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Außer Spesen nichts gewesen?

Warum für Internethändler ein Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle keinen Sinn macht.

Internethändler treffen umfangreiche Informationspflichten, insbesondere ab dem 01.02.2017 bei Streitigkeiten mit einem Verbraucher.Seit dem 09.01.2016 ist allen Internethändlern die Verpflichtung bekannt, auf die Online-Streitbeilegungsplattform der EU (OS-Plattform) zu verlinken. Die OS-Plattform dient – vereinfacht gesagt – zur Vermittlung des Streits an eine zuständige Streitbeilegungsstelle. Weitergehende Verpflichtungen ergeben sich im deutschen Recht aus dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG). Hierzu gehören insbesondere die Verpflichtung von Unternehmen, die mehr als 10 Beschäftigte haben, gemäß § 36 VSBG Verbraucher darüber zu informieren, inwieweit der Unternehmer bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Eine absolut sinnfreie weitere Informationspflicht gilt für alle Internethändler, unabhängig von der Betriebsgröße, wenn ein Streit mit einem Verbraucher nicht beigelegt werden kann.

Wir beraten ausschließlich Internethändler und werden öfters gefragt, ob es sinnvoll ist, Verbrauchern die Möglichkeit an einem Streitbeilegungsverfahren zu eröffnen.

Wir halten es nicht für sinnvoll, weder bei eBay, noch bei Amazon oder dem eigenen Internetshop.

Keine Pflicht

Zunächst einmal: Eine gesetzliche Verpflichtung für Internethändler im Falle eines nicht gelösten Konfliktes mit einem Verbraucher, sich auf ein Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle einzulassen, gibt es nicht. Dies ist in einigen Branchen, wie bspw. der Energiewirtschaft, durchaus anders.

Nach unserer Auffassung gibt es schlichtweg keinen Grund für Internethändler, freiwillig an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und zwar aus folgenden Gründen:

1. Die Kosten

Eine für Internethändler mögliche Verbraucherschlichtungsstelle ist das Zentrum für Schlichtung e. V. in Kehl am Rhein. Diese allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle informiert auf ihrer Internetseite u. a. über die Kosten. Diese betragen wie folgt:

•    50 Euro       bei Streitwerten bis einschließlich 100 Euro,
•    75 Euro       bei Streitwerten von 100,01 Euro bis einschließlich 200 Euro,
•    150 Euro     bei Streitwerten von 200,01 Euro bis einschließlich 500 Euro,
•    300 Euro     bei Streitwerten von 500,01 Euro bis einschließlich 2.000 Euro,
•    380 Euro     bei Streitwerten von 2000,01 Euro bis einschließlich 5.000 Euro,
•    600 Euro     bei Streitwerten von über 5.000 Euro.

Diese Kosten sind durch den Unternehmer (Internethändler) zu zahlen, soweit sich der Unternehmer bereit erklärt, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Die Zahlungspflicht entfällt nicht dadurch, dass der Unternehmer das Verfahren später nicht fortsetzen will.

Der Verbraucher muss nur dann zahlen, wenn die eingeleitete Streitschlichtung als missbräuchlich anzusehen ist. In diesem Fall hat der Verbraucher 30,00 Euro zu zahlen. Nach unserem Eindruck bleibt es in diesem Fall dennoch bei den Kosten, die beim Unternehmer anfallen.

Ein Blick auf die Kosten macht bereits deutlich, dass eine Streitschlichtung für den Unternehmer keinen Sinn macht, da diese Kosten auf jeden Fall bei ihm anfallen.

2. Schlichtung ist immer Kompromiss

Nach unserer langjährigen Praxiserfahrung sind Internethändler mehr als kulant, wenn es einen Konflikt mit einem Verbraucher gibt. Ziel einer Schlichtung ist in der Regel immer ein Kompromiss in irgendeiner Form. Wir halten es für eher unwahrscheinlich, dass eine Schlichtungsstelle, die gehalten ist, einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, Ansprüche des Verbrauchers von vornherein ablehnt, wenn diese unberechtigt sind. Nach unserer Vermutung wird es somit immer einen Schlichtungsvorschlag – womöglich unabhängig von der tatsächlichen Rechtslage – zu Lasten des Unternehmers geben, selbst wenn der Verbraucher nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

3. Internethändler haben ohnehin viele Nachteile durch den Käuferschutz

Bereits jetzt sehen sich Internethändler erheblichen Rechtsnachteilen, bspw. durch den eBay-Käuferschutz oder dem PayPal-Käuferschutz ausgesetzt. Aus Berichten unserer Mandanten wissen wir, dass der PayPal-Käuferschutz oftmals ohne Rechtsgrundlage gegen den Händler entscheidet und ohne Rechtsgrundlage Gelder zurückerstattet, sobald eine Verbraucherbeschwerde bzw. ein Käuferschutzverfahren bspw. über PayPal eingeleitet wird. Auch eine Plattform wie Amazon entscheidet in der Regel zu Gunsten des Verbrauchers.

4. Weitere Kosten und gerichtliches Verfahren nicht ausgeschlossen

Wenn eine Streitschlichtung vor einer Verbraucherschlichtungsstelle nicht erfolgreich ist, weil bspw. der Verbraucher oder der Händler den Schlichtungsvorschlag nicht akzeptiert, bleiben beim Händler zunächst einmal die Kosten des Verfahrens hängen und zwar ohne Wenn und Aber.

Wenn der Verbraucher nach Scheitern der Verbraucherschlichtung, was ihm unbenommen ist, einen Rechtsanwalt einschaltet, entstehen dem Internethändler unter Umständen weitere Kosten. Der Verbraucher kann ferner seine behaupteten Ansprüche gerichtlich durchsetzen, was wiederrum mit weiteren Verfahrenskosten für den Händler verbunden ist (wenn er das Verfahren verliert). Den Zwischenschritt Verbraucherschlichtungsstelle kann man sich nach unserer Auffassung aus diesem Grund auch ersparen.

Fazit

Das, was uns in erster Linie an der prinzipiell guten Idee der Verbraucherschlichtung für Internethändler stört, sind die unangemessen hohen Kosten. Es ist klar, dass auch eine Verbraucherschlichtungsstelle in irgendeiner Form kostendeckend arbeiten muss. Im Endergebnis hat dies jedoch zur Folge, dass eine Verbraucherschlichtung mit Verbraucherschlichtung über eine Streitbeilegungsstelle für Internethändler als freiwilliges Angebot gegenüber seinen Kunden keinen Sinn macht.

Besser: Konflikte mit Verbrauchern vermeiden

Nach unserer Einschätzung kommt es bei der Frage, ob es ernsthafte Konflikte mit Verbrauchern gibt, auch immer auf das Beschwerdemanagement beim entsprechenden Internethändler an. Wer kundenorientiert mit Verbrauchern, die ein Problem haben, kommuniziert, findet nach unserem Eindruck als Internethändler oftmals eine vernünftige Lösung. Vor Gericht werden nach unserem Eindruck nur die Fälle verhandelt, die tatsächlich ziemlich komplex sind, oder bei denen, so ebenfalls unser Eindruck, der Verbraucher Ansprüche geltend macht, die ihm nicht zustehen.

Stand: 06.01.2017

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

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