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Existenzbedrohend: Sperrung des Verkäuferkontos bei Amazon

Wer seinen Internethandel nur auf eine Plattform stützt, sei es eBay oder Amazon, wird zwangsläufig von dieser Plattform abhängig. Bereits bei eBay waren Account-Sperrungen ein ganz erhebliches Problem.

In letzter Zeit erreichen uns Anfragen auch hinsichtlich Account-Sperrungen von Konten bei Amazon.

Grundproblem: Haftung von Verkaufsportalen für Schutzrechtsverletzungen

Entsprechende Verkaufsportale wie eBay oder Amazon haben ein Problem: Angebote werden durch Dritte eingestellt. Ob es sich bei diesen Angeboten um markenrechtlich, patentrechtlich oder urheberrechtlich einwandfreie Produkte handelt, kann der Anbieter selbst, d.  h. eBay oder Amazon, nicht beurteilen. Nichts wäre für derartige Verkaufsportale jedoch schlimmer, als wenn sie selbst wegen einer Markenrechtsverletzung, bspw. die einer ihrer Mitglieder in einem Fremdangebot begangen hat, zur Verantwortung gezogen werden würden.

Für eBay hat sich der Bundesgerichtshof in der sogenannten Internet- Versteigerung (BGH, Urteil vom 11.03.2004, Az.: I ZR 304/01) und in der Entscheidung Internetversteiger II zu dieser Frage geäußert. Verkürzt dargestellt haftet ein Diensteanbieter, somit Amazon oder eBay, bei einer Markenrechtsverletzung dann, wenn er nach Kenntnis nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperrt, sondern auch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreift, um Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen kommt.

Folge dieser Rechtsprechung ist, dass die entsprechenden Verkaufsportale Einrichtungen eingeführt haben, mit denen Schutzrechtsverletzungen schnell gemeldet werden können. Bei eBay ist dies das sogenannte veri-Programm. Auch Amazon hat ein entsprechendes Formular für eine Mitteilung an amazon.de über die Verletzung gewerblicher Schutzrechte (Urheber-, Marken-, Patent-, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte).

Eine entsprechende Prüfung, ob der Anspruch tatsächlich berechtigt ist, d. h. ob tatsächlich Schutzrechte verletzt werden, erfolgt durch die Anbieter in der Regel nicht, da sie nach den strengen Ansichten des BGH zur unverzüglichen Reaktion verpflichtet sind.

Missbrauchspotential durch die Meldung von angeblichen Schutzrechtsverletzungen

Es gibt für Wettbewerber oder Kennzeicheninhaber kaum einen einfacheren Weg, unliebsame Produkte aus dem Netz zu entfernen, als die entsprechenden Meldemöglichkeiten der Portalanbieter zu nutzen. Das Angebot wird in der Regel ohne Wenn und Aber sofort gelöscht.

Obwohl die entsprechenden Meldeformulare beinhalten, dass die angeblich verletzenden Inhalte weder vom Rechteinhaber selbst noch von einer anderen berechtigten Person genehmigt worden seien und zudem versichert werden muss, dass die vorgenannten Fakten der Wahrheit entsprechen, ist es für Schutzrechtsinhaber ein Leichtes, mit falschen Behauptungen Angebote von Händlern zu entfernen. Häufig besteht der Grund darin, dass die Preise, die sich ein Markeninhaber bspw. vorstellt, bei Amazon nicht eingehalten werden, wobei es eine Berechtigung, verbindliche Preise vorzuschreiben, auch nicht gibt. Da bei Amazon Händler Produkte oftmals unter einer gleichen ASIN anbieten, kann es durchaus vorkommen, dass ein Händler hinsichtlich seiner Angebote entfernt wird, während andere genau die gleichen identischen Produkte weiter verkaufen dürfen.

Im Falle einer entsprechenden Schutzrechtsverletzungsmeldung wird dem Verkäufer in der Regel zumindest eine Kontakt- oder Email-Adresse mitgeteilt, von der die Meldung aus vorgenommen wurde. Wenn der angeblich Verletzte seinen Sitz im Ausland hat, kann es jedoch schwierig werden, eine Richtigstellung zu erreichen.

Account-Sperrung durch mehrmalige angebliche oder tatsächliche Schutzrechtsverletzungen

Sowohl eBay wie auch Amazon haben kein Interesse daran, dass Anbieter, die Schutzrechte, gleich welcher Art, verletzen, auch weiterhin auf der Plattform verkaufen, da das entsprechende Risiko des Plattform-Betreibers, selbst in die Verantwortung genommen zu werden, erheblich steigt.

Bei Amazon bspw. haben wir den Eindruck, dass nach drei Schutzrechtsverletzungsmeldungen der Account gesperrt wird, wobei schon bei den ersten beiden Meldungen zum einen darauf hingewiesen wird, dass entsprechende Schutzrechtsverletzungen zukünftig zu vermeiden sind. Bei der zweiten Meldung wird angedroht, den Account für eine bestimmte Zeit zu sperren. Kommt es dann zu einer dritten Meldung, wird der Account gesperrt, sei es dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit.

Sofort Handeln!

Für Amazon-Händler ist es daher extrem wichtig,  bei Schutzrechtsverletzungsmeldungen ihrer eigenen Produkte sofort tätig zu werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Händler selbst der Ansicht ist und das sichere Wissen hat, dass seine Produkte eigentlich rechtlich  unproblematisch sind. Die Gefahr, dass nach einer ersten Meldung zwei weitere erfolgen und der Account gesperrt wird, ist groß, so dass unverzüglich eine Klärung sowohl mit Amazon, in erster Linie aber mit dem Schutzrechtsinhaber, erfolgen sollte. Amazon selbst weist auf folgendes hin:”Wenn Ihr Verkäuferkonto suspendiert oder gesperrt wurde, kann es möglich sein, es wieder freizuschalten. Sie können uns bitten, unsere Entscheidung zu überprüfen, indem Sie unserem Verkäufer-Performance-Team einen detaillierten Handlungsplan vorlegen, wie Sie Probleme beheben werden, die dazu beigetragen haben, dass diese Maßnahme ergriffen wurde.” Der Links enthält weiter Handlungsempfehlungen von Amazon.

Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass es Kennzeichenrechtsinhaber gibt, die breit gestreut Schutzrechtsmeldungen an Amazon absetzen, obwohl diese unberechtigt sind, da ihnen der Verkauf ihrer Produkte über Amazon zu ihnen nicht genehmen Preisen nicht passt.

Unberechtigte Schutzrechtsverletzungsmeldung ist wettbewerbswidrig

Das Problem ist oftmals, dass die entsprechenden Schutzrechtsverletzungsmeldungen aus dem Ausland erfolgen. Hier ist eine rechtliche Durchsetzung sehr schwierig. Kann jedoch ein Bezug zu einem deutschen Markeninhaber oder einem deutschen Unternehmen hergestellt werden, das in irgendeiner Form bewusst von diesen Schutzrechtsverletzungsmeldungen profitiert, bietet das Wettbewerbsrecht adäquate Mittel,  um hiergegen vorzugehen. Zum einen handelt es sich gemäß § 4 Nr. 8 UWG um eine Tatsachenbehauptung über Leistungen des Amazon-Händlers, die falsch ist und den Betrieb des Unternehmens schädigen kann (bei einer darauf folgenden Sperrung versteht sich dies quasi von selbst). Zum anderen handelt es sich gemäß § 4 Nr. 10 UWG ggf. um einen sogenannten Behinderungswettbewerb. Dies gilt umso mehr, als dass die Schutzrechtsverletzungsmeldungen ausschließlich dazu dienen, um bestimmte Preise durchzusetzen oder, was nicht abschließend geklärt ist, den Vertrieb von bestimmten Produkten über das Internet oder Amazon komplett zu untersagen.

Wir beraten Sie gern.

Stand: 27.01.2010

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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