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Amazon: Was tun bei einer unberechtigten Meldung über eine Rechtsverletzung?

Amazon stellt Rechteinhabern eine einfache Möglichkeit zur Verfügung, eine Rechtsverletzung zu melden.

Dieser Infringement genannte Prozess kann bei Amazon einfach über ein Formular erfolgen „Mitteilung an Amazon.de über eine Rechtsverletzung“.

Rechteinhaber können die Verletzung einer Marke, eines Patents, eines Designs oder des Urheberrechts mit diesem Formular einfach melden. Amazon selbst informiert über mögliche Rechtsverletzungen in der „Amazon-Richtlinie zum geistigen Eigentum

Das InfringementVerfahren bietet Amazon dabei nicht freiwillig an. Vielmehr ist Amazon aufgrund der Rechtsprechung verpflichtet, bei Kenntnis der Verletzung gewerblicher Schutzrechte tätig zu werden, um nicht selbst für die Rechtsverletzung zu haften.

Aus diesem Grund sperrt Amazon Angebote in der Regel unverzüglich, wenn ein Rechteinhaber behauptet, ein Angebot würde gegen seine Schutzrechte verstoßen.

Was tun bei einer unberechtigten Meldung über eine Rechtsverletzung?

Youtube Unbrechtigte Infringement MeldungNicht jede Meldung über eine Rechtsverletzung gewerblicher Schutzrechte ist berechtigt. Aus unserer Beratungspraxis sind uns viele Konstellationen bekannt, bei denen ein Rechteinhaber ein Angebot bei Amazon sperren lässt, obwohl es dafür keinen Grund gibt.

Denkbar ist z.B., dass eine Marke gar nicht für die Warenklasse angemeldet wurde, bei der das Produkt angeblich gegen die Marke verstößt. Der Schutzbereich von Wort-/Bildmarken erstreckt sich nicht immer zwangsläufig auch auf den Wortbestandteil.

Ein Trend ist es, für Produkte ein Design eintragen zu lassen. Bei einem Design wird, vereinfacht gesagt, die Erscheinungsform eines Produktes geschützt. Das Design ist ein ungeprüftes Schutzrecht, d. h. es wird ohne Prüfung des zuständigen Amtes eingetragen. Aus dem Design können jedoch nur dann Rechte hergeleitet werden, wenn das Design neu ist und eine Eigenart hat. An diesen beiden Voraussetzungen scheitert oft die Durchsetzungsfähigkeit eines Designs. Ein Design gilt als neu, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Design offenbart worden ist. Eigenart ist gegeben, wenn sich der Gesamteindruck von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Design (somit z.B. ähnliche Produkte) haben. Dies sind nur sehr oberflächliche Ausführungen zum Designschutz. In der Praxis besteht das Problem darin, dass ein Design schnell eingetragen ist. Insbesondere beobachten wir einen Trend, Produkte asiatischer Hersteller als Design anzumelden, um diese exklusiv verkaufen zu können.

Meldung über eine Rechtsverletzung ist unberechtigt – welche Möglichkeiten gibt es?

Diskussion über die Berechtigung der Meldung mit Amazon?

Der Inhaber einer ASIN wird über eine Rechtsverletzung „seiner“ ASINs von Amazon informiert in der Regel durch eine „Notice: Policy Warning“. In dieser Mitteilung wird unter Bezugnahme auf die konkrete ASIN darüber informiert, dass die ASIN gesperrt wurde. In der Regel wird die Marke oder das eingetragene Schutzrecht unter Angabe der Registrierungsnummer konkret genannt. Ferner erhält der Händler die Kontaktdaten des Rechteinhabers, der die Meldung abgesetzt hat. Zum Teil wird auch der Text des Rechteinhabers im Zusammenhang mit der Meldung mitübersandt.

Außer in sehr eindeutigen Fällen, die in der Praxis eher selten sind, nimmt Amazon die Sperrung nicht zurück, wenn sich der Verkäufer an Amazon wendet. Dies ist nachvollziehbar, da Amazon eine eigene Haftung in Zweifelsfällen vermeiden möchte.

