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Kein Auskunftsanspruch gegen den Internet-Provider bei Urheberrechtsverletzungen
durch Dritte bei Musiktauschbörsen (OLG Frankfurt vom 25.01.2005)
Ein Internet-Access-Provider ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Namen und die Anschrift eines Internetnutzers mitzuteilen, der im Internet Musikdateien zum Herunterladen anbietet und dadurch Urheber- oder sonstige Rechte Dritter verletzt.
Ein Provider hatte dem Betreiber eines Servers, auf dem Musikdateien zum sog. Download bereitgestellt wurden, den Internetzugang vermittelt. Die klagende Tonträgerherstellerin, die Rechte an einigen dieser Musiktitel beansprucht, verlangte deshalb Auskunft über den Namen und die Anschrift des unbekannten Anbieters.
Zwar besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg gegen den, der das Recht des Urhebers durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken verletzt (§ 101 a Abs. 1 Urhebergesetz). Die auf das sog. Produktpirateriegesetz zurückgehende Bestimmung erfasst nach ihrem Wortlaut aber nur die Herstellung und Verbreitung körperlicher Vervielfältigungsstücke. Ob sie auf die urheberrechtswidrige Verbreitung von Musiktiteln oder anderer urheberrechtlich geschützter Werke im Internet entsprechend angewendet werden kann, ist bislang umstritten.
Der für das Urheberrecht zuständige 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat den Antrag auf Auskunft heute zurückgewiesen. Entscheidend war für den Senat, dass Access-Provider nur die technischen Voraussetzungen für die Durchleitung von Informationen schaffen, ohne von deren Inhalten Kenntnis zu haben. Auch von Überprüfungspflichten sind sie deshalb weitgehend freigestellt (§§ 9 Abs. 1, 8 Abs. 2 Teledienstegesetz). Zwar ist ein Provider verpflichtet, den Zugang zu sperren, sobald er von rechtswidrigen Inhalten Kenntnis erlangt. Auskunft über Dritte, die den von ihm vermittelten Internetzugang für urheberrechtsverletzende Angebote nutzen, muss er nach der heutigen Entscheidung jedoch nicht erteilen, weil er weder selbst Urheberrechte verletze noch Gehilfe des Verletzers sei.
Die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene Entscheidung ist rechtskräftig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 11. Zivilsenat, Urteil vom 25.01.2005 – 11 U 51/04
Quelle: Pressemeldung des OLG Frankfurt
Anmerkung von Rechtsanwalt Richard: Die Staatsanwaltschaft bekommt selbstverständlich die erforderlichen Daten, die betroffenen Firmen in Rahmen einer Akteneinsicht auch.
Weiterführende Links:
Um diese Gesetze ging es:
§ 101 a UrhG Anspruch auf Auskunft hinsichtlich Dritter
(1) Wer im geschäftlichen Verkehr durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken
das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht verletzt,
kann vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg dieser
Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass dies im Einzelfall
unverhältnismäßig ist.
(2) Der nach Absatz 1 zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift
des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer er Vervielfältigungsstücke, des
gewerblichen Abnehmers oder Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten,
erhaltenen oder bestellten Vervielfältigungsstücke.
(3) In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann die Verpflichtung zur Erteilung der Auskunft
im Wege der einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung angeordnet
werden.
§ 8 TDG Allgemeine Grundsätze
(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den
allgemeinen Gesetzen verantwortlich.
(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 9 bis 11 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten
oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine
rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung
von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit
des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 85
des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.
Es folgt die Entscheidung im Volltext.
11 U 51/04
2/3 O 297/04
Landgericht Frankfurt
Verkündet laut Protokoll
am 25.01.2005
Mikschy Justizangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Verfügungsbeklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
gegen
Antragstellerin und Berufungsbeklagten,
Prozessbevollmächtigte:
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hucke und die Richter am Oberlandesgericht
Dr. Weber und Falk aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2004
f ü r R e c h t e r k a n n t:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil
des Landgerichts
Frankfurt am Main – 3. Zivilkammer – vom 05.08.2004 abgeändert.
Der Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 07.06.2004 wird
aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits
Das Urteil ist rechtskräftig.
G r ü n d e:
I.
Die Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin) nimmt die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte)
im Wege der einstweiligen Verfügung auf Auskunft gemäß § 101 a Abs. 1 und 3
UrhG in Anspruch. Die Klägerin ist ein großes deutsches Tonträgerunternehmen. Die
Beklagte betätigt sich als Internetprovider.
Die Beklagte stellt einen ihrer Breitband-Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge einem
Nutzer zur Verfügung, der einen ftp-Server unter der Internetadresse …
betreibt und dort mp3-Musikdateien zum Download zur Verfügung stellt, ohne dazu berechtigt
zu sein.
Der Download einer solchen Musikdatei erfolgt dergestalt, dass zunächst zwischen dem
ftp-Server und dem Internet eine Verbindung hergestellt wird, indem der Kunde sich
gegenüber der Beklagten durch seine Benutzerkennung identifiziert und ihm dann durch
die Beklagte automatisch eine individuelle Kennung, die sog. IP-Nummer, zugeteilt
wird. Die Verbindung zwischen dem ftp-Server und einem Suchenden erfolgt dergestalt,
dass der Suchende durch Eingabe der entsprechenden Verbindungsdaten eine
unmittelbare Verbindung zwischen dem ftp-Server und seinem Computer herstellt, um
auf die auf dem ftp-Server abgespeicherten Daten zugreifen und diese herunterladen
zu können. Eine Zwischenspeicherung durch die Beklagte findet nicht statt.
Die Klägerin, die behauptet, auf dem ftp-Server würden auch solche Musiktitel zum
Download bereitgestellt, an denen sie die Tonträgerherstellerrechte besitze, hat mit
Schreiben vom 13.05.2004 Auskunft über die Identität des Nutzers gefordert. Die Beklagte
hat eine Auskunftserteilung mit Schreiben vom 21.05.2004 unter Hinweis auf
das bestehende Datenschutzrecht abgelehnt.
Das Landgericht hat der Beklagten durch einstweilige Verfügung vom 7.6.2004 aufgegeben,
der Klägerin Name und Anschrift des unbekannten Nutzers mitzuteilen. Auf den
Widerspruch der Beklagten hat es den Beschluss mit Urteil vom 5.8.2004 im Wesentlichen
bestätigt. Es hat gemeint, § 101 a UrhG sei auf Auskunftsansprüche wegen Urhe6
berrechtsverletzungen durch unkörperliche Vervielfältigungsstücke wie mp3-Dateien
jedenfalls entsprechend anwendbar. Die Beklagte hafte als Störer, weil sie einen adäquat-
kausalen Beitrag zu der Verletzungshandlung, die in dem Angebot zum Download
der Musiktitel liege, geleistet habe. Die für Internetprovider durch das Teledienstegesetz
(TDG) in bestimmten Situationen eröffneten Haftungsprivilegien stünden dem Auskunftsanspruch
nicht entgegen. Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf das
Urteil vom 5.8.2004 Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Beklagten.
Sie hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung schon für unzulässig, weil
eine missbräuchliche Prozessführungsbefugnis aufgrund Mehrfachverfolgung vorliege.
Im Übrigen fehle es sowohl an einem Verfügungsgrund als auch an einem Verfügungsanspruch.
Die Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin. Die vorgelegte
eidesstattliche Versicherung ihres Justitiars sei nicht geeignet, die erforderliche Rechtekette
glaubhaft zu machen, weil sie sich in einer bloßen Aufzählung der angeblich erworbenen
Rechte erschöpfe. Die Beklagte bestreitet auch, dass es sich bei den in Rede
stehenden, zum Download angebotenen Dateien um die streitgegenständlichen Musiktitel
handele.
§ 101 a UrhG sei, so meint die Beklagte, weder direkt noch analog anwendbar.
Sie sei als Accessprovider kein Rechteverletzer im Sinne von § 101 a UrhG. Die Haftungsprivilegierung
gem. § 9 TDG schließe einen Anspruch gem. § 101 a UrhG gegen
sie im Übrigen von vornherein aus. Die Erzwingung der Auskunftserteilung sei unverhältnismäßig.
Der begehrten Auskunftserteilung stünden im Übrigen das Fernmeldegeheimnis
sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen.
Die Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main
vom 5. August 2004 sowie die einstweilige Verfügung
vom 7. Juni 2004 (Az. 2/3 O 297/04) werden
aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
vom 3. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält die Beklagte als Verletzerin im Sinne von § 101 a UrhG für zur Auskunftserteilung
verpflichtet. § 101 a UrhG sei auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke
direkt, jedenfalls aber entsprechend anwendbar. Für den Auskunftsanspruch sei weder
Verschulden noch Rechtswidrigkeit erforderlich. Ein Diensteanbieter, der auf eine klare
Rechtsverletzung hingewiesen werde, sei verpflichtet, das konkrete Angebot zu sperren
und Vorsorge dafür zu treffen, dass es nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen
komme. § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG stelle klar, dass die Beklagte unabhängig von ihrer Verantwortlichkeit
nach den §§ 9 – 11 TDG nach den allgemeinen Gesetzen immer und in
jedem Fall zur Entfernung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte und damit erst recht zur
Auskunftserteilung verpflichtet sei. Sämtliche von dem illegalen ftp -Server verwendeten
IP -Nummern stammten von der Beklagten, die die einzige Verbindung des Servers
mit dem Internet herstelle und deshalb funktional als Host-Provider tätig sei. Auf eine
Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG könne sich die Beklagte nicht berufen. Für die
Abgrenzung zwischen einem Host- und einem Access-Provider komme es allein auf die
technische Herrschaftsmacht an. Der Beklagten sei es möglich und zumutbar, den Zugang
zu diesem Inhalt wirksam zu kontrollieren und zu sperren. Da die Beklagte die
erforderliche Kenntnis habe, aber der Zugang zu den fraglichen Inhalten bis heute nicht
gesperrt sei, hafte sie voll gem. § 11 TDG. Eine Einschränkung der Störerhaftung komme
nicht in Betracht. Die Beklagte liefere nicht lediglich einen relativ kleinen Beitrag zur
Verletzungshandlung. Sie nutze die illegale Nutzung ihrer Hochgeschwindigkeitszugänge
vielmehr zur Steigerung ihrer eigenen Umsätze, wie ihre Werbung mit der Möglichkeit
des Herunterladens von Musik zeige. Da die von der Beklagten bereit gestellten
Zugänge mit deren Wissen und Wollen zu einem erheblichen Teil zu illegalen Zwecken
genutzt würden, nehme sie die Rechtsverletzungen ihrer Kunden zumindest billigend in
Kauf und handele bedingt vorsätzlich. Auf die Verletzung von Prüfungspflichten komme
es daher nicht an. Für die Passivlegitimation der Beklagten im Sinne von § 101 a UrhG
genüge allein die tatsächliche Beteiligung an der allein maßgeblichen Rechtsverletzung
des Betreibers des ftp -Servers.
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Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der vom Landgericht erlassenen
einstweiligen Verfügung und zur Zurückweisung des Eilantrags.
Der Klägerin steht kein Auskunftsanspruch gemäß § 101 a Abs.1 und 3 UrhG gegen
die Beklagte zu.
1. ) Allerdings scheitert der Antrag nicht bereits – wie die Beklagte meint – an der fehlenden
Zulässigkeit wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung.
Die missbräuchliche Ausnutzung einer an sich bestehenden Klagebefugnis ist ein Ausnahmetatbestand,
an dessen Vorliegen hohe Anforderungen zu stellen sind. Dass die
Klägerin Mitglied der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) ist
und auch andere Mitglieder in vergleichbaren Fällen wegen Auskunftserteilung gem. §
101 a UrhG gegen die Beklagte vorgehen, macht das Auskunftsersuchen der Klägerin
nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin verfolgt einen eigenen Anspruch, wozu sie
grundsätzlich berechtigt ist, ohne dass ihr die Mitgliedschaft in einer Vereinigung entgegengehalten
werden kann. Sie verfolgt auch nicht etwa in erster Linie ein Gebühreninteresse
oder bezweckt absichtlich eine Schädigung oder Behinderung der Beklagten. Die
Klägerin hat erkennbar ein ernsthaftes Rechtsschutzinteresse an der Durchsetzung des
Auskunftsanspruchs, da ihr erhebliche Schäden durch Verletzungshandlungen entstehen
können und sie bei Kenntnis des Verletzers unmittelbar gegen diesen vorgehen
könnte. Angesichts der als offen zu bezeichnenden Rechtslage wäre es auch nicht zu
beanstanden, wenn andere Mitglieder der IFPI, die an einer Klärung der Rechtslage
ebenfalls interessiert sind, hierzu Anträge bei verschiedenen Gerichten eingereicht haben.
2.) Ob die Klägerin einen Verfügungsgrund und ihre Berechtigung als Tonträgerhersteller
an den hier in Rede stehenden Musiktiteln ausreichend glaubhaft gemacht hat, kann
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der Senat offen lassen. Denn jedenfalls fehlt es an einem Verfügungsanspruch der
Klägerin.
3.) Gem. § 101 a UrhG kann, wer durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken
das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes
Recht verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den
Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen werden.
Ob § 101 a UrhG bei der Herstellung unkörperlicher Vervielfältigungsstücke zumindest
entsprechend anzuwenden ist ( hierzu etwa Dreier/Schulze, UrhG, § 101 a Rn. 7 mwN )
kann für die Entscheidung dieses Verfahrens dahingestellt bleiben, weil die Beklagte
jedenfalls nicht passivlegitimiert ist.
Auch wenn § 101 a UrhG unmittelbar oder mittelbar auf unkörperliche Vervielfältigungstücke
anwendbar wäre und sich der Auskunftsanspruch aus § 101 a UrhG gegebenenfalls
auf Verletzungshandlungen nach § 19 a UrhG erstrecken würde ( so Dreier/
Schulze a.a.O.Rn. 7) erfüllt die Beklagte vorliegend die Merkmale einer Verletzungshandlung
nach diesen Bestimmungen nicht.
Zur Auskunft verpflichtet ist nach § 101 a UrhG nur, wer ein fremdes Urheber- oder
Leistungsschutzrecht verletzt. Verletzer ist, wer die Rechtsverletzung als Täter entweder
selbst adäquat-kausal begeht oder daran als Teilnehmer (Anstifter, Gehilfe) beteiligt
ist. Täter ist darüber hinaus derjenige, der eine unbefugte Nutzungshandlung zwar nicht
selbst vorgenommen hat, dem diese jedoch als eigene zugerechnet wird, weil er sie
veranlasst hat ( Dreier/Schulze aaO. § 97 Rn. 23 ). Die Verletzung setzt tatbestandsmäßiges
Verhalten und Rechtswidrigkeit voraus ( Loewenheim/Vinck, Handbuch des
Urheberrechts, §81 Rn. 14; Dreier/Schulze aaO. Rn. 6).
Ersichtlich stellt die Beklagte weder Vervielfältigungsstücke her, noch bietet sie solche
an, bringt sie in den Verkehr oder macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Als Access-
Provider stellt die Beklagte – unstreitig – lediglich Verbindungen zu einem Kommunikationsnetz
her und macht das Werk damit nicht selbst zugänglich ( Kitz, GRUR 03, 1014,
1015). Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die Beklagte selbst als Täter in Betracht
kommt.
Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten
scheidet aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest
einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen
muss (BGHZ 148, 13 – Ambiente.de ). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die
Beklagte bis zum Auskunftsverlangen der Klägerin überhaupt Kenntnis von der illegalen
Nutzung des Servers hatte.
In Betracht kommt daher in erster Linie – wie das Landgericht im Ansatz zutreffend
gemeint hat -, eine mögliche Haftung der Beklagten als Störer. Wer – ohne Täter oder
Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung
eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung
auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGHZ 148, 13, 17 – Ambiente.
de; BGH GRUR 02, 618 – Meissner Dekor).
