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Doppelt teuer: Patentanwaltskosten bei einer Abmahnung im Markenrecht jedoch nicht immer berechtigt

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Update: Der BGH hat zwischenzeitlich entschieden, dass Patentanwaltskosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung nur zu erstatten sind, wenn die Mitwirkung eines Patentanwaltes erforderlich war. Eine Besprechung des Urteils finden Sie hier.

Eine Abmahnung im Markenrecht wegen Verstößen gegen das Markengesetz sind im Gegensatz zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen weitaus unangenehmer. Die Streitwerte sind höher, die Folgen weitreichender, Schadenersatz und weitergehende Ansprüche wahrscheinlicher. Während im Wettbewerbsrecht Streitwerte zwischen 5.000,00 Euro und 10.000,00 Euro bei Verstößen im Internet durchaus üblich sind, sind die Streitwerte bei Abmahnungen im Markenrecht ungleich höher. So geistert immer wieder eine viel zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH Beschluss vom 15.03.2007, AZ I ZB 48/05) durch das Netz, dass der Regelstreitwert bei Markenverstößen 50.000,00 Euro beträgt. Allein dieser Streitwert hat im Rahmen einer markenrechtlichen Abmahnung eine Kostennote von mindestens 1.379,80 Euro zur Folge. Hinzukommt, dass bei markenrechtlichen Abmahnungen oft oberhalb des üblichen Gebührenrahmens für Rechtsanwaltskosten abgerechnet wird, so dass selbst bei Annahme dieses Streitwertes die Gesamtkosten höher sein können.

…noch teurer

Doch es kommt noch schlimmer:

Bei vielen markenrechtlichen Abmahnungen wird eher nebenbei im Anschreiben darauf hingewiesen, dass nicht nur der abmahnende Anwalt sondern auch gleichzeitig ein Patentanwalt mit beauftragt worden ist. Die “Mitwirkung” des Patentanwaltes erstreckt sich oftmals in eher einfach gelagerten Markenrechtsverletzungen, die das Internet betreffen, in einer Unterschrift des Patentanwalts unter das Abmahnschreiben. Diese Unterschrift kann jedoch für den Abgemahnten sehr teuer werden, da der Patentanwalt im Rahmen der Abmahnung noch einmal die gleichen Kosten fordert, die auch der Rechtsanwalt geltend macht! Aus Abmahnkosten von 1.379,80 Euro werden somit schnell 2.759,60 Euro. Hintergrund ist eine Regelung in § 140 Abs. 3 Markengesetz. Es heißt dort:

“Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 11 der Bundesordnung für Rechtsanwälte und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.”

Diese Gebühren sind eigentlich ohne den Nachweis der Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts zu erstatten. Es mag durchaus Fälle geben, in denen die Mitwirkung eines Patentanwaltes sinnvoll ist, bspw. bei Patentstreitigkeiten. In der heutigen Zeit, wo jedoch bspw. der Bestand und Umfang einer Marke problemlos online abgefragt werden kann, ist die angenommene Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts doch zum Teil mehr als zweifelhaft. Letztlich könnte man meinen, dass es nur um Gebührenschinderei geht. Dieser Eindruck ist nach unserer Auffassung zum Teil auch nicht von der Hand zu weisen.

Voraussetzung für die Patentanwaltsgebühr, die geltend gemacht wird, ist lediglich die tatsächliche Mitwirkung des Patentanwalts. Auf Umfang, Schwierigkeitsgrad, Erforderlichkeit oder gar Entscheidungserheblichkeit der Mitwirkungshandlung kommt es nicht an, wobei dies in der Rechtsprechung nicht unumstritten ist.

Patentanwaltskosten sind nicht immer zu zahlen

Der oftmals nicht nachvollziehbaren Mitwirkung von Patentanwälten bei markenrechtlichen Abmahnungen, die einfach gelagert sind und deren Ursache sich wohl nur in den Gebühren finden lässt, schiebt das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 18.09.2007, Az.: 5 O 698/06 einen Riegel vor.

Hintergrund war eine Markenrechtsverletzung, wie so oft, über die Internet-Plattform eBay. Der Abgemahnte hatte ein T-Shirt mit einem Abdruck einer nahezu identischen Bildmarke des Abmahnenden angeboten. Eine Unterlassungserklärung war abgegeben worden. In dem vorliegenden Verfahren des LG Berlin stritt man sich um die Kosten. Der Abmahner verlangte 3.897,84 Euro inklusive Mehrwertsteuer und zwar unter Zugrundelegung eines nach seiner Auffassung üblichen (siehe oben) Streitwertes von 50.000,00 Euro.

Das Gericht urteilte jedoch nur eine Zahlung von 911,80 Euro aus. Zum einen wurde sehr schnell nachvollziehbar festgestellt, dass der Regelstreitwert von 50.000,00 Euro in der Form nicht existiert, vielmehr kommt es auf die Umstände und das Interesse des Klägers an sowie die wirtschaftliche Bedeutung des Verstoßes. Die immer wieder zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes, so das Gericht, betreffe einen anderen Sachverhalt. Zudem gibt es keinen Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer, da der Abmahner vorsteuerabzugsberechtigt war.

