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IDO darf nicht mehr abmahnen: Was wird aus laufenden Verfahren, Vertragsstrafenforderungen oder Unterlassungserklärungen?
Der Abmahnverein IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. gehört zu den Verbänden, von dem uns am meisten Abmahnungen vorliegen. Zudem macht der IDO auch regelmäßig Vertragsstrafen geltend. Der IDO überprüft auch Jahre später noch eine abgegebene Unterlassungserklärung und fordert dann bei einem Verstoß eine Vertragsstrafe von mehreren Tausend Euro.
Nach unserer Einschätzung nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen Abmahntätigkeit des IDO hat der Gesetzgeber das Wettbewerbsrecht (UWG) geändert. Ab dem 01.12.2021 dürfen nur noch Verbände (Abmahnvereine) abmahnen, die in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Die Liste wird durch das Bundesamt der Justiz geführt und veröffentlicht. Die Voraussetzungen für die Eintragung ergeben sich aus § 8 b Abs. 2 UWG. U. a. erfolgt eine Eintragung nur dann, wenn der Abmahnverein seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend macht, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen. Ebenfalls darf der Abmahnverein Personen, die für den Verband tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigen.
Beide Voraussetzungen, die einen Eintrag in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eigentlich ausschließen, sind nach unserer Auffassung beim IDO gegeben: Der IDO macht nach unserem Eindruck für aufgrund der vielfachen Geltendmachung von Vertragsstrafen die Ansprüche genau deshalb geltend- nämlich um Einnahmen zu erzielen. Zudem wurden – gerichtsbekannt – in der Vergangenheit sehr hohe Vergütungen, die nicht der Qualifikation entsprachen, gezahlt.
Aktuell (Stand 01.12.2021) ist der IDO nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen.
Dennoch behauptet der IDO (Stand 01.12.2021) auf seiner Internetseite fälschlicherweise, aktivlegitimiert zu sein:
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IDO ist nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen – was sind die Rechtsfolgen?
Die Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände berührt die sogenannte Aktivlegitimation, d. h. die Berechtigung eines Verbandes, um überhaupt abmahnen zu dürfen.
Da der IDO somit nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen ist, darf er ab dem 01.12.2021 auch nicht mehr wettbewerbsrechtlich abmahnen. Eine Abmahnung wäre daher unzulässig bzw. unbegründet. Dies gilt auch für Unterlassungsansprüche, die ab dem 01.12.2021 vom IDO im Wege einer einstweiligen Verfügung oder einer Klage geltend gemacht werden.
Was ist mit bereits laufenden Verfahren?
Wir haben hier bei uns in der Kanzlei eine Vielzahl von noch laufenden Unterlassungsverfahren, bei denen der IDO Internethändler auf Unterlassung verklagt hatte. Diese Verfahren befinden sich zum Teil in der II. Instanz bei den zuständigen Oberlandesgerichten, in einem Fall auch vor dem Bundesgerichtshof. Häufig geht es um die Frage, ob der IDO rechtsmissbräuchlich handelt.
Wenn die Aktivlegitimation im Laufe des Verfahrens, das nach dem 01.09.2021 rechtshängig wurde, entfällt, weil der IDO nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen wurde, können Unterlassungsansprüche auch nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden.
Nach unserer Auffassung erledigt sich dann der Rechtsstreit. Folge ist, dass es keine Entscheidung über die Unterlassungsansprüche gibt, jedoch eine Entscheidung über die Anwalts- und Gerichtskosten gem. § 91 a ZPO.
Spannend wird die Frage werden, wer in diesem Fall die Kosten des Verfahrens zu tragen hat: Der Abgemahnte, wenn die Abmahnung eigentlich berechtigt war, oder der IDO, weil das Gericht Rechtsmissbrauch annimmt oder es in der Sphäre des IDO liegt, dass dieser nicht in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen wurde? Wie die Gerichte hier entscheiden werden, bleibt abzuwarten.
Was passiert mit abgegebenen Unterlassungserklärungen und Vertragsstrafen?
Die Rechtslage halten wir für ungeklärt. Der Wegfall der Aktivlegitimation, bspw. durch eine Betriebsaufgabe ist in der Vergangenheit bereits Gegenstand der Rechtsprechung gewesen, soweit es um Unterlassungsansprüche ging. Die jetzt neue gesetzliche Regelung, dass nämlich ein Abmahnverein ganz grundsätzlich seine Aktivlegitimation verliert, ist nach unserer Kenntnis ungeklärt.
Es spricht einiges dafür, dass der Wegfall der Aktivlegitimation durch die fehlende Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände dem Abgemahnten zur Kündigung der Unterlassungserklärung berechtigt. Es spricht ferner einiges dafür, dass in diesen Fällen, selbst wenn bereits eine Vertragsstrafe durch den IDO gefordert wurde, eine Kündigung der Unterlassungserklärung möglich sein dürfte. Es wäre im Übrigen ein weiterer Kündigungsgrund. Nach unserer Auffassung kann eine Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO u. a. auch wegen Rechtsmissbrauchs gekündigt werden. Nach unserer Einschätzung wird diese Frage deshalb wichtig werden, weil der IDO, selbst wenn er nicht mehr in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen ist, wahrscheinlich versuchen wird, weiterhin Vertragsstrafen geltend zu machen.
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Stand: 01.12.2021
Es berät Sie: Rechtsanwalt Andreas Kempcke