Zwar setzt – wie schon das Landgericht ausgeführt hat, – die Haftung als Störer nach
der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfungspflichten
voraus, damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt wird, die
nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Eine derartige
Prüfungs- bzw. Kontrollpflicht könnte die Beklagte hier aber ab dem Zeitpunkt der Abmahnung
durch die Klägerin und der Kenntniserlangung von der Übermittlung urheberechtsverletzender
Inhalte haben.
Als Access-Provider ist die Beklagte allerdings gem. § 9 Abs. 1 TDG für fremde Informationen
grundsätzlich nicht verantwortlich (Spindler/Schmitz/Geis, TDG, § 9 Rn. 14
m.w.N.) und nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen
zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen ( § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen
eröffnende Access-Provider haftet nicht, wenn er die
Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten
Informationen weder ausgewählt noch verändert hat ( Wandtke/Bullinger/v.Wolf, UrhR,
§ 97 Rn. 24; Schricker/Wild, UrhR 2. Aufl. §97 Rn. 40 f ). Unberührt von dieser Privilegierung
der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt der Access-Provider gemäß §
8 Abs. 2 Satz 2 TDG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen
nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet, wenn er Kenntnis erlangt hat. Insoweit
besteht ab Kenntniserlangung die verschuldensunabhängige Störerhaftung, die einfa11
che positive Kenntnis vom Verstoß voraussetzt (Spindler a.a.O., § 9 Rn. 34
m.w.N.; v. Wolf aaO. Rn. 26; ).
Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung begründet indes lediglich einen
Unterlassungsanspruch, aber keine Schadensersatz- und Auskunftsansprüche (BGH
WRP 04, 1287, 1292 – Internet-Versteigerung; BGH GRUR 02, 618 – Meissner Dekor
m.w.N.). Die Störerhaftung findet ihre Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in der
Regelung über die Besitz- und die Eigentumsstörung in § 862 und § 1004 BGB und
vermittelt daher nur Abwehransprüche (BGH a.a.O. m.w.N.).
Für den gesetzlich geregelten Anspruch auf Drittauskunft (§§ 19 Markengesetz, 101 a
UrhG) gilt nichts anderes. Es handelt sich zwar um einen selbständigen, nicht akzessorischen
Anspruch, der nicht auf die Ermittlung des Anspruchsinhalts gegenüber dem auf
Auskunft in Anspruch genommenen Verletzer gerichtet ist, sondern von diesem Informationen
zur Vorbereitung des Vorgehens gegen Dritte in Erfahrung zu bringen sucht.
Der Anspruch soll dem Verletzten die Aufdeckung und damit letztlich die Trockenlegung
der Quellen und Vertriebswege der bei einem Verletzer aufgefundenen schutzrechtsverletzenden
Ware ermöglichen (Dreier/Schulze a.a.O. § 101 a Rn. 1). Er unterscheidet
sich von einem allgemeinen, auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch vor allem
dadurch, dass es nicht auf ein Verschulden des Auskunftspflichtigen ankommt. Es handelt
sich aber letztlich ungeachtet dieser Besonderheiten um die gesetzlich modifizierte
Form des allgemeinen aus § 242 BGB herzuleitenden Auskunftsanspruch. Das gilt insbesondere
vom Kreis der Auskunftspflichtigen.
Der Auskunftsanspruch gem. § 101 a Abs. 1 UrhG richtet sich ausdrücklich nur gegen
den Verletzer, also denjenigen, der als Täter oder Teilnehmer am rechtswidrigen Eingriff
in ein fremdes Urheberrecht beteiligt ist. Deshalb kommt auch ein Anspruch auf
Drittauskunft gegenüber einem Störer nicht in Betracht, denn der Störer haftet
( nur ) auf Unterlassung, ohne selbst Verletzer zu sein (Dreier/Schulze a.a.O. § 97 Rn.
33; zum Auskunftsanspruch gem. § 19 MarkG vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz § 19
Rn. 10 und vor §§ 14 -19 Rn. 21 ff ).
