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Produktsicherheitsverordnung ab dem 13.12.2024: Neue Beurteilungskriterien für die Sicherheit von Produkten und neue Herstellerpflichten

Zum 13.12.2024 tritt die Produktsicherheitsverordnung in Kraft.

Neben neuen Kennzeichnungspflichten (die Angabe einer elektronischen Adresse bei der Information zum Hersteller oder bei der Information zur sogenannten verantwortlichen Person) und umfangreichen Informationspflichten für Internethändler beim Angebot von Verbraucherprodukten, befasst sich die Produktsicherheitsverordnung auch mit ganz grundsätzlichen Aspekten der Produktsicherheit.

Neue Beurteilungskriterien für die Sicherheit von Produkten

Die Produktsicherheitsverordnung schreibt neue Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten vor. Es geht hierbei um Aspekte, die bislang in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der EU keine Berücksichtigung gefunden haben. Art. 6 der Produktsicherheitsverordnung enthält hier ganz konkrete Vorgaben:

Artikel 6

Aspekte für die Bewertung der Sicherheit von Produkten

(1) Bei der Bewertung, ob es sich bei einem Produkt um ein sicheres Produkt handelt, werden insbesondere die folgenden Aspekte berücksichtigt:

a) die Eigenschaften des Produkts, unter anderem seine Gestaltung, seine technischen Merkmale, seine Zusammensetzung, seine Verpackung, die Anweisungen für seinen Zusammenbau sowie gegebenenfalls für seine Installation, Verwendung und Wartung;

b) seine Einwirkung auf andere Produkte, wenn eine gemeinsame Verwendung des Produkts mit anderen Produkten, einschließlich der Verbindung dieser Produkte, vernünftigerweise vorhersehbar ist;

c) die mögliche Einwirkung anderer Produkte auf das zu bewertende Produkt, wenn eine gemeinsame Verwendung anderer Produkte mit dem Produkt vernünftigerweise vorhersehbar ist, wobei bei der Bewertung der Sicherheit des zu bewertenden Produkts die Einwirkung nicht eingebetteter Gegenstände, die die Funktionsweise des zu bewertenden Produkts beeinflussen, verändern oder vervollständigen sollen, zu berücksichtigen ist;

d) die Aufmachung des Produkts, seine Etikettierung, einschließlich der Alterskennzeichnung hinsichtlich seiner Eignung für Kinder, etwaige Warnhinweise und Anweisungen für seine sichere Verwendung und Entsorgung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen;

e) die Verbraucherkategorien, die das Produkt verwenden, vor allem durch eine Bewertung des Risikos für schutzbedürftige Verbraucher, wie etwa Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, sowie die Auswirkungen geschlechtsspezifischer Unterschiede auf Gesundheit und Sicherheit;

f) das Erscheinungsbild des Produkts, wenn es Verbraucher dazu verleiten kann, das Produkt in einer anderen Weise als derjenigen zu verwenden, für die es bestimmt war, insbesondere dann,

i) wenn ein Produkt zwar kein Lebensmittel ist, aber aufgrund seiner Form, seines Geruchs, seiner Farbe, seines Aussehens, seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seines Volumens, seiner Größe oder anderer Eigenschaften einem Lebensmittel ähnelt und leicht damit verwechselt werden kann und daher von Verbrauchern, insbesondere von Kindern, zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden könnte;

ii) wenn ein Produkt, obwohl es für die Verwendung durch Kinder weder konzipiert noch bestimmt ist, aufgrund seiner Gestaltung, seiner Verpackung oder seiner Eigenschaften wahrscheinlich von Kindern verwendet wird oder einem Objekt ähnelt, das gemeinhin als für Kinder attraktiv oder für die Verwendung durch Kinder bestimmt erscheint;

g) sofern aufgrund der Art des Produkts erforderlich, die angemessenen Cybersicherheitsmerkmale, die erforderlich sind, um das Produkt vor äußeren Einflüssen, einschließlich böswilliger Dritter, zu schützen, sofern sich ein solcher Einfluss auf die Sicherheit des Produkts auswirken könnte, einschließlich eines möglichen Ausfalls der Verbindung;

h) sofern die Art des Produkts dies erfordert, die sich entwickelnden, lernenden und prädiktiven Funktionen des Produkts.

Hersteller sind zur Durchführung einer Risikoanalyse verpflichtet

Hersteller von Verbraucherprodukten haben für jedes Verbraucherprodukt die Pflicht, eine interne Risikoanalyse durchzuführen und technische Unterlagen zu erstellen. Diese Verpflichtung gilt für jedes Verbraucherprodukt, dass von der Produktsicherheitsverordnung umfasst ist. Eine Bagatellklausel für sogenannte Trivialprodukte gibt es nicht.

