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OLG Naumburg: Verkauf von apothekenpflichtigen rezeptfreien Medikamenten ist bei Amazon aus Datenschutzgründen unzulässig
Wir hatten bereits über das Urteil des Landgerichtes Dessau-Roßlau vom 28.03.2018 berichtet, demzufolge der Vertrieb von apothekenpflichtigen Medikamenten auf Amazon aus Datenschutzgründen schlichtweg unzulässig ist.
Nunmehr hat sich das OLG Naumburg (Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 07.11.2019, Az.: 6 U 6/19) der Ansicht des LG Dessau-Roßlau angeschlossen:
Das Urteil des Landgerichtes Magdeburg wurde aufgehoben. Auch das OLG Naumburg sieht den Verkauf rezeptfreier apothekenpflichtiger Medikamente bei Amazon aus Datenschutzgründen als unzulässig an. Das OLG Naumburg hat den Fall in Anwendung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entschieden.
DSGVO ist wettbewerbsrechtlich relevant
Anders als andere Gerichte hat das OLG Naumburg die Datenschutzgrundverordnung als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG angesehen.
Dies hat rechtlich zur Folge, dass Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können.
Problem Gesundheitsdaten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO
Artikel 9 DSGVO regelt die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten. Hierzu gehören auch Gesundheitsdaten.
Obwohl, so das OLG, die Daten, die Amazon für den Bestellvorgang erfasst, keine Gesundheitsdaten im engeren Sinne darstellen, können aus den Bestelldaten Rückschlüsse auf die Gesundheit des Bestellers gezogen werden.
Dies gilt insbesondere für apothekenpflichtige Medikamente, besonders bei der Kombination aus mehreren Medikamenten. Dies lässt, so das OLG, durchaus einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Bestellers zu.
Fehlende Einwilligung im Sinne des Artikel 9 Abs. 2 a DSGVO
Für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist eine wirksame Einwilligung des Kunden beim Bestellvorgang notwendig.
Eine konkludente, d.h. eine stillschweigende Einwilligung sei bei Amazon nicht erfüllt.
Das Urteil ist zu diesem wichtigen Aspekt bemerkenswert kurz.
Des Weiteren wird die Berufungsordnung der Apothekenkammer Sachsen-Anhalt herangezogen. Der zufolge dürfen patientenbezogene Daten nur gespeichert und genutzt werden, wenn eine vorherige schriftliche Einwilligung vorliegt. Ein Zusammenhang mit dieser Norm wird jedoch nach unserer Auffassung im Urteil nicht nachvollziehbar dargestellt.
Das OLG Naumburg hat die Revision zugelassen. Ggf. wird somit der BGH über diese Frage entscheiden.
Wir gehen davon aus, dass der Bundesgerichtshof das Urteil halten wird. Der Verkauf von rezeptfreien apothekenpflichtigen Medikamenten bei Amazon wäre damit erledigt. Das Urteil hat natürlich auch Auswirkungen auf andere Plattformen.
Was ist mit Medizinprodukten?
Vollkommen ungeklärt ist die Frage, ob bspw. beim Angebot und Verkauf von Medizinprodukten die gleichen Rechtsgrundsätze heranzuziehen sind. Es ist zudem wohl nicht davon auszugehen, dass Amazon speziell für rezeptfreie Medikamente und Medizinprodukte eine gesonderte datenschutzrechtliche Einwilligung des Käufers einführen wird. Diese Produkte könnten dann bei Amazon nicht mehr verkauft werden.
Stand: 26.11.2019
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke