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LG Hamburg zu gekauften Bewertungen und „nützlich“-Markierungen bei Amazon

Wieder einmal (siehe hier) haben sich Gerichte mit gekauften Bewertungen bei Amazon befasst, diesmal das Landgericht Hamburg (Urteil vom 07.10.2021, Az.: 327 O 407/19 – nicht rechtskräftig).

Geklagt hatte Amazon gegen ein Unternehmen, das Händlern gekaufte Bewertungen anbot.

Der Ablauf

Im Urteil wird das Geschäftsmodell genau beschrieben: Verkäufer konnten ein kostenpflichtiges Abo buchen mit Gutschein-Kampagnen für ein bestimmtes bei Amazon.de angebotenes Produkt. „Produkttester“ konnten sich ebenfalls bei dem Unternehmen registrieren. Die Rezensionen wurden wohl über das Unternehmen selbst bei Amazon veröffentlicht. Einen Hinweis darauf, dass die Rezensenten das Produkt jeweils vergünstigt oder kostenlos erhalten hatten, gab es nicht.

Bei einer negativen Bewertung eines „Produkttesters“ gab es nach Angaben des Unternehmens „keine zweite Chance“.

Einfluss auf die „nützlich“-Markierung von Bewertungen

Wenn eine Kundenrezension bei Amazon als „nützlich“ gekennzeichnet wird, hat dies Einfluss auf das Ranking, wie das LG Hamburg ausführt:

„Neben Rezensionen bietet LO den Verkaufspartnern zusätzlich an, „Nützlich“-Markierungen von positiven Kundenrezensionen über ihre Produkte zu erwerben (sog. Upvoting-Kampagnen). Inhaber eines Amazonkontos können die auf amazon.de veröffentlichten Kundenrezensionen durch Klicken eines unter den Rezensionen befindlichen Buttons als „nützlich“ markieren. Wurde eine Rezension als „nützlich“ markiert, erscheint unter dem Text der Rezension und über dem Button „Nützlich“ in grauer Schrift die Angabe, dass eine bestimmte Anzahl von Personen die Rezension als nützlich bzw. hilfreich empfunden hat. Die „Nützlich“-Markierungen haben Einfluss auf die Produktbewertungen. Sie zählen einerseits zu den Faktoren, die bei der Berechnung der Sternebewertungen eines Produkts berücksichtigt werden. Andererseits gehören sie zu den Faktoren, nach denen die Reihenfolge bestimmt wird, in der die Kundenrezensionen auf der Angebotsseite eines Produkts auf amazon.de angezeigt werden. Sie beeinflussen auch, welche Rezensionen dem Interessenten als „Am höchsten bewertete positive Rezension“ sowie als „Am höchsten bewertete kritische Rezension“ angezeigt werden, indem die als nützlich markierten Rezensionen für Besucher der Webseite hervorgehoben werden, wenn sie sich die Rezensionsseite zu einem bestimmten Produkt ansehen.“

Aus Berichten unserer Mandanten wissen wir, dass es zum Teil den Versuch gibt, negative Bewertungen mit möglichst viel „nützlich“-Markierungen zu versehen, so dass diese im Ranking ganz weit oben auftauchen.

Wettbewerbswidrig weil keine Kennzeichnung der Gegenleistung

Rechtlich gesehen ist eine gekaufte Bewertung nicht per se rechtswidrig. Es muss jedoch deutlich werden, dass es sich um eine Bewertung handelt, die möglicherweise nicht objektiv ist, weil der Rezensent eine Gegenleistung oder eine Vergünstigung erhalten hat. Die Bewertung mit Gegenleistung hat einen kommerziellen Zweck. Darauf muss hingewiesen werden.

Bei dem Geschäftsmodell liegt es, so das Gericht, auf der Hand, dass in den entsprechenden Bewertungstexten nicht erwähnt wird, dass der Tester hierfür einen vermögenswerten Vorteil erhalten hat.

Wie vorgehen gegen Wettbewerber?

Viele Händler, die rechtstreu und rechtskonform bei Amazon verkaufen, sind genervt von einer Vielzahl an gekauften positiven Bewertungen. Auch wenn Amazon behauptet, umfangreich gegen gekaufte Bewertungen vorzugehen, ist doch festzustellen, dass es immer noch viele Angebote bei Amazon gibt, bei denen auffällig ist, dass ein eigentlich profanes Produkt mit einer Vielzahl von Produktbildern beworben wird (zu Indizien für gekaufte Bewertungen siehe hier).

Noch ärgerlicher ist es, wenn das eigene Produkt mit negativen Bewertungen überzogen wird oder das Ranking der eigenen Bewertungen durch offensichtlich manipulierte „nützlich“-Markierungen beeinträchtigt wird.

In der Praxis ist es schwierig zu recherchieren, wer dafür verantwortlich ist bzw. welcher Amazon-Verkäufer Bewertungen kauft.

Eine Chance kann sein, in den sozialen Netzwerken einmal zu schauen, ob dort eine Gegenleistung für eine positive Kundenrezension angeboten wird. Diesen Fall hatten wir in der Praxis bereits einmal. Eine andere Alternative kann ein Testkauf sein: Nicht wenige Produkte enthalten Informationen über einen Cashback oder Vergünstigungen bei einer 5-Sterne-Bewertung.

Eine weitere Alternative kann es sein, bei den üblichen Anbietern von gekauften Bewertungen zu schauen, ob das Wettbewerberprodukt dort aufgeführt ist, soweit dies feststellbar ist.

Gekaufte Bewertungen rechtskonform zu gestalten, indem darauf hingewiesen wird, diese seien gekauft worden bzw. es hätte eine Gegenleistung gegeben, ist auch keine echte Alternative:

Zum einen „wirken“ derartige Rezensionen nicht, zum anderen wird damit deutlich, dass die Bewertung gegen die Amazon-Richtlinien verstößt.

Stand: 21.03.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard