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Fehlt häufig: Hersteller-Kennzeichnung und Kontaktanschrift auf dem Produkt nach Produktsicherheitsgesetz

Damit insbesondere Verbraucherprodukte rechtssicher verkauft werden dürfen, gibt es einige grundsätzliche Kennzeichnungsvorschriften, die immer einzuhalten sind.

Eine wesentliche Norm findet sich im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), insbesondere für sogenannte Verbraucherprodukte. Verbraucherprodukte sind gem. § 2 Nr. 25 Produktsicherheitsgesetz neue, gebrauchte oder wiederaufgearbeitete Produkte, dass für Verbraucher bestimmt ist oder unter Bedingungen, die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar sind, von Verbrauchern verwendet werden können, selbst wenn die Produkte nicht für diese bestimmt sind.

Verbraucherprodukte können somit auch Produkte sein, die auf erstem Blick gar nicht durch Verbraucher genutzt werden. Dadurch erweitert sich der Anwendungsbereich des Produktsicherheitsgesetzes erheblich, insbesondere, da der Anwendungsbereich zum Teil weiter ist als der sachliche Anwendungsbereich von EU-Verordnungen oder EU-Richtlinien. Folge ist, dass ein Erzeugnis, was als Verbraucherprodukt z. B. keine CE-Kennzeichnung benötigt, gleichwohl Verbraucherprodukt sein kann. Es kann auch Werkzeuge geben, die zwar für Fachbetriebe hergestellt werden, die jedoch durchaus auch von interessierten Verbrauchern genutzt werden. Insbesondere Produkte, die im Internet auch an Verbraucher verkauft werden, können Verbraucherprodukte sein.

Muss immer sein: Herstellerkennzeichnung und Kontaktanschrift

Einer der zentralen Kennzeichnungsnormen des Produktsicherheitsgesetzes findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Produktsicherheitsgesetz:

Auf dem Produkt muss Name und Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, Name und Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers angebracht werden.

Durch diese Informationspflicht auf dem Produkt selbst soll die Zuordnung des Produktes zum verantwortlichen Wirtschaftsakteur gewährleistet werden, insbesondere zum Zweck der Rückverfolgbarkeit.

Verantwortlicher in der EU

Die Herstellerkennzeichnung besteht grundsätzlich aus Name und Kontaktanschrift derjenigen Person oder des Unternehmens, das für das Inverkehrbringen des Produktes in der EU verantwortlich ist. Dies ist im Regelfall der Hersteller, wenn dieser in der Europäischen Union ansässig ist.

Häufig, z. B. bei Produkten, die in Asien hergestellt wurden, gibt es jedoch keinen europäischen Hersteller. In diesem Fall ist Name und Kontaktanschrift des in der EU ansässigen Bevollmächtigten anzugeben oder alternativ des Einführers (Importeur). Gerade bei Produkten, die z. B. über Amazon direkt von asiatischen Verkäufern über Amazon FBA vertrieben werden, ist somit die Kennzeichnung mit einem in Europa ansässigen Bevollmächtigten notwendig. Daher findet sich auf vielen Produkten eine Kontaktanschrift eines EU Authorized Representative (EU Rep).

Was ist anzugeben?

Immer wieder begegnet uns in der Beratungspraxis die Ansicht, dass für die Herstellerkennzeichnung eine Internetadresse oder ein QR-Code oder eine E-Mail-Adresse ausreichend sei. Dies ist nicht der Fall!

Es muss vielmehr der Name (Vor- und Nachname bei einem Einzelunternehmer ansonsten komplette Firmierung) und eine vollständige Kontaktanschrift angegeben sein. Hierzu gehört Straße, Hausnummer, Postleitzahl und Ort. Es muss sich somit um eine zustellfähige postalische Anschrift handeln. Die Angabe der Kontaktanschrift unter ausschließlicher Benennung der Postleitzahl und des Ortes sind zulässig, wenn eine postalische Erreichbarkeit nachweisbar (z. B. bei Großunternehmen) sicher gewährleistet ist.

Wo ist zu kennzeichnen?

Grundsätzlich muss die Kennzeichnung auf dem Verbraucherprodukt selbst erfolgen. Von dieser Verpflichtung, das Produkt zu kennzeichnen, gibt es nur eine strenge Ausnahme: Eine Kennzeichnung der Verpackung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Anbringung auf dem Produkt selbst nicht möglich ist.

Die Frage, wann diese Ausnahme genau einschlägig ist, lässt sich in der Praxis nur schwer beantworten: Eine Kennzeichnung auf der Verpackung wäre zulässig, wenn auf dem Produkt selbst bei bestem Willen kein Raum für eine lesbare Kennzeichnung ist (z. B. Büroklammern). Zudem gibt es Produkte, die eine Beschaffenheit haben, bei der eine entsprechende Kennzeichnung schlichtweg nicht möglich ist, z. B. bei Watte oder Flüssigkeiten.

Es gibt Produkte, denen eine Kennzeichnung, wenn auch technisch aufwendig, möglich wäre, die sich jedoch zur Kennzeichnung nicht eignen, wie z. B. Trinkgläser. Der Arbeitsausschuss Marktüberwachung nimmt jedenfalls an, dass bei der Frage, ob die Herstellerkennzeichnung auf dem Produkt aufgebracht werden kann oder nicht, nicht nur auf die Größe des Produktes oder die technische Machbarkeit abgestellt werden darf. Es gibt somit eine zu berücksichtigende Verhältnismäßigkeit.