Amazon schaltet das Produkt nach unserer Erfahrung ausschließlich dann wieder frei, wenn der Rechteinhaber die Meldung zurückzieht. In der Information von Amazon heißt es insofern:

„Wenn die Meldung des Rechteinhabers Ihrer Meinung nach nicht zutrifft, kontaktieren Sie bitte den Rechteinhaber und bitten Sie ihn, die Meldung zurückzuziehen. Wir können den Widerruf einer Meldung nur akzeptieren, wenn er direkt vom Rechteinhaber eingereicht wird. Wir akzeptieren keine weitergeleiteten oder angehängten Widerrufe.“

Für den Widerruf von Infringement-Meldungen bietet Amazon daher dem Rechteinhaber ein eigenes Formular an, auf das im unteren Teil dieser Seite verlinkt wird.

Rechteinhaber muss die Meldung widerrufen

Der einzige effektive Weg, eine Meldung über eine Rechtsverletzung zurückzunehmen, mit der Folge, dass die ASIN wieder freigeschaltet wird, ist somit, dass der Rechteinhaber, der die Meldung abgesetzt hat, diese gegenüber Amazon widerruft.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es?

Nach unserem Eindruck sind sich viele Rechteinhaber über die Reichweite ihrer Infringement-Meldung über Amazon durchaus bewusst. Teilweise werden die Meldungen bewusst eingesetzt, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen und missliebige Wettbewerber mit deren Angeboten von der Plattform Amazon auszuschließen.

Eine unberechtigte Infringement-Meldung ist daher wettbewerbswidrig. Die Ansätze in der Rechtsprechung zur Begründung sind dabei unterschiedlich einige Gerichte sehen unberechtigte Schutzrechtsverletzungsmeldungen als Behinderungswettbewerb an, andere als unberechtigte Schutzrechtsverwarnung oder als Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das Ergebnis läuft auf das Gleiche hinaus: Der „Eigentümer“ der gesperrten ASIN kann Unterlassungsansprüche im Wege einer Abmahnung geltend machen.

Unterlassungsansprüche beziehen sich zunächst darauf, dass der Rechteinhaber keine weiteren Schutzrechtsverletzungsmeldungen an Amazon übermittelt. Dies ist ein wichtiger Aspekt, da nach unserer Erfahrung häufig mehrere Angebote eines Verkäufers von den Meldungen betroffen sind.

Mit Unterlassungsansprüchen ist es jedoch nicht getan. Die ASIN wird, wie oben erläutert, durch Amazon erst dann wieder freigeschaltet, wenn der Rechteinhaber seine Infringement-Meldung gegenüber Amazon widerruft. Auch dieser Anspruch als wettbewerbsrechtlicher Beseitigungsanspruch kann im Rahmen einer Abmahnung geltend gemacht werden.

Wenn keine entsprechende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung durch den Rechteinhaber abgegeben wird, können diese Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche im Wege einer einstweiligen Verfügung gegen den Rechteinhaber durchgesetzt werden, insbesondere dann, wenn dieser seinen Sitz in Deutschland hat. Eine Durchsetzung im Ausland ist jedoch häufig schwierig.

Da der Betroffene Verkäufer aufgrund der unberechtigten Infringement-Meldung seine Produkte nicht verkaufen konnte, sind ferner Schadensersatzansprüche denkbar.

Wir haben bereits in mehreren Fällen entsprechende Ansprüche für Mandanten gerichtlich durchgesetzt (siehe “Unterlassung und Widerruf von unberechtigten Infringement-Meldungen durch einstweilige Verfügung möglich (OLG Karlsruhe)”.

Wir beraten auch Sie, wenn Ihrer Angebote aufgrund einer unberechtigten Meldung über Rechtsverletzungen bei Amazon gesperrt wurden.

Stand: 10.8.2021

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard