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Preisparität bei Amazon: Bundeskartellamt geht auch gegen Amazon-Händler vor

Die Preisparität bei Amazon bedeutet, dass Händler, die über Amazon verkaufen ihre Ware nicht über andere Internetvertriebswege billiger als bei Amazon anbieten dürfen. Das Bundeskartellamt hatte daraufhin gegen Amazon Ermittlungen eingeleitet. Am 27.08.2013 hatte das Bundeskartellamt mitgeteilt, dass Amazon angekündigt hat, die Preisparität nicht mehr durchzusetzen. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, wird zitiert mit den Worten “Das Bundeskartellamt bewertet derzeit, ob die Maßnahmen nach Form, Inhalt und Umfang ausreichen, das Verfahren gegen Amazon insoweit zu erledigen. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass das Unternehmen von der Preisparität entgültig Abstand nimmt und auch nach den Umständen keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. All dies ist derzeit noch Gegenstand unserer Prüfung.”

Geht das Bundeskartellamt jetzt direkt gegen Amazon-Händler vor?

Uns liegt ein aktuelles Schreiben des Bundeskartellamtes, gerichtet an einen Amazon-Händler, vor, aus dem sich ergibt, dass Amazon nunmehr wohl auch gegen Händler vorgeht. Das Bundeskartellamt teilt mit, dass das Verfahren, welches zunächst nur gegen Amazon geführt wurde, nunmehr auch sich auf den Händler als Merchants @ Amazon-Vertragspartner erstreckt. Es geht wohl speziell um Händler, die einen sogenannten Platin-Status haben. Es handelt sich hiebei wohl um die höchste Stufe, die man auf der Amazon-Skala erreichen kann. Abhängig ist dies wohl vom Umsatz, wie auch von den Kundenkritiken sowie von weiteren Kriterien, die das Geheimnis von Amazon bleiben.

Das Bundeskartellamt hat in dem uns vorliegenden Fall die kartellrechtlichen Ermittlungen ausdrücklich auf den Händler bei Amazon erweitert. Behauptet wird eine sogenannte horizontale Preisabsprache, zu der sich der Platin-Händler bei Amazon durch einen entsprechenden Vertrag mit Amazon gegenüber (!) verpflichtet hatte.

Dieses sollte nach Ansicht des Bundeskartellamtes dadurch erfolgen, dass der Platin-Händler bei Amazon mit Amazon ein Merchants @ Amazon Agreement geschlossen hat, welches die fragliche Preisparitätsklausel enthält.

Warum dieses Verfahren, wo Amazon doch auf die Preisparität verzichtet?

In dem Schreiben uns vorliegenden Schreiben des Bundeskartellamtes heißt es:

“Zwar hat Amazon zwischenzeitlich im laufenden Verwaltungsverfahren der Beschlussabteilung eine Änderung der AGB für Basis-Händler und der Standard-Verträge für Powerseller Silber vorgenommen, so wurde dort die Preisparität zum 20.August (Silber-Händler) bzw. 29.August.2013 (Basis-Händler) gestrichen.

Eine Änderung des Merchants @ Amazon Agreements ist nicht erfolgt.

Verzicht von Amazon nicht ausreichend?

Amazon hatte zwar Ende August 2013 an Händler mitgeteilt, dass die Preisparität mit Wirkung vom 30.08.2013 nicht länger durchgesetzt wird.

Ferner hatte Amazon mitgeteilt, dass im Falle der zukünftigen Erneuerung des Vertrages Amazon die entsprechende Vertragsklausel entfernen werde.

Die Merchants @ Amazon Agreement bedürften (wohl nach Ansicht von Amazon) einer einvernehmlichen Änderung. Es werde von der einseitigen Verzichtsmöglichkeit gemäß Ziff. 11 Punkt 7 des Vertrages Gebrauch gemacht. Amazon plane die Entfernung der Preisparitätsklausel innerhalb der nächsten 15 Monate.

Das Bundeskartellamt sieht jedoch in dieser einseitigen Erklärung von Amazon keine endgültige Aufgabe der Preisparität im Marketplace, die die Wettbewerbsbeschränkung beseitigen würde. Eine solche kann nach Ansicht des Bundeskartellamtes nur angenommen werden, wenn beide Vertragsparteien endgültig und freiwillig von der Vereinbarung Abstand nehmen und auch nach den Umständen eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben ist.

Punkt 11.7. der Merchants @ Amazon Agreement-Regelungen lautet:

11.7. kein Verzicht. Jeglicher Verzicht einer Vertragspartei auf eigene Rechte oder Verpflichtungen der anderen Vertragspartei aus diesem Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit der Schriftform und der Unterschrift der den Verzicht erklärenden Vertragspartei. Für den Fall, dass eine der beiden Vertragsparteien nicht auf der Erfüllung einer Bestimmung dieses Vertrages besteht oder eine solche nicht durchsetzt oder die ihr nach diesem Vertrag oder auf sonstige Weise zustehenden Rechte nicht wahrnimmt, stellt dies aufseiten der Vertragspartei keinen Verzicht oder eine Aufgabe des Rechts dar, sich in diesem Fall oder in irgendeinem anderen Fall auf die betreffenden Bestimmungen, Rechte oder Rechtsmittel zu berufen; diese bleiben in vollem Umfang gültig und rechtswirksam.

Solange jedenfalls in den Verträgen eine Preisparitätsklausel weiterhin ausdrücklich enthalten ist, kann nach Ansicht des Bundeskartellamtes eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden.

Amazon hat daher durch eine “geschickte” Vertragsgestaltung selbst dazu beigetragen, dass der einseitige Verzicht von Amazon auf die Preisparität wohl nicht ausreichend ist.

Doppeltes Opfer?

Die Ansicht des Bundeskartellamtes befremdet und zwar weniger aus rechtlicher als denn aus tatsächlicher Sicht. Zum einen sind Amazon-Händler, die der Preisparität unterlagen, bereits die Opfer von Amazon geworden. Amazon hatte sich in wohl kartellrechtswidriger Weise in die Preisgestaltung außerhalb von Amazon eingemischt.

Ehrlicher Weise gab es für keinen Amazon-Händler die Möglichkeit, auf der einen Seite bei Amazon zu handeln, auf der anderen Seite von vornherein die Preisparität gegenüber Amazon abzulehnen. Wer diese Klausel nicht akzeptierte, durfte somit nicht bei Amazon handeln.

Auch die Merchants @ Amazon Verträge waren sicherlich nicht so gestaltet, dass ein Amazon- Händler die Möglichkeit hatte über die Frage der Preisparität mit Amazon zu diskutieren, um ggf. zu erreichen, dass die Klausel gestrichen wird.

Nachdem Händler bereits durch Amazon beeinträchtigt wurden, geraten sie nunmehr durch die Ansicht des Bundeskartellamtes vom Regen in die Traufe: Durch eine Regelung, die ihnen einseitig von Amazon aufgezwungen wurde, haben sie nunmehr ggf. ein kartellrechtliches Verfahren am Hals. Angesichts der Gebührenstruktur bei Amazon können wir uns eigentlich nicht vorstellen, dass ein Händler freiwillig die Preisparität bei Amazon weiter lebt, auf die Amazon selber ja gar nicht mehr besteht.

Wie geht es weiter?

Das Bundeskartellamt hat zunächst angekündigt, dass den betroffenen Händlern zeitnah rechtliches Gehör eingeräumt wird.

Unklar ist, warum Amazon entsprechende Händler nicht anspricht, um eine vom Bundeskartellamt geforderte einvernehmliche Änderung mit einem Verzicht auf die Preisparitätsklausel bei Merchants @ Amazon herbeizuführen.

Wir unterstützen Sie hierbei.

Stand: 15.10.2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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