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Akuell 15.10.2013: Preisparität bei Amazon: Geht das Bundeskartellamt jetzt gegen Amazon-Händler vor?

 

Aktuell 27.08.2013 : Bundeskartellamt teilt mit: Klausel zur Preisparität für Amazon-Händler ist entfallen

 

Das Bundeskartellamt teilte in seiner Pressemitteilung vom 27.08.2013 mit, dass die Klausel zur Preisparität, welche bislang in Verträgen zwischen Amazon und Händlern enthalten war, entfallen ist.

 

Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 27.08.2013 hat folgenden Inhalt:

 

Amazon kündigt an, Preisparität nicht mehr durchzusetzen

Bonn, 27. August 2013: Amazon hat dem Bundeskartellamt mitgeteilt, dass das Unternehmen beabsichtigt, die Preisparität auf dem Amazon Marketplace nicht mehr durchzusetzen. Danach müssen Händler jedenfalls auch bei Amazon den jeweils günstigsten Preis anbieten. Nach der Mitteilung sind die entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen Teil der Händler bereits geändert worden.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: “Das Bundeskartellamt bewertet derzeit, ob die Maßnahmen nach Form, Inhalt und Umfang ausreichen, das Verfahren gegen Amazon insoweit zu erledigen. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass das Unternehmen von der Preisparität endgültig Abstand nimmt und auch nach den Umständen keine Wiederholungsgefahr mehr besteht. All dies ist derzeit noch Gegenstand unserer Prüfung.”

Händler können also  jetzt ihre Produkte über andere Vertriebswege günstiger anbieten als bei Amazon, ohne Auseinandersetzungen mit Amazon fürchten zu müssen.

Was bisher passierte

Sehr weitgehend: aktuelle Preisparitätsvorschriften von Amazon

Die Preisparität, die Amazon seinen gewerblichen Händlern vorschreibt, beinhaltet, dass gewerbliche Händler bei Amazon dort angebotene Produkte nicht in anderen Vertriebskanälen preiswerter anbieten dürfen.

Das Bundeskartellamt ist aktuell dabei, die Rechtmäßigkeit der Preisparität zu überprüfen. Eine Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht bekannt (Stand 15.04.2013). Im Februar 2013 hat das Bundeskartellamt jedoch 2.400 Händler kontaktiert mit der Bitte, an einer Umfrage zur Preisparität bei Amazon teilzunehmen.

Man könnte annehmen, dass Amazon die Ermittlungen des Bundeskartellamts zum Anlass nimmt, erst einmal die Füße stillzuhalten. Dem ist jedoch nicht so. Obwohl die Ermittlungen des Bundeskartellamts zur Preisparität bei Amazon zurzeit in aller Munde sind, ist es gerade in jüngster Zeit wieder so, dass nach unserer Kenntnis Amazon-Händler darauf hingewiesen werden, dass sie außerhalb von Amazon, bspw. in einem Internetshop, die bei Amazon angebotenen Produkte günstiger anbieten.

Konkrete Regelungen zur Preisparität

In unserem Beitrag aus dem Jahr 2010 zur Preisparität bei Amazon hatten wir uns auf Hilfetexte von Amazon gestützt. Ein konkreter Händlervertrag von Amazon lag uns damalig nicht vor. Nunmehr (Stand April 2013) liegt uns ein “Teilnahmevertrag für merchants@amazon.de” vor, in der die Teilnahmebedingungen für einen gewerblichen Verkauf von Amazon konkret geregelt werden. Im Vergleich zu älteren Verträgen zwischen Amazon und Seller-Central-Händlern scheint es im Übrigen so zu sein, dass Amazon die Kündigungsfristen verkürzt hat.

Regelungen zur Preisparität

Die konkreten Regelungen zur Preisparität ergeben sich aus § 4 des Vertrages und lauten wie folgt:

§ 4. Parität mit den Vertriebskanälen des Verkäufers.

Der Verkäufer wird sicherstellen, dass zumindest zwischen den Angeboten über die Vertriebskanäle des Verkäufers und den Angeboten von Produkten des Verkäufers über die Amazon Website Parität herrscht, indem er jederzeit – beginnend spätestens mit dem Termin des Inkrafttretens oder mit dem Startdatum – Folgendes sicherstellen wird:

(a) Der Verkäufer stellt alle über die Vertriebskanäle des Verkäufers angebotenen Produkte, unabhängig davon, ob diese online verkauft werden und einschließlich aller Varianten (z.B. alle Farben, Größen oder Konfigurationen) zur Listung zum Verkauf auf der Amazon Website zur Verfügung (ausgenommen die Vom Handel Ausgeschlossenen Produkte sowie solche Produkte, deren Verkauf über die Amazon Website dem Verkäufer per Gesetz, Vertrag oder von dem entsprechenden Hersteller, Erstverkäufer oder Lizenzgeber verboten worden ist, sofern der Verkäufer dieses Verbot nicht selbst veranlasst hat),

(b) der Kaufpreis und alle anderen mit dem Angebot und/oder dem Verkauf zusammenhängenden Bedingungen (einschließlich der Versand- und Bearbeitungsgebühren, der Versandinformationen, aller “Niedrigpreisgarantien”, Rabatte, Sonderangebote und Ermäßigungen, jeglicher kostenlosen oder vergünstigten Abgabe von Produkten, aller Arten von Mengenrabatt sowie der Bestimmungen der jeweiligen Richtlinien betreffend Produktrücksendungen und Rückerstattungen) für Produkte des Verkäufers sind für die Amazon.de Kunden mindestens genau so günstig wie die Bedingungen, zu denen der Verkäufer diese Produkte derzeit über die Vertriebskanäle des Verkäufers zum Verkauf anbietet (ohne Berücksichtigung der Ausgeschlossenen Angebote),

