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BGH: Internethändler, die an Streitbeilegungsverfahren teilnehmen, müssen nicht über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle informieren

Das Thema außergerichtliche Streitbeilegung ist Internethändlern dadurch bekannt, dass zwingend die Verpflichtung besteht, auf die Online-Streitbeilegungsplattform der EU hinzuweisen und darauf zu verlinken. Eine Verpflichtung für Internethändler, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen gibt es nicht. Wir raten aus verschiedenen Gründen auch davon ab.

Das Thema Streitbeilegung und damit zusammenhängende Informationspflichten ist mittlerweile auch beim Bundesgerichtshof angekommen. So hatte der BGH mit Urteil vom 21.08.2019 Az.: XIII ZR 265/18 entschieden, dass eine Erklärung einer Teilnahmebereitschaft „im Einzelfall“ nicht transparent ist und damit auch wettbewerbswidrig ist.

Nunmehr gibt es jedoch eine wirklich praxis-relevante Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus einem Urteil ebenfalls vom 21.08.2019 Az.: XIII ZR 265/18:

Muss ein Internethändler, der freiwillig an einem Streitbeilegungsverfahren teilnimmt über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle informieren?

Gesetzliche Vorgaben hierzu finden sich in § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG).

Unternehmen, die eine Webseite unterhalten oder AGB verwenden müssen, wenn sie am 31.12. des Vorjahres mehr als 10 Personen beschäftigt haben informieren über

  1. inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und
  2. die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.

Zunächst gilt: Eine Verpflichtung von Internethändlern, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen gibt es nicht. Jegliche Teilnahme ist somit freiwillig. Wenn ein Internethändler bereit ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, stellt sich jedoch die Frage, ob er dann verpflichtet ist, die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (ab dem 01.01.2020 übrigens die Universalschlichtungsstelle).

Bereitschaft = Verpflichtung?

Der BGH hat sich § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG genau angesehen:

Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG muss nur dann auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hingewiesen werden, wenn der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren sich verpflichtet hat oder rechtlich verpflichtet ist.

Der Beklagte in dem BGH-Verfahren hatte in den AGB darüber informiert, dass das Unternehmen zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren nicht verpflichtet sei. Es hieß dann in den AGB „Dennoch sind wir zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle grundsätzlich bereit.“

Die Information, dass der Internethändler zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren nicht verpflichtet ist, ist zutreffend. Es gab somit seitens des Händlers eine (freiwillige) Bereitschaft, an diesem Verfahren teilzunehmen. Wer sich jedoch nur freiwillig bereit erklärt ist nicht rechtlich verpflichtet. In diesem Fall, so der BGH besteht auch keine Verpflichtung, ob die zuständige Schlichtungsstelle hinzuweisen. Der BGH unterscheidet insofern zwischen „Teilnahme bereit“ und „Teilnahme verpflichtet“.

Besteht lediglich eine Bereitschaft, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, gibt es somit keine weiteren Informationspflichten zur Schlichtungsstelle. Aus einer entsprechenden Erklärung in den AGB würde sich zudem auch keine „vertragliche Verpflichtung“ ergeben. Dies wurde durch den Händler deshalb nicht zum Problem, weil er in den AGB vorher erläutert hatte, dass er nicht verpflichtet sei, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen.

Nur Nachteile bei einer Teilnahme bei einem Streitbeilegungsverfahren

Nach unserer Auffassung macht die Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle für Internethändler schlichtweg überhaupt keinen Sinn. Die jüngste BGH Rechtsprechung verdeutlicht, dass ein Internethändler sich zudem darüber hinaus erhebliche Probleme einfangen kann, wenn er in irgendeiner Form die freiwillige Bereitschaft zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren erklärt. Entweder passt einem Abmahnverein die entsprechende Informationsklausel nicht oder es wird eine angeblich unvollständige Information durch Schlichtungsstelle abgemahnt. Die Fälle sind ein schönes Beispiel, wie im Wettbewerbsrecht dem Willen eines Anbieters zum Verbraucherschutz abstraft.

Die entsprechende Information, zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren weder bereit noch verpflichtet zu sein, ist daher eine sowohl rechtssichere wie auch finanziell sinnvolle Lösung. In der Praxis hat dies im Übrigen nach unserer Auffassung nichts damit zu tun, dass Verbraucherrechte eingeschränkt werden.

Stand: 21.11.2019

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard