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Es tut sich was: Bundesregierung nimmt Stellung zu schriftlichen Fragen von Abgeordneten zu rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen

 

Rechtsmissbräuchliche Massenabmahnungen sind gerade im Internet ein großes Problem. Sie verursachen einen großen Schaden und haben oftmals nicht die Motivation, wettbewerbsrechtlich einwandfreie Verhältnisse herzustellen, sondern lediglich Gebühren zu produzieren, damit einige Anwälte ihr Auskommen haben.

Nicht zuletzt die neue Widerrufsbelehrung, die zum 01.04.2008 in Kraft getreten ist, hatte ihre Ursache in vielfachen Abmahnungen zur alten Muster-Belehrung.

Abgeordnete haben die Möglichkeit, schriftliche Anfragen an die Bundesregierung zu richten. In der Drucksache 16/8245 vom 22.02.2008 finden sich zwei interessante Anfragen der Abgeordneten Dr. Kirsten und Tackmann zum Thema Abmahnwelle:

Abgeordnete

Dr. Kirsten

Tackmann

(DIE LINKE.)

Was wird die Bundesregierung angesichts der wiederholt in der Presse berichteten Abmahnungswellen tun, um Bürgerinnen und Bürger, aber auch Händler und Gewerbetreibende davor zu schützen, bereits für leicht fahrlässige Rechtsverstöße mit empfindlichen Anwaltshonorarforderungen abmahnender Anwälte

konfrontiert zu werden?

 

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Alfred Hartenbach

vom 19. Februar 2008

Abmahnungen gehören zu den allgemein anerkannten Mitteln der außergerichtlichen Streitbeilegung. Sie sind Teil des zivilrechtlichen Durchsetzungssystems des gewerblichen Rechtsschutzes, das sich in Deutschland bewährt hat. Der Bundesregierung ist hierbei bewusst, dass mit Abmahnungen auch Missbrauch betrieben werden kann. Um diesem entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber – zuletzt im Rahmen der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im Jahr 2004 – eine Reihe von Maßnahmen getroffen. So können u. a. die Kosten für eine Abmahnung dem Betroffenen nur dann auferlegt werden, wenn die Abmahnung berechtigt ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Bei der Bemessung des Streitwerts ist es darüber hinaus wertmindernd zu berücksichtigen, wenn die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist oder wenn die Belastung einer der Parteien mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert angesichts ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse nicht tragbar erscheint (§ 12 Abs. 4 UWG). Zusätzlich ist erforderlich, dass die angegriffene Handlung den Wettbewerb nicht nur unerheblich beeinträchtigt (§ 3 UWG). Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Problem missbräuchlicher Abmahnungen durch diese gesetzlichen Vorkehrungen im Interesse der am Wirtschaftsleben Beteiligten deutlich entschärft wurde. Sie wird das Instrument der Abmahnung und seine Anwendung in der Praxis aber darüber hinaus weiter intensiv beobachten und im Zusammenhang mit einer Evaluierung von UWG-Regelungen

auf den Prüfstand stellen.

 

Dr. Kirsten

Tackmann

(DIE LINKE.)

Wie beurteilt die Bundesregierung Forderungen nach einer zwingenden Online-Registrierung von abmahnenden natürlichen und juristischen Personen, um rechtsmissbräuchliche Serienabmahnungen erkennbar zu machen?

 

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Alfred Hartenbach

vom 19. Februar 2008

Konkrete Vorschläge, die eine Online-Registrierung von abmahnenden natürlichen und juristischen Personen zum Gegenstand haben, sind an die Bundesregierung bislang nicht herangetragen worden. Der Bundesregierung ist auch nicht ersichtlich, welche Vorteile mit einer solchen Online-Registrierung verbunden sein sollten. Eine Liste, in der alle natürlichen und juristischen Personen aufgeführt werden, die in der Vergangenheit Abmahnungen ausgesprochen haben, würde keine Aussage darüber enthalten, ob die entsprechenden Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren. Die Beantwortung dieser Frage hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.

Die erste Frage ist noch nachvollziehbar, die Antwort der Bundesregierung ebenfalls. Das Wettbewerbsrecht an sich ist nach unserer Auffassung ausgewogen austariert. Die Rechtsprechung hat beispielsweise durch die Herabsetzung von Streitwerten bei den üblichen Internetfehlern (Widerrufsbelehrung und Impressum bspw.) auf die Vielfachabmahnungen reagiert.

Die Partei “Die Linke” hat offensichtlich ganz eigene Ansichten, wie man den Abmahnwellen im Internet Herr werden könnte. Vorgeschlagen wird offensichtlich eine “zwingende Online-Registrierung von abmahnenden natürlichen und juristischen Personen, um rechtsmissbräuchliche Serien-Abmahnungen erkennbar zu machen”. Wie dies in der Praxis funktionieren soll und was damit eigentlich bezweckt ist, ist nicht so ganz klar. Dieser sehr ungewöhnliche Vorschlag kam für die Bundesregierung wohl so überraschend, dass es in der Antwort nicht umsonst heißt “Konkrete Vorschläge, die eine Online-Registrierung von abmahnenden Personen zum Gegenstand haben, sind an die Bundesregierung bisher nicht herangetragen worden.” Die Vorteile werden durch die Bundesregierung ebenfalls nicht gesehen. Da nicht deutlich wird, was mit einer derartigen Registrierung eigentlich bezweckt wird, bspw. eine Art Register, in dem anzugeben ist, wie oft abgemahnt worden ist, ist auch nicht ganz klar, wie die Fragestellung gemeint ist.

Das Abmahnunwesen lässt sich jedenfalls auf diesem Weg und derartigen Ausforschungsmethoden nicht bekämpfen. Zudem, dass darf nicht vergessen werden, ist Wettbewerbsrecht sehr viel mehr, als die zugegebener Maßen ärgerlichen Abmahnwellen bei Fehlern im Internetauftritten. Mit einem wohl reflaxartigem Vorschlag der Linken nach “Überwachung und Registrierung” lässt sich dieses Problem auf keinen Fall lösen. Wer solche Vorschläge macht, hat das ganze Prinzip Wettbewerbsrecht nach unserer Auffassung nicht verstanden.

Lösungen können anders aussehen, wie bspw. in der Tatsache, dass die entscheidenden Gerichte mehr zur Kenntnis nehmen müssten, dass sie von Amts wegen verpflichtet sind, die Rechtsmissbräuchlichkeit einer Abmahnung zu prüfen. Wie dies gehen kann, zeigt sehr schön eine aktuelle Entscheidung des Landgerichtes Bonn. Auch über die Frage, inwieweit Abmahnkosten zu erstatten sind und wenn ja in welcher Höhe, kann gegebenenfalls diskutiert werden. Eine Online-Registrierung macht jedenfalls keinen Sinn.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

Stand:03.04.2008

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