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IP-Adresse verwechselt: Erfolgreiche negative Feststellungsklage gegen Tauschbörsenabmahner (LG Stuttgart)

 

Die illegale Nutzung von Tauschbörsen wird zur Zeit durch mehrere Rechtsanwaltskanzleien tausendfach abgemahnt. Hier können durchaus Fehler passieren, wie sich aus einer Entscheidung des Landgerichtes Stuttgart vom 16.07.2007, AZ 17 O 243/07 ergibt. Die Rechtsanwälte Rasch, die große Labels der Musikindustrie vertreten, hatten einen Internetanschlussinhaber abgemahnt und die illegale Verbreitung von 287 Audio-Dateien gerügt und 3.500,00 Euro Schadensersatz und Anwaltskosten gefordert. Auf Grund eines Zahlendrehers der Staatsanwaltschaft (die Strafanzeigen werden in erster Linie gestellt, um an den Klarnamen des Anschlussinhabers zu kommen) wurde dem Abmahner ein falscher Name und eine falsche Adresse mitgeteilt. Dieser erhielt dann die übliche Abmahnung, in der er zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert wurde, sowie zur Zahlung von 3.500,00 Euro. Trotz einer Mitteilung des Abgemahnten, dass die IP-Adresse offensichtlich falsch sein muss und einer Fristsetzung zur Prüfung und Rücknahme der Abmahnung erfolgte keine Reaktion,  woraufhin der Internetanschlussinhaber eine negative Feststellungsklage einreichen ließ.

Die Forderung selbst wurde durch die Abmahner anerkannt. Die Kosten des Rechtsstreites wurden den Musikfirmen auferlegt. Insbesondere, nachdem auf eine Rückfrage nicht geantwortet worden sei, sei der Anschlussinhaber berechtigt gewesen, Klage einzureichen.

Besonders pikant ist die Streitwertfestsetzung. Es ergibt sich nicht deutlich aus dem Urteil, liegt jedoch nahe, dass die Abmahner zur Schadenbegrenzung vorgetragen hatten, dass der Streitwert hiermit 3.500,00 Euro durchaus angemessen sei.  Nachdem jedoch die Rechtssprechung dazu übergegangen ist, Streitwerte pro Datei (!) von 10.000,00 Euro anzunehmen, hielt das Gericht einen Streitwert von 60.000,00 Euro für angemessen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei einer negativen Feststellungsklage der Streitwert oftmals geringer ist als bei einer Leistungsklage.

Fazit:

Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass in der Regel die Identifikation des Anschlussinhabers korrekt ist. Vorliegend war es nur ein Flüchtigkeitsfehler der Staatsanwaltschaft der hier zu einer falschen Information geführt hatte. Wir kennen nur sehr wenige Fälle, in denen der Anschlussinhaber so überhaupt nichts mit einer Tauschbörsennutzung zu tun hat. Sollte jedoch ein offensichtlicher Fehler vorliegen, besteht durchaus ein Rechtsschutzbedürfnis, gegen die Abmahnung vorzugehen, da anderenfalls mit einer einstweiligen Verfügung zu rechnen wäre, die erst einmal im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens niedergekämpft werden muss.

Auf der anderen Seite darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Streitwerte auch bei einer negativen Feststellungsklage nicht gerade gering sind. Ein gewisses Kostenrisiko besteht immer, im vorliegenden Fall bspw. im Falle des Obsiegens der Abmahner in der ersten Instanz, von über 3.000,00 Euro.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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