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Neue Widerrufsbelehrung zum 11.06.2010: Was Sie tun müssen, wenn Sie zum Widerrufsrecht eine Unterlassungserklärung abgegeben haben
Zum 11.06.2010 trat die neue Musterwiderrufsbelehrung des Gesetzgebers in Kraft. Die Widerrufsbelehrung wird endlich als Gesetz gefasst werden und nicht wie bisher als Verordnung. Dies geschieht in der Hoffnung, dass der Online-Handel endlich eine rechtssichere und durch die Rechtsprechung nicht mehr angreifbare Möglichkeit bekommen soll, über das Widerrufsrecht zu belehren.
Nicht nur die Formulierung der neuen Widerrufsbelehrung ist anders, zum Teil auch der Inhalt. Nicht zuletzt auf Grund der Lobby-Arbeit von eBay eröffnet die neue Widerrufsbelehrung zum 11.06.2010 die Möglichkeit, bei eBay mit einer Frist von 2 Wochen zu belehren, statt wie bisher mit einem Monat.
Nach unseren Informationen wird eBay dafür Sorge tragen, dass die technischen Möglichkeiten geschaffen werden, um die zweiwöchige Belehrungsfrist zu gewährleisten. Notwendig ist hierfür eine “unverzügliche Information” nach Vertragsschluss. Unverzüglich bedeutet nach der Gesetzesbegründung spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss. eBay kann dies relativ leicht gewährleisten, in dem automatisch nach Auktionsende oder nach Ausüben des Sofort-Kaufes eine Email mit einer Widerrufsbelehrung an den Käufer gesandt wird.
Neue Rechtslage – Alte Unterlassungserklärungen
Wohl kaum ein Thema wurde bei eBay so häufig abgemahnt, wie falsche Widerrufsbelehrungen. In den letzten Jahren dürften mehrere tausend Abmahnungen ausgesprochen worden sein.
Durch die Änderung der Rechtslage ist jedoch Vorsicht geboten.
Ändert sich nach einer Abmahnung und nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Rechtslage, kann eine Unterlassungserklärung gekündigt werden. Einstweilige Verfügungen können wegen Veränderung der Umstände gemäß § 927 ZPO aufgehoben werden. Mehr erfahren Sie in unserem Beitrag “Wann und wie eine Unterlassungserklärung aufgehoben werden kann“.
Wichtig ist, dass wenn eine abgegebene Unterlassungserklärung nicht gekündigt wird, der Abmahner selbst dann eine Vertragsstrafe geltend machen kann, wenn nach der aktuellen Rechtslage bspw. bei eBay mit einer Zwei-Wochen-Frist belehrt werden kann. Vertrag ist Vertrag.
Soweit notwendig muss eine Unterlassungserklärung oder eine einstweilige Verfügung daher vorher aus der Welt geschafft werden, soweit einschlägig, bevor das neue Muster genutzt wird.
Fälle in denen Sie abgegebene Unterlassungserklärungen prüfen sollten:
Bevor gerade eBay-Händler die neue Widerrufsbelehrung verwenden, sollten sich alle eBay-Händler in der Vergangenheit abgegebene Unterlassungserklärungen ansehen, wenn diese in irgendeiner Form etwas mit dem Widerrufsrecht zu tun hatten.
1. Widerrufsfrist
Es hat lange gedauert, bis die meisten eBay-Händler auf diese Entscheidung reagiert hatten, bis heute findet man eBay-Händler, die bei eBay über eine Zwei-Wochen-Frist im Rahmen der Widerrufsbelehrung informieren.
Der häufigste Fall, in dem eine abgegebene Unterlassungserklärung auf den Prüfstand gestellt werden sollte, betrifft die Frage der Widerrufsfrist. Wer somit in der Vergangenheit wegen der Verwendung der Zwei-Wochen-Frist bei eBay abgemahnt wurde, sollte sich auf jeden Fall alte Unterlassungserklärungen ansehen, bevor er die neue Widerrufsbelehrung verwendet.
Die Tücke liegt auch im Detail:
Viele Abmahner fügen den Abmahnungen bereits vorformulierte Unterlassungserklärungen bei, die oftmals viel weitgehender sind. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob sich der eBay-Händler verpflichtet hat, zukünftig nicht mehr mit einer Zwei-Wochen-Frist bei eBay zu belehren oder ob er sich verpflichtet hat, nicht etwas zu unterlassen, sondern etwas zu tun, nämlich mit der Monatsfrist bei eBay zu belehren.
Nicht ganz unproblematisch sind ferner die uns bekannten Fälle, in denen in der Unterlassungserklärung nur von der “gesetzlichen Widerrufsfrist” oder ähnlichen Unklarheiten gesprochen wird.
2. Fristbeginn
In den alten Fassungen der Widerrufsbelehrung vor dem 01.04.2008 war die Frage des Fristbeginns und wie man ihn richtig formuliert, mehr als umstritten. Auch hier kann die neue Widerrufsbelehrung zum Problem werden, insbesondere dann, wenn eine sehr weitreichende Unterlassungserklärung vorformuliert und unterschrieben wurde.
3. Informationspflichten
Zum Teil wurde auch abgemahnt, dass entsprechende Informationspflichten zum Fristbeginn fehlten. Die aktuelle Widerrufsbelehrung (Stand 3/2010) weist auf Informationspflichten aus der BGB-InfoV (BGB-Informationspflichtenverordnung) hin. Durch die neue Widerrufsbelehrung entfällt die BGB-InfoV ersatzlos und wird durch Regelungen aus dem EGBGB ersetzt.
Faktisch ändert sich nichts, die Normen sind jedoch andere. Es bekommen somit diejenigen ein Problem, die sich im Rahmen einer Unterlassungserklärung verpflichtet haben, entsprechend der jetzt geltenden Widerrufsbelehrung über bestimmte Normen aus der BGB-InfoV zu informieren, da es diese dann nicht mehr gibt.
4. Wertersatz
Ob die neue Widerrufsbelehrung Änderungen im Rahmen des Wertersatzes für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme mit sich bringt, halten wir zum jetzigen Zeitpunkt für ungeklärt. Rein formell gesehen kann ein Wertersatz zwar geltend gemacht werden, auf der anderen Seite hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 03.09.2009 die Wertersatzregelungen im deutschen Recht für unwirksam erklärt. Nach unserer Kenntnis “prüft” das Bundesjustizministerium zur Zeit, ob hier noch vor Inkrafttreten der Widerrufsbelehrung eine Änderung im Gesetz erfolgt. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an.
Welche Fälle sind nicht betroffen?
Egal ob alte oder neue Widerrufsbelehrung, einige der “üblichen” Abmahnfallen, die die Widerrufsbelehrung betreffen, ändern sich auch durch das neue Belehrungsmuster nicht:
Hierzu gehört der abmahnwürdige Umstand, im Rahmen der Widerrufsadresse eine Telefonnummer mit anzugeben, auch die gern verwandte, aber wettbewerbswidrige Klausel “unfreie Pakete werden nicht angenommen” bleiben auch nach dem 11.06.2010 wettbewerbswidrig.
Lassen Sie sich frühzeitig beraten
Wichtig ist, dass reagiert werden muss, bevor (!) die neue Widerrufsbelehrung verwandt wird. Wer die neue Widerrufsbelehrung verwendet und auf Grund der überholten Rechtslage trotzdem gegen eine Unterlassungserklärung verstößt, setzt sich der Gefahr aus, eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Die Unterlassungserklärung bzw. die einstweilige Verfügung muss somit erst aus der Welt geschafft werden, erst dann kann die neue Widerrufsbelehrung verwendet werden!
Eine entsprechende Kündigung oder Aufhebung sollte daher frühzeitig geklärt werden. Wir empfehlen insbesondere eBay-Händlern dringend, zu überlegen, ob sie in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Widerrufsbelehrung abgemahnt wurden und sich die entsprechenden Unterlagen noch einmal rauszusuchen.
Sprechen Sie uns – Wir beraten oder vertreten Sie gerne.
Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock
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