Spannend wird es in den Urteilsgründen jedoch an der Stelle, wo es um die immer wieder geltend gemachten Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts geht:

Zum einen, so das Gericht, bezieht sich § 140 Abs. 3 MarkenG lediglich auf die gerichtliche Mitwirkung eines Patentanwalts. Zum anderen kann ein markenrechtlicher Verstoß so eindeutig sein, dass die zusätzliche Hinzuziehung eines Patentanwalts rechtsmissbräuchlich ist. Auch der Markenrechtsinhaber hat bei einer außergerichtlichen Abmahnung die Grundsätze der Schadenminderungspflicht zu beachten. Die Schadenminderungspflicht erfordert, dass der Geschädigte Maßnahmen unterlässt, die ein verständiger Mensch, der die Kosten selbst aufwenden müsste, unterließe. Es wäre nach Ansicht des Gerichtes geboten und ausreichend gewesen, wenn lediglich der Rechtsanwalt die Abmahnung allein ausgesprochen hätte. Wer als Rechtsanwalt auch noch in Markenstreitigkeiten gerichtsbekannt ist und zwar hinsichtlich seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, hat erst recht schlechte Karten. Insofern heißt es in der Entscheidung:

“Auf Grund seiner gerichtsbekannten und in seiner Veröffentlichung dokumentierten markenrechtlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, wäre es ihm ohne Weiteres möglich gewesen, den hier streitgegenständlichen einfachen und bereits mehrfach (zumindest einmal mit der gleichen Bildmarke) von ihm bearbeiteten Markenverstoß selbst und allein abzumahnen.”

Der Vorteil war, dass der Beklagte offensichtlich nachweisen konnte, dass der Klägervertreter bereits in gleicher Sache ein anderes Verfahren geführt hatte. Da der markenrechtliche Verstoß auf der Hand lag und keiner weiteren Begründung bedurfte, wurde die Hinzuziehung eines Patentanwalts nicht als notwendig angesehen.

Eine weitere Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung ist die sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag. Hierzu heißt es:

“Denn es entspricht nicht dem mutmaßlichen Willen des Beklagten, wenn der Kläger die grundsätzlich begründeten Rechtsanwaltsgebühren verdoppelt, indem sie einen Patentanwalt hinzuziehen, dessen Tätigkeit, wie eben ausgeführt, nicht vonnöten war.”

Der Entscheidung des Landgerichtes ist zuzustimmen. Auf der anderen Seite dürfen wir jedoch darauf hinweisen, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich leider nicht eindeutig ist. Viele Abmahnungen, die eine Markenverletzung im Internet, insbesondere bei eBay betreffen, sind jedoch nach unserer Erfahrung aus der Sicht spezialisierter Anwälte eher einfach gelagert, so dass die Entscheidung ein gutes Argument ist, um die Kosten für eine derartige Abmahnung möglichst gering zu halten.

OLG Frankfurt: Patentanwaltskosten nur dann, wenn erforderlich

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.11.2009, Az.: 6 U 130/09) sieht nicht grundsätzlich die Patentanwaltskosten bei einer markenrechtlichen Abmahnung gemäß § 140 Abs. 3 Markengesetz als erstattungsfähig an.

Zunächst einmal hat das OLG Frankfurt klargestellt, dass an die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Patentanwalts in Kennzeichenstreitsachen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Eine “Automatik”, nach der die Kosten grundsätzlich zu erstatten sind, gibt es jedoch nicht. Es heißt in der Entscheidung:

“Denn anderenfalls wären in Kennzeichenstreitsachen die durch die Einschaltung eines Patentanwalts entstandenen Kosten unter leichteren Voraussetzungen zu erstatten als die durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten. Für eine solche Privilegierung der patentanwaltlichen gegenüber der anwaltlichen Tätigkeit ist kein Grund ersichtlich. …) Zwar sind – wie bereits erwähnt – in Kennzeichenstreitsachen an die Erforderlichkeit der Mitwirkung des Patentanwalts für die Abmahnung keine zu hohen Anforderungen zu stellen, auf der anderen Seite reicht es aber nicht aus, dass sich die Tätigkeit des Patentanwalts darauf beschränkt, etwa die vom Anwalt vorgenommene markenrechtliche Bewertung zu überprüfen; denn zu dieser rechtlichen Bewertung muss ein Patentanwalt auch ohne die Hilfe eines Patentanwalts in der Lage sein. Die ergänzende Zuziehung eines Patentanwalts kann vielmehr nur dann als erforderlich angesehen werden, wenn dieser Tätigkeiten übernommen und ausgeführt hat, die – wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage – in das typische Arbeitsfeld des Patentanwalts gehören.”

Da die Klägerseite zu dieser Frage nichts vorgetragen hatte, wurde die Erstattung der Patentanwaltskosten abgelehnt.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass, anders als früher, es einfach möglich ist, über die entsprechenden Internet-Datenbanken, bspw. des Deutschen Patent- und Markenamtes, den Sachstand einer Markenanmeldung selbst zu recherchieren.

“Überlegendes Wissen” in diesem Bereich haben Patentanwälte heutzutage nicht mehr.

Das OLG Frankfurt hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Nach unserer Auffassung ist § 140 Abs. 3 Markengesetz auf Grund der aktuellen technischen Möglichkeiten zur Markenrecherche durch Rechtsanwälte selbst überholt, so dass wir hoffen, dass der BGH der Kostenverdopplung einen Riegel vorschieben wird.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock

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