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Informationspflichten vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers: Was ist eigentlich eine Vertragserklärung?

Die Zeit spielt im Fernabsatz eine extrem wichtige Rolle. Viele Vorschriften im BGB schreiben dezidiert vor, wann welche Informationen zu geben sind. Bei einem Verkauf am Telefon spricht Art. 246 § 1 Abs. 1 EGBGB von umfangreichen Informationspflichten (bis zu zwölf können es sein), die der Unternehmer dem Verbraucher “rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung” zu geben hat.

Was ist eine Vertragserklärung?

Der Begriff “Vertragserklärung” taucht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht auf.

Um sich der Frage zu nähern, was somit eine “Vertragserklärung” ist, muss man sich mit der Frage beschäftigen, wie im deutschen Recht ein Vertrag zustande kommt.

Bei einem Vertrag gibt es zunächst einmal ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages (“Wollen Sie diese Zeitung für 2,00 Euro kaufen?”)

Der Vertrag kommt dann zustande, wenn das Angebot zum Abschluss eines Vertrages angenommen wird. Allgemein gesprochen muss das Angebot zum Abschluss eines Vertrages so hinreichend bestimmt sein, dass die Annahme nur noch durch eine Zustimmung wie ein “Ja” erfolgen kann.

Ist der Vertragsinhalt nicht klar, nicht einmal aus dem Zusammenhang oder ist die Annahmeerklärung nicht eindeutig, kann ein sogenannter Dissenz vorliegen mit der Folge, dass es keinen wirksamen Vertragsschluss gibt. Ein Vertrag zeichnet sich somit immer dadurch aus, dass der eine den Abschluss eines Vertrages anbietet und der andere dieses Angebot annimmt.

Warenangebot ist nicht zwangsläufig das Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages.

Im deutschen Recht wurde relativ schnell erkannt, dass es für Händler ungünstig ist, wenn ein reines Warenangebot sei es im Laden, im Katalog oder im Internet bereits ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages gegenüber dem Käufer wäre. Folge wäre nämlich, dass der Händler an jeden verkaufen müsste, der dieses Angebot annimmt (“Ja das will ich kaufen”)

Im deutschen Recht wurde daher das Rechtsinstitut der “Aufforderung zur Abgabe eines Angebots” (auch invitatio ad offerendum) entwickelt.

In diesem Fall lädt der Händler den Käufer zur Abgabe eines Angebotes ein, so die wörtliche Übersetzung des lateinischen Begriffes invitatio ad offerendum. Der Verkäufer kann dann frei entscheiden, ob er dieses Angebot des Käufers annimmt.

Wer somit Waren anbietet fordert die andere Vertragspartei ( in der Regel den Käufer) unverbindlich auf, ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages abzugeben (“Ich möchte das kaufen”). Diese Aufforderung zum Vertragsabschluss kommt vom Käufer und muss durch den Verkäufer nicht angenommen werden, so dass nicht zwangsläufig ein Vertrag zustande kommt. Der Verkäufer kann sich nach Abgabe des Angebotes durch den Käufer (“Das möchte ich kaufen”) überlegen, ob er den Vertrag schließen will oder nicht.

Die Vertragserklärung

Zurück zu dem Begriff der Vertragserklärung. Die Vertragserklärung ist eigentlich ausführlich eine “zum Vertragsschluss führende Willenserklärung”. In einem Internetshop liegt die Vertragserklärung in dem Absenden der Bestellung.

Bei einem Verkauf über das Telefon gibt es durchaus unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten:

Verbindliches telefonisches Angebot durch den Verkäufer

Eine Alternative ist, dass der Verkäufer ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages unterbreitet. Die Vertragserklärung des Anrufers (Käufers) wäre somit die Annahme dieses Angebotes “Ja das will ich kaufen”. In diesem Fall müssten die umfangreichen Informationspflichten gem. Art. 246 § 1 EGBGB erteilt werden, bevor der Käufer im übertragenen Sinne diesen Satz ausspricht. Die Formulierung “Ja das will ich kaufen” ist hier eher beispielhaft und juristisch gemeint, i. d. R. ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, wann der Käufer mit dem Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages einverstanden ist. Im übrigen gehört zu den Informationspflichen des Verkäufers am Telefon auch der die Frage, wie der Vertrag zustande kommt.

Alternative: Keine Vertragserklärung des Verbrauchers am Telefon sondern erst später

Juristisch ist es durchaus möglich, die Vertragserklärung des Käufers auf einen Zeitpunkt nach dem Telefonat zu verlagern. Der Nachteil besteht natürlich darin, dass zu diesem Zeitpunkt kein Kontakt mehr mit dem Käufer besteht. Die “Gefahr”, dass der Käufer es sich später nochmals anders überlegt, ist (abgesehen vom gesetzlichen Widerrufsrecht) durchaus präsent.

Ein derartiges Modell könnte bspw. so aussehen, dass der Verkäufer im Telefonat lediglich allgemein informiert und bspw. ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages per Email übersendet. Erst dann wäre es wiederum Sache des Käufers zu reagieren und bspw. dieses Angebot dann wiederum per Email zu bestätigen. Die “Vertragserklärung” wäre in diesem Fall die bestätigende Rücksendung des Email-Angebotes des Verkäufers durch den Verbraucher. Ein derartiger Zeitablauf und Medienbruch (erst Telefon dann Email) birgt natürlich die Gefahr in sich, dass es sich der Käufer nochmals überlegt. Folge bei diesem Modell wäre jedenfalls, dass bspw. dem Email-Angebot sämtliche notwendigen rechtlichen Informationen beigefügt werden können. Wirtschaftlich betrachtet hat dieses Modell im Telefonmarketing jedoch erhebliche Nachteile.

Zeitpunkt des Vertragsschlusses wichtig

Es wird somit deutlich, dass die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Vertrag konkret wie zustande kommt ein wesentlicher Dreh- und Angelpunkt des Verkaufs am Telefon ist. Dies lässt sich durch eine konkrete Beratung und insbesondere auf den Verkauf am Telefon abgestimmte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) jedoch gut regeln.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

Bild: © Gina Sanders – Fotolia.com

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