Konkret regelt Art. 9 Abs. 2 Produktsicherheitsverordnung:

Bevor sie ihre Produkte in Verkehr bringen, führen die Hersteller eine interne Risikoanalyse durch und erstellen technische Unterlagen, die mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und seiner für die Bewertung seiner Sicherheit relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten.

Sofern dies angesichts der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken angemessen ist, umfassen die in Unterabsatz 1 genannten technischen Unterlagen, soweit anwendbar, außerdem

a) eine Analyse der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken und der gewählten Lösungen zur Beseitigung oder Minderung dieser Risiken, einschließlich der Ergebnisse aller Berichte über Tests, die der Hersteller durchgeführt hat oder von einem Dritten hat durchführen lassen, und

b) eine Aufstellung aller einschlägigen europäischen Normen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der anderen Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 8, die angewandt wurden, um dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 zu entsprechen.

Falls europäische Normen, Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen oder Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 oder Artikel 8 nur teilweise angewandt wurden, so müssen Hersteller angeben, welche Teile angewandt wurden.

Diese sogenannten technischen Unterlagen für jedes (!) Verbraucherprodukt sind gemäß § 9 Abs. 3 Produktsicherheitsverordnung auf dem neuesten Stand zu halten und für einen Zeitraum von 10 Jahren ab dem in Verkehr bringen des Produktes aktuell zu halten.
Marktüberwachungsbehörden ist diese Dokumentation auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

Kennzeichnungspflichten

Im Übrigen haben Hersteller die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Produkte identifizierbar sind.

Es gibt ferner die Verpflichtung, den Namen, die Handelsmarke, die Postanschrift und die elektronische Adresse anzugeben.

Des Weiteren sind Hersteller gemäß Art. 9 Abs. 7 Produktsicherheitsverordnung verpflichtet, soweit notwendig, dem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen beizufügen, und zwar in der jeweiligen Sprache des EU-Landes, in der das Produkt vertrieben wird.

Hersteller ist in diesem Zusammenhang übrigens jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt, oder entwerfen oder herstellen lässt und das Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter Ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet.

Wer somit z.B. ein Produkt mit der eigenen Marke kennzeichnet (sogenanntes white labeling) ist im Rechtssinne Hersteller eines Produktes und unterfällt somit u.a. den Herstellerverpflichtungen des Produktsicherheitsgesetzes.

Wir können Sie zu Herstellerverpflichtungen u.a. aufgrund der Produktsicherheitsverordnung leider nicht beraten. Gerne empfehlen wir Ihnen jedoch ein Beratungsunternehmen, das auf diesem Bereich spezialisiert ist.

Beratung zur Umsetzung der Produktsicherheitsverordnung bei Internetangeboten

Ich berate Sie gerne konkret zur Umsetzung der Produktsicherheitsverordnung bei Internetangeboten zum 13.12.2024, u.a. zu folgenden Aspekten:

  • Für welche Produkte gilt die Produktsicherheitsverordnung konkret, welche Ausnahmen gibt es?
  • Was ist beim Angebot von gebrauchten Produkten oder Antiquitäten zu beachten?
  • Welche Prüfpflichten haben Sie als Verkäufer, bevor Sie ein Verbraucherprodukt zum Verkauf anbieten dürfen?
  • Welche Informationen müssen Sie bei einem Internetangebot eines Verbraucherproduktes konkret darstellen?
  • Was ist die „verantwortliche Person“?
  • Was ist bei der Produktidentifikation zu beachten?
  • Was müssen Sie beachten, wenn Warnhinweise und Sicherheitsinformationen darzustellen sind?
  • Welche Aspekte müssen bei einem EU-weiten Versand beachtet werden?
  • Wie sollten die notwendigen Informationen in einem Internetshop dargestellt werden?
  • Was ist zu beachten, wenn ein Produkt bereits auf der Artikelübersichtsseite in den Warenkorb gelegt werden kann?
  • Welche Verpflichtungen haben Verkaufsplattformen wie eBay, Amazon oder Kaufland?
  • Welche Sanktionen drohen bei der Nichteinhaltung der Informationspflichten nach Produktsicherheitsverordnung?

Fragen zur Produktsicherheitsverordnung für Internethändler?

Rufen Sie einfach an oder schicken Sie mir eine Email.

Stand: 15.03.2024

Rechtsanwalt Johannes Richard