Soweit es zulässig ist, die Herstellerkennzeichnung auf der Verpackung unterzubringen, kann dies alternativ auch auf der Gebrauchsanleitung geschehen. Nicht zulässig ist jedoch die Kennzeichnung auf einem Kassenbon, auf einem Versandkarton oder einem Anhängeretikett (Hangtag). Für Produkte, die ohne Verkaufsverpackung vertrieben werden, reicht eine Angabe auf der Sammelverpackung aus.

Wie die Kennzeichnung anzubringen ist, regelt § 6 Produktsicherheitsgesetz nicht. Anders als z. B. bei Kennzeichnungspflichten von Textilien, gibt es zumindest im Produktsicherheitsgesetz keine Vorgabe dazu, dass die Kennzeichnung dauerhaft und ablösefest anzubringen ist. Die Kennzeichnung kann daher auch durch einen Aufkleber erfolgen.

Grundsätzlich ist es schwer zu beurteilen, wann bei einem Produkt ein unverhältnismäßiger Aufwand vorliegt, der die Verpflichtung der Kennzeichnung des Produktes selbst entfallen lässt. Dieser Aufwand ist hierbei nicht nur im Verhältnis zu den Kennzeichnungskosten zum Produktpreis zu betrachten. Es kann sich auch um einen technischen Aufwand handeln. Jedenfalls verbleibt in Fällen, in denen nicht das Produkt selbst mit einer Herstellerkennzeichnung versehen wurde, für den Hersteller, wie auch für den Vertreiber ein rechtliches Risiko.

Fehlende Herstellerkennzeichnung, was sind die möglichen Folgen?

Die Rechtsfolgen, wenn Produkte ohne korrekte Herstellerkennzeichnung vertrieben werden, sind weitreichend.

Insbesondere können die Rechtsfolgen auch den Verkäufer treffen:

Der Vertrieb von Verbraucherprodukten ohne Herstellerkennzeichnung ist wettbewerbswidrig. Dies hat der BGH in der Entscheidung „Motivkontaktlinsen“ bereits 2017 entschieden.

Hintergrund der Ansicht des BGH, dass auch der Verkäufer für den Vertrieb von Verbraucherprodukten ohne Herstellerkennzeichnung haftet, ist § 6 Abs. 5 Produktsicherheitsgesetz: Demzufolge hat der Händler dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Nach Ansicht des BGH handelt es sich bei der Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers um Angaben, die für die Sicherheit von Verbraucherprodukten von Bedeutung sind. Folge ist, dass der Verkäufer quasi eine Prüfungspflicht hat, ob die von ihm vertriebenen Produkte, korrekt mit den Herstellerdaten gekennzeichnet sind.

Diese Prüfungspflicht sollte ein Verkäufer durchaus ernst nehmen. Nach unserem Eindruck gibt es eine Vielzahl von Verbraucherprodukten auf dem Markt, die nicht korrekt gekennzeichnet sind.

Die Folgen einer Abmahnung wegen des Vertriebs oder des Angebots von Verbraucherprodukten ohne Herstellerkennzeichnung sind weitreichend:

Zum einen bezieht sich die in der Abmahnung geforderte Unterlassungserklärung häufig nicht nur auf das abgemahnte Produkt, sondern ganz grundsätzlich auf Produkte bzw. Produktgruppen. Die Folgen einer Unterlassungserklärung können daher sich unter Umständen auf alle angebotenen Produkte erstrecken.

Hinzukommt, dass nach aktueller Rechtsprechung Unterlassungsansprüche bzw. eine Unterlassungserklärung auch Beseitigungsansprüche zur Folge haben können. Es kann gegebenenfalls die Verpflichtung bestehen, Produkte von gewerblichen Abnehmern zurückzurufen. Eine Unterlassungserklärung wegen einer fehlenden Herstellerkennzeichnung oder anderen Kennzeichnungsfehlern bei einem Produkt sollte daher nicht ohne vorherige anwaltliche Beratung abgegeben werden.

Jedoch können auch Behörden, insbesondere die Marktüberwachung tätig werden, wenn nicht korrekt gekennzeichnete Produkte vertrieben werden.

Des Weiteren droht eine Sperrung von Angeboten. Plattformen wie eBay oder Amazon durch die Plattformbetreiber, wenn nicht korrekt gekennzeichnete Produkte vertrieben werden.

Wir beraten auch Sie.

Da die Frage, wie Verbraucherprodukte z. B. hinsichtlich der Herstellerkennzeichnung korrekt zu kennzeichnen ist, komplex sein kann, insbesondere hinsichtlich der möglichen Ausnahmen, empfehlen wir Ihnen, die Frage gern mit einem Prüfinstitut, das Sie bei der korrekten Kennzeichnung der von Ihnen vertriebenen oder importierten Produkte berät zu klären.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen einer fehlenden Herstellerkennzeichnung oder Problemen mit der Marktüberwachung oder bei einer Meldung nicht gekennzeichnter Produkte von Wettbewerbern bei Amazon.

Stand: 07.01.2022

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard