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Effektiv? Mitteilung an Amazon über eine Rechtsverletzung

Wie eBay mit seinem VeRI-Programm bietet auch Amazon eine einfache Möglichkeit an, Rechtsverletzungen zu melden, auf dass Amazon das gerügte Angebot beendet.

Diese einfache Möglichkeit von Angebotsportalen wie eBay oder Amazon, Rechtsverletzungen zu melden mit der Folge, dass die entsprechenden Angebote unverzüglich gelöscht werden, wird durch die Portalbetreiber natürlich nicht freiwillig angeboten. Hintergrund ist die strenge Rechtsprechung des BGH, dass Portalbetreiber wie eBay oder Amazon selbst haften, wenn sie auf entsprechende Mitteilung über eine Rechtsverletzung nicht unverzüglich tätig werden.

Was Amazon nicht durchsetzt

In dem sogenannten Infringement- bzw. Schutzrechtsverletzungsmeldungs-Formular erläutert Amazon, welche Themen nicht durchgesetzt werden. Hierzu gehört eine rechtsverletzende Nutzung von Barcodes, EAN oder UPC-Nummern. Gerade das Thema “meine EAN” ist bei Amazon sehr aktuell. In der Regel wird eine (eigene) EAN benötigt, um bei Amazon eine Artikelbeschreibung (ASIN) anzumelden / anzulegen. Es gibt im Internet Möglichkeiten, zu überprüfen welche EAN einer ASIN zugrunde liegt und umgekehrt. Soweit Amazon selber die Formulierung “Rechtsverletzung durch Nutzung von EAN” verwendet, ist es faktisch so, dass aufgrund einer EAN-Nutzung nach aktueller Rechtsprechung bei Amazon keine Rechtsverletzung gegeben ist.

Amazon verfolgt ebenfalls keine Rechtsverletzung durch die Nutzung von Informationen auf Produktdetailseiten und Abbildungen. In der Information von Amazon heißt es insofern erläuternd:

“Sofern Sie rechtlich geschützte Abbildungen oder Informationen zu diesen Produktdetailseiten hinzufügen, gewähren Sie Amazon unter den jeweils geltenden Teilnahmebedingungen das Recht, dieses Material nach den entsprechenden Regelungen zu nutzen und zu veröffentlichen.

Andere Verkäufer können die von ihnen selbst angebotenen Artikel gegen die von Dritten kreierten Produktdetailseiten oder gegen die von Dritten hinzugefügten, rechtlich geschützten Abbildungen und Informationen listen. Verkäufer dürfen jedoch nur gegen solche Produktdetailseiten listen, die exakt mit dem angebotenen Artikel übereinstimmen.”

Was Amazon in diesem schlechten Deutsch sagen will ist Folgendes:

Wer bei Amazon ein Bild oder ein Text hoch lädt, sei es im Rahmen einer Neuanlage einer ASIN oder im Rahmen einer Ergänzung einer ASIN, überträgt die Rechte an Amazon. Andere Anbieter dürfen diese ASIN nutzen, wenn sie exakt (!) das gleiche Produkt anbieten und auch ausliefern.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht: Wenn derjenige, der ein Produktbild bei Amazon hoch geladen hat nicht über die entsprechenden Urheberrechte oder Nutzungsrechte verfügt (weil er bspw. das Bild irgendwo aus dem Internet kopiert hat), kann er Amazon schon denklogisch nicht das Recht einräumen, diese Information zu nutzen oder zu veröffentlichen. Ob im Übrigen die formularmäßige Rechteeinräumung beim Hochladen von Produktbildern oder Texten an Amazon rechtswirksam ist, ist bisher noch nie ausdrücklicher Gegenstand der Rechtsprechung gewesen.

Aus diesem Grund heißt es im Infringement-Formular auch, dass die Möglichkeit besteht, das Formular auszufüllen, wenn die rechtlich geschützten Produktbilder und Texte ohne die Einwilligung in den Amazon-Katalog hinzugefügt wurden.

Was passiert dann?

Nach unserer Erfahrung ist es so, dass Amazon bei Schutzrechtsverletzungsmeldungen durchaus genauer hinschaut. Zum Teil werden noch weitere Informationen angefordert. Hintergrund ist, dass Amazon – so unser Eindruck – in der Vergangenheit bei Nutzung des Infringement-Formulars Anbieter unverzüglich von der Nutzung einer bestimmten ASIN ausschloss. Dies hatte zur Folge, dass eine Schutzrechtsverletzungsmeldung durchaus ein nicht unübliches Mittel war, um lästige Mitbewerber los zu werden, in dem einfach eine Schutzrechtsverletzungsmeldung behauptet wurde. Mittlerweile schaut Amazon hier genauer hin.

Im Endergebnis wird ein Anbieter von einer bestimmten ASIN entfernt oder es werden Inhalte gelöscht. Unabhängig davon kann der betroffende Rechtinhaber natürlich auch eine Abmahnung aussprechen, sei es wegen des Verstosses gegen das Markenrecht oder das Urheberrrecht.

Behinderungswettbewerb

Es versteht sich von selbst, dass aufgrund der relativ einfachen Möglichkeit der Schutzrechtsverletzungsmeldung bei Amazon und den weitreichenden Folgen für die betroffenen Händler ein Missbrauch nicht ausgeschlossen ist. Uns sind aus unserer Beratungspraxis durchaus Fälle bekannt, in denen Schutzrechte wie bspw. Geschmacksmuster behauptet wurden, deren Bestehen jedoch nicht abschließend geklärt waren. Folge ist, dass der betroffene Händler seine Ware nicht mehr verkaufen kann. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Händler, bei denen öfter eine Schutzrechtsverletzungsmeldung gerügt wird, die Gefahr droht, vom Handel bei Amazon ausgeschlossen zu werden.

Es versteht sich ferner von selbst, dass falsche Schutzrechtsvlertzungsmeldungen bzw. eine Nutzung dieses Formulars mit falschen Angaben eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung darstellt. Gegen unberechtigte Ansprüche (von Rechteinhabern) kann daher durchaus mit wettbewerbsrechtlichen Mitteln vorgegangen werden. Man spricht hier vom sogenannten Behinderungswettbewerb.

Auf der anderen Seite ist es jedoch so, dass eine berechtigte Schutzrechtsverletzungsmeldung gegenüber Amazon und entsprechenden Mitteilung von Amazon an den betroffenen Händler durchaus ernst genommen werden sollte. Nicht nur, dass bei einem wiederholten Verstoß eine Sperrung des Verkäufer-Accounts droht, eine Markenrechtsverletzung bspw. ist durch eine reine Löschung von Angeboten oder Nutzung einer ASIN bei Amazon für sich genommen, noch nicht erledigt. Vielmehr kann dennoch eine Löschung einer ASIN bei Amazon oder die Entfernung eines Anbieters von einer ASIN oftmals noch nicht erledigt. Vielmehr folgt häufig eine formale Abmahnung des Rechteinhabers.

Wir beraten Sie.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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