und Kontaktangaben der OS-Kontaktstelle, in der der Beschwerdegegner seine Niederlassung hat

Soweit über AS-Stellen zu informieren ist, informiert die OS-Plattform nicht nur über Name und Kontaktinformationen, sondern auch über anfallende Gebühren, Amtssprachen, die durchschnittliche Dauer des AS-Verfahrens und die Verbindlichkeit oder Unverbindlichkeit der Ergebnisse des AS-Verfahrens.

5. Weiterleitung der Beschwerde an die zuständige AS-Stelle

Wenn eine Einigung hinsichtlich der zuständigen AS-Stelle erfolgt, wird die Beschwerde dorthin weitergeleitet.

Die AS-Stelle, an die die Beschwerde weitergeleitet wurde, teilt den Parteien dann mit, ob sie die Bearbeitung übernimmt oder nicht.

6a Keine Einigung über AS-Stelle

Für den Fall, dass sich die Parteien nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach Einreichung des Beschwerdeformulars auf eine AS-Stelle einigen können oder die AS-Stelle die Bearbeitung ablehnt, wird die Beschwerde nicht weiterbearbeitet.

6b Weiterbearbeitung der Beschwerde durch die AS-Stelle

Falls die Voraussetzungen gegeben sind, wird die Beschwerde dann durch die bspw. deutsche Stelle für außergerichtliche Streitbeilegung (AS-Stelle) bearbeitet.

Zusammenfassend ist die OS-Plattform somit lediglich eine Vermittlungsplattform zur Weiterleitung der Beschwerde an die jeweilig nationale Streitbelegungsstelle, in Deutschland die dann kommende AS-Stelle.

AS-Stellen gibt es noch nicht

Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, welches unter anderem dazu dienen wird, die deutschen AS-Stellen zu schaffen, ist noch nicht in Kraft getreten (Stand 1/2016). Nach Inkrafttreten gibt es einen Zeitraum von 12 Monaten, in denen sich die deutschen AS-Stellen gründen können. Erst dann hat die deutsche Streitbeilegung über die AS-Stellen für die Internethändler Relevanz.

Somit darf man gespannt sein, was passiert, wenn in dem Zeitraum davor Streitigkeiten auf der OS-Plattform gemeldet werden und eine Weiterleitung an die zuständige AS-Stelle gar nicht möglich ist, weil es diese noch nicht gibt.

Über den Ablauf des geplanten AS-Verfahrens dann in Deutschland werden wir Sie gesondert informieren.

Fazit

Die von der EU angebotene Form der außergerichtlichen Streitbeilegung wird sich in Deutschland noch bewähren müssen. Nach unserem Eindruck wird dies in Deutschland keine besonders große Rolle spielen, insbesondere, da Internethändler nicht verpflichtet sind, an einem AS-Verfahren teilzunehmen. Sinnfrei ist zudem der Umstand, dass Internethändler zwar auf die OS-Plattform verlinken müssen, die Mitteilung einer zuständigen AS-Stelle wird in Deutschland jedoch frühestens im Februar 2017 möglich sein. Entsprechende Beschwerden dürften somit, zumindest ein Jahr lang, ins Leere laufen.

Mutmaßlich ist der Frust der Verbraucher dann so groß, dass die OS-Plattform dann gar nicht mehr genutzt wird.

Stand: 06.01.2016

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

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