Dieses Ergebnis stimmt nach Auffassung des Senats auch mit der in §§ 9 ff TDG zum
Ausdruck kommenden Privilegierung der Internet Provider und insb. der Access –
Provider überein, die von einer Haftung für fremde Inhalte weitgehend freigestellt wer12
den sollen. Insoweit unterscheidet sich die tatsächliche und rechtliche Situation des
Internet Providers erkennbar von dem Kreis der Auskunftspflichtigen, die § 101 a UrhG
in erster Linie erfassen will. Durch die Herstellung oder Vervielfältigung körperlicher
Werkstücke besteht eine unmittelbare Beziehung des Verletzers zum Verletzungsgegenstand.
Auch der Besitzer derartiger unberechtigt produzierter Vervielfältigungsstücke
– meist ein Händler – kommt als Glied der Vertriebskette und innerhalb des Vertriebswegs
unmittelbar mit dem Verletzungsgegenstand in Berührung, weshalb ihm
eine Auskunft über den Vertriebsweg nach der Entscheidung des Getzgebers grundsätzlich
zumutbar ist. Eine vergleichbare Sachnähe besteht bei der bloßen Durchleitung
von Informationen zwischen dem Access-Provider und dem illegalen Nutzer eines Servers
nicht, was durchaus schon gegen eine entsprechende Anwendung des § 101 a
UrhG sprechen könnte.
4.) Dass sich die Beklagte vorsätzlich zur Steigerung ihres Umsatzes an den illegalen
Musikangeboten beteiligt und deshalb als Teilnehmer haftet, lässt sich allein anhand
ihrer Werbung nicht feststellen. Im Hinblick auf die generelle Haftungsprivilegierung wären
an die Feststellung eines vorsätzlich rechtswidrigen Handelns eines Access-
Providers strenge Anforderungen zu stellen. Ob eine Gehilfenstellung des Host Providers
in Betracht zu ziehen wäre, wenn die Pflichten, die sich aus der Stellung als Störer
ergeben, nachhaltig verletzt werden, hat der BGH in der erwähnten Entscheidung (Internet-
Versteigerung a.a.O.) offengelassen. Hinreichende , Anhaltspunkte, die es rechtfertigen
könnten, von einer nachhaltigen Verletzung auszugehen, sind auch hier nicht
ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Beklagte sich geweigert hat, gegenüber
der Klägerin Auskunft zu erteilen. Die Beklagte ist bisher – soweit ersichtlich auch außergerichtlich – nicht zur Sperrung aufgefordert worden. Dass sie bislang eine Sperrung
nicht von sich aus vorgenommen hat, lässt noch nicht auf eine nachhaltige Verletzung
ihrer Prüfungspflichten schließen.
5.) Jedenfalls kann unter diesen Umständen nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung
im Sinne von § 101 a Abs. 3 UrhG ausgegangen werden, zumal die Voraussetzungen,
unter denen aus einer Störerhaftung des Access-Providers eine Gehilfenstellung
erwachsen könnte, von der Rechtsprechung bislang noch weitgehend ungeklärt
sind.
Die Klägerin ist durch die Ablehnung eines Auskunftsanspruchs nicht rechtsschutzlos.
Sie hätte ohne weiteres im Wege des Eilverfahrens einen Unterlassungsantrag geltend
machen können, der bei Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen gegen
die Beklagte als Störer voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Auch unter diesem Gesichtspunkt
erscheint dem Senat die analoge Anwendung des § 101 a UrhG auf Fälle
der hier zu beurteilenden Art jedenfalls zweifelhaft.
6. ) Da die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung im Wege der einstweiligen
Verfügung nicht gegeben sind, war die einstweilige Verfügung vom 07.06.2004 aufzuheben
und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.
Die Kosten des Eilverfahrens hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91
Abs. 1 ZPO).
Hucke Falk Dr. Weber
Quelle: Pressemeldung des OLG Frankfurt (http://www.olg-frankfurt.justiz.hessen.de/C1256BA70030E5C7/vwContentByKey/W268YLEY157JUSZDE/$File/2005-01-25_Kein%20Auskunftsanspruch%20gegen%20den%20Internet-Provider.pdf)
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