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Keine Prüfungspflicht = keine Urheberrechtsverletzung beim Anhängen von Angeboten bei Amazon (OLG München)

Rechtlich nicht abschließend geklärt sind urheberrechtliche Aspekte bei der Nutzung von bereits vorhandenen Angeboten (ASINS) bei Amazon.

Wenn ein Shopbetreiber sich bei Amazon an bereits bestehende Angebote anhängt, kann er nie genau wissen, ob die Produktbilder nicht unter Umständen durch irgendjemanden urheberrechtsverletzend in den Amazon-Katalog eingepflegt wurden. Das Grundprinzip Amazon läuft darauf hinaus, grundsätzlich bereits vorhandene ASINS zu nutzen. Es ist somit nach den Vorgaben von Amazon keine Alternative, bei bereits vorhandenen Produkten eine neue Produktbeschreibung mit eigenen Bildern zu erstellen.

Der Händler muss sich somit darauf verlassen können, dass das Angebot bei Amazon rechtlich einwandfrei ist. Dies gilt umso mehr, als dass nicht jeder Händler die Berechtigung hat, eine ASIN bei Amazon abzuändern. Notwendig ist dazu nach unserer Kenntnis eine sogenannte ASIN-Priorität.

Unabhängig davon ist es natürlich so, dass nicht alle bei Amazon dargestellten Produktbilder mit Zustimmung des Urhebers- bzw. Rechteinhabers in den Amazon-Katalog hochgeladen wurden. Aus unserer Beratungspraxis sind uns zudem auch Fälle bekannt, in denen ein Urheber für die eigene Nutzung des Produktes, welches er selber über Amazon vertrieb, Bilder hochgeladen hatte und der Ansicht war, dass die Nutzung einer ASIN durch Dritte eine Urheberrechtsverletzung darstellen würde. Dies ist natürlich eher abwegig.

Die Rechtsprechung hat diese Problematik durchaus erkannt. Das Landgericht Köln, Urteil vom 13.08.2013, Az.: 14 O 184/13, nimmt bspw. an, dass die Rechteeinräumung nach den Amazon-AGB unwirksam sei, eine Urheberrechtsverletzung jedoch nicht vorliegt.

Das Landgericht Stuttgart (Az.: 17 S 4/13) hatte einen Mittelweg entschieden. Unterlassungsansprüche bestehen nach Ansicht des Landgerichtes Stuttgart, jedoch keine Schadenersatzansprüche.

OLG München: Keine urheberrechtlichen Ansprüche

In dem entschiedenen Fall des OLG München ging es um einen Klassiker: Der Abgemahnte hatte eine ASIN genutzt, bei denen zwei Bilder angeblich urheberrechtsverletzend waren.

Die erste Instanz, d.h. das Landgericht München, sah keine urheberrechtlichen Ansprüche weder als Täter noch als Teilnehmer.

Auch keine Störerhaftung

Ein Notnagel bei urheberrechtlichen Ansprüchen ist die sogenannte Störerhaftung. Hierbei geht es darum, dass unter Verletzung von Prüfungspflichten Rechte verletzt werden.

Auch dies hat das OLG  München abgelehnt:

“Dem steht zum einen entgegen, dass die seitens der Klägerin behauptete Rechtsverletzung in dem Zeitpunkt, als sich die Beklagte zum Zweck der Plazierung ihres Verkaufsangebotes an Amazon gewandt hat, bereits begangen war, die Beklagte somit keinen kausalen und ihr zuzurechnenden Beitrag hierzu geleistet hat.

Sie hatte weder eine Gefahrenquelle geschaffen, noch an deren Entstehung mitgewirkt.”

Prüfung hätte somit ohnehin nichts gebracht

Das OLG München führt aus:

“Selbst wenn die – über Amazon – in Erfahrung gebracht hätte, dass eine Nutzungsberechtigung im Bezug auf die öffentliche Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Lichtbilder nicht bestand und die Beklagte deswegen ihr Verkaufsangebot zurückgezogen hätte, hätte dies nicht ohne weiteres zur Folge gehabt, dass Amazon oder der Einsteller die streitgegenständlichen Abbildungen aus dem Internet entfernt hätten. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten Erfolg versprechende Möglichkeiten (in tatsächlich und/oder rechtlicher Sicht) zur Verfügung gestanden hätten, auf die Entfernung der Fotos hinzuwirken.”

Diese Einschätzung ist auf der einen Seite realistisch, auf der anderen Seite jedoch höchst unrealistisch:

Wer ein Bild bei Amazon in den Produkt-Katalog einstellt, muss gemäß den AGB versichern, dass er die entsprechenden Rechte dazu hat. Amazon kann somit gar nicht wissen, ob in den Produkt-Katalog eingestellte Bilder möglicherweise rechtsverletzend sind oder nicht. Sollte Amazon einen entsprechenden Hinweis erhalten, dass ein Bild urheberrechtsverletzend ist, wird Amazon dies vor dem Hintergrund der sehr strengen Rechtsprechung unverzüglich löschen. Anderenfalls würde Amazon selbst für die Urheberrechtsverletzung haften. Eine Rückfrage hinsichtlich der bestehenden Rechte an einem dargestellten Bild im Produkt-Katalog bei Amazon würde somit nichts bringen, solange dieses Bild tatsächlich bei Amazon im Produkt-Katalog dargestellt wird.

Die praxisnahe Ansicht des OLG München läuft somit darauf hinaus, dass der Händler sich bei der Darstellung eines Produktbildes in einer ASIN darauf verlassen kann, dass das Produktbild auch rechtlich einwandfrei eingestellt wurde.

Auch die Haftung aus dem Gesichtspunkt eines sogenannten Beauftragten sah das OLG München nicht.

Erste obergerichtliche Entscheidung

Bisher – so unsere Kenntnis – haben sich ausschließlich Landgerichte mit dieser Thematik befasst. Die nunmehr vorliegende Entscheidung des OLG München als zweite Instanz ist schon “ein wenig mehr wert”, als landgerichtliche Entscheidungen.

Vor dem Hintergrund, dass ein Amazon-Händler, der auf der Plattform handeln will, sich unter allen Umständen darauf verlassen muss, dass die vorhandene und durch ihn zwangsweise zu nutzende Artikelbeschreibung auch korrekt ist, begrüßen wir die Entscheidung des OLG München.

Stand: 25.08.2014

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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