amazon-urherberrecht-nutzungsrecht

Überraschung für Amazon-Händler: Rechte an Fotos und Texten werden bei neuen Artikelbeschreibungen auf Amazon übertragen 

Artikelbeschreibungen bei Amazon-Angeboten erfolgen in der Regel über die EAN, bei Büchern über die ISBN oder durch die amazoninterne ASIN (Amazon Standard Identifikation Number).

Jedoch kann es bei neuen Produkten durchaus notwendig sein, eine eigene Artikelbeschreibung mit eigenen Bildern zu erstellen.

Hier kann es für gewerbliche Händler bei Amazon jedoch eine böse Überraschung geben:

Die Teilnahmebedingungen von Amazon Services Europe S.a.r.l. in der Fassung vom 15.04.2008 sehen besondere Regelungen vor, wenn Händler eigene Artikelbeschreibungen bei Amazon einstellen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für amazon.de Marketplace (Auktionen und zShops und enthalten unter A XIII eine durchaus ungewöhnliche Regelung. Es heißt dort:

XIII Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrechte

 

Die Teilnehmer übertragen Amazon ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, unfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Verarbeitung an allen Werken oder Werkteilen sowie Datenbanken der jedem anderen Katalog oder jeder anderen Produktinformation, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von Amazon an Amazon übermitteln (mit Ausnahme jedes Firmenzeichens, jeder Schutzmarke oder anderen ähnlichen Brandings) einschließlich des Rechts, diese Inhalte in Printmedien, online, auf CD-Rom, etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.

Diese Klausel ist durchaus nicht unproblematisch und verdient einer näheren Betrachtung:

Was wird geregelt?

Vereinfacht gesagt überträgt jeder Händler, der eine Produktinformationen an Amazon übermittelt, sei es ein Text, ein Bild oder eine Grafik, Amazon das Nutzungsrecht.

Dies hat letztlich zur Folge, dass Amazon von Händlern eingestellte Texte oder Bilder kostenfrei weiterverwenden kann, ändern kann, die Informationen drucken darf, im Internet vervielfältigen darf oder auf CD-Roms veröffentlichen darf.

Auch eine Verwendung zu Werbezwecken ist nicht ausgeschlossen, so dass es durchaus denkbar ist, dass ein Amazon-Händler ein von ihm kostenintensiv gefertigtes Werbebild plötzlich in einer Werbeanzeige von Amazon wieder findet.

Betrachtet man diese Regelung etwas genauer, wird deutlich, wie umfangreich sich Amazon Rechte sichert:

Die Teilnehmer übertragen ein

– vergütungsfreies

– zeitlich unbefristetes

– umfassendes Nutzungsrecht

insbesondere zur

– Vervielfältigung

– oder Verbreitung

– oder Überarbeitung

an allen Produktinformationen, die an Amazon übermittelt werden.

Letztlich kann ein Amazon-Händler diese Rechte Amazon nur dann einräumen, wenn er hierzu selbst auch berechtigt ist. Wer bspw. die Produktbeschreibung aus einer Beschreibung des Herstellers übernimmt, hat an diesen Informationen noch lange kein Nutzungsrecht (die eigentlich dem Hersteller “gehören”), die ihn berechtigen würden, Amazon entsprechende Rechte einzuräumen. Erst recht gilt dies bei Fotos, insbesondere Herstellerfotos.

Auf der sichersten Seite ist der Amazon-Händler, wenn er diese Rechteübertragung überhaupt mitmachen will bei Fotos dann, wenn er das Bild selbst gefertigt hat und somit Urheber des Bildes oder des Textes ist.

Wenn fremde Bilder oder Texte verwendet werden, benötigt der Amazon-Händler eine Genehmigung vom Berechtigten, Amazon quasi eine Unterlizenz einzuräumen.

Letztlich muss sich ein Händler bei Amazon darüber im Klaren sein, dass seine Artikelbeschreibung auch durch Dritte genutzt werden dürfen, ein Grundprinzip des Geschäftsmodells von Amazon.

Vergütungsfreie Übertragung

Gerade hochwertige Produktfotos können kostenintensiv sein. Gleiches gilt auch für individuelle Produktbeschreibungen, die, wenn sie vom Händler selbst gefertigt wurden, zum Teil durchaus arbeitsintensiv sein können, wie wir aus unserer Beratungspraxis wissen. In diesem Zusammenhang erscheint es nicht ganz unproblematisch, dass der Amazon-Teilnehmer Amazon ein vergütungsfreies Nutzungsrecht einräumt. § 32 Urheberrechtsgesetz regelt die angemessene Vergütung auf die der Urheber auf jeden Fall einen Anspruch hat. Gemäß § 32 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz ist eine Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit üblich ist. Vor dem Hintergrund, dass urheberrechtliche Abmahnungen wegen der Verwendung fremder Bilder und Texte in unserer Beratungspraxis nicht gerade selten sind, ist die Verpflichtung ein vergütungsfreies Nutzungsrecht an Bildern und Texten einzuräumen, somit nicht ganz unproblematisch.

Des Weiteren wäre auch daran zu denken, dass Amazon Schadenersatzansprüche geltend machen kann, wenn der Amazon-Händler gerade nicht über die Berechtigung verfügt, Bilder und Texte bei Amazon zu veröffentlichen.

Wirksame AGB Klausel?

Inwieweit diese Klausel, die sich in seitenlangen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon unter der nicht besonders prägnanten Überschrift “Urheberrecht, Lizenz, Nutzungsrecht” verbirgt, überhaupt wirksam ist, bleibt ebenfalls abzuwarten. Es handelt sich auf jeden Fall um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. § 305 c BGB regelt, dass überraschende Klauseln, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden. Rechtsprechung ist zu dieser Thematik noch nicht bekannt. Sollte es mit dieser urheberrechtlichen Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon gegenüber Verbrauchern jedoch einmal Probleme geben, ist vorstellbar, dass § 305 c BGB hier eine durchaus wichtige Rolle spielen wird.

Was sollten Amazon-Händler konkret tun?

Wenn Sie als gewerblicher Händler bei Amazon Produktinformationen an Amazon übermitteln oder verändern, seien es Bilder oder Texte, seien Sie sich darüber im Klaren, dass Sie Amazon damit die Nutzungsrechte übertragen.

Gehen Sie hiervon erst einmal aus, unabhängig davon, ob hinterher im Streitfall diese AGB-Regelung überhaupt wirksam ist oder nicht. Übertragen Sie nur solche Informationen an Amazon, an denen Sie das Urheberrecht haben (Bilder und Texte und selbst gefertigt) oder Sie vom Berechtigten die Genehmigung haben, diese Informationen auch bei Amazon zu veröffentlichen mit der Folge, dass die Nutzungsrechte an Amazon übertragen werden. Verwenden Sie auf keinen Fall Bilder oder Texte, bei denen diese Frage nicht geklärt ist. Dies gilt insbesondere für Bilder und Texte mit unklarer Herkunft, Bilder oder Texte, die Sie nicht selbst gefertigt haben oder ausführliche Produktinformationen des Herstellers oder Herstellerbilder.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/e634c196b5b34d24be5669b1ccebb9b8