(c) der Verkäufer bietet einen Kundendienst für die Produkte des Verkäufers an, der hinsichtlich seiner Erreichbarkeit, seiner Reaktionsbereitschaft und hinsichtlich des angebotenen Service-Levels den besten Kundendienstleistungen entspricht, die im Zusammenhang mit den Vertriebskanälen des Verkäufers angeboten werden (wobei (i) solche Kundendienstleistungen jederzeit professionell, rechtzeitig, korrekt durchgeführt werden, (ii) Amazon den Kundendienst für Fragen im Zusammenhang mit der Bezahlung von Transaktionen des Verkäufers übernehmen wird), und

(d) in Bezug auf jedes einzelne Produkt des Verkäufers wird der Verkäufer Amazon Inhalte (vorbehaltlich § 7.2), Produktinformationen und andere Informationen gemäß § 1.1 zur Verfügung stellen, die hinsichtlich ihrer Qualität, Vollständigkeit und Genauigkeit zumindest den besten, vollständigsten und genauesten Informationen entspricht, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Produkt auf den Vertriebskanälen des Verkäufers dargestellt werden Unbeschadet des Vorstehenden wird der Verkäufer nicht gegen die vorherigen Bestimmungen unter (a) bis (d) verstoßen, falls der Verkäufer in gutem Glauben versucht hat, diese Bestimmungen einzuhalten, jedoch aufgrund von Funktionalitätseinschränkungen auf der Amazon Webseite diese nicht gewährleisten kann, jedoch nur wenn solche Funktionalitätseinschränkungen anhalten.

Der Verkäufer ist verpflichtet, unverzüglich nachdem er einen Verstoß gegen Lit.b oben festgestellt hat, betroffene Kunden durch eine entsprechende Rückerstattung gemäß § 2.2 zu entschädigen.

Mit Erstaunen haben wir festgestellt, dass die Vorschriften von Amazon zur Preisparität offensichtlich sehr viel weitergehend sind als dies ursprünglich auf den Hilfe-Seiten erläutert wurde. Ob diese Regelungen neu sind, sich in der Vergangenheit geändert haben oder von Anfang an in dieser Form existierten, können wir nicht genau beurteilen.

Tatsache ist jedenfalls, dass die Regelungen zur Preisparität sehr viel weitergehend sind als lediglich die Verpflichtung, auf anderen Plattformen nicht preisgünstiger zu verkaufen:

Verpflichtung, alles, was woanders verkauft wird, auch bei Amazon anzubieten?

§ 4 a regelt, dass der Verkäufer alle Produkte, die er anbietet, und zwar egal, ob diese online verkauft werden oder nicht, zur Listung zum Verkauf über Amazon zur Verfügung stellen muss.

Der grammatikalisch unvollständige Satz unter (a) entspricht im Übrigen dem Original des Textes. Was mit “Listung zum Verkauf auf Amazon” konkret gemeint ist, bleibt etwas unklar. Man muss diese Klausel letztlich so interpretieren, dass alles, was irgendwo angeboten wird, auch bei Amazon in sämtlichen Varianten zum Verkauf angeboten werden muss. Anders kann das Wort “Listung” nicht verstanden werden.

Mindestens so gute Verkaufsbedingungen

§ 4 b regelt, dass die Verkaufsbedingungen einschließlich Rabatte, Sonderangebote etc. bei Amazon nicht schlechter sein dürfen als bspw. in einem Internetshop. Dies betrifft auch die Regelungen zu Produktrücksendungen oder Rückerstattungen. Wer bspw. bei Amazon mit einer Widerrufsfrist von 14 Tagen informiert, darf dies eigentlich nicht, wenn er bspw. in einem Internetshop eine Widerrufsfrist von einem Monat einräumt oder woanders regelt, dass Rücksendungen – anders als bei Amazon – grundsätzlich kostenfrei sind.

Schadenersatz bei Verstoß gegen die Preisparität?

Die Folgen der Preisparität greifen in erster Linie in die Preisgestaltung des Händlers ein. Im letzten Absatz von § 4 heißt es jedoch, dass der Verkäufer verpflichtet ist,  unverzüglich, nachdem er einen Verstoß gegen § 4 b festgestellt hat, die betroffenen Kunden durch eine entsprechende Rückerstattung gemäß Punkt 2.2 zu entschädigen.

Was damit genau gemeint ist, bleibt unklar.

Bei 2.2 geht es um Rückerstattungen und Rücksendungen. Das Wort “entschädigen” macht jedoch misstrauisch. Was damit konkret gemeint ist, die gesamten Amazon-AGB zeichnen sich durch ein sehr verwirrendes und schlechtes Deutsch aus,  bleibt jedoch unklar. Muss ein Amazon-Verkäufer, wenn er gegen die Preisparität verstößt, automatisch seine Kunden informieren und Differenzbeträge erstatten?

Die praktischen Folgen

Bisher ist uns aus unserer Beratungspraxis lediglich bekannt, dass Amazon-Händler auf einen Verstoß gegen die Preisparität hingewiesen werden. In diesem Zusammenhang ist es offensichtlich so, dass die Amazon-Mitarbeiter, die dies recherchieren, ihre eigenen Bedingungen nicht kennen, da es wohl auf den Gesamtpreis einschließlich Versandkosten ankommt. Es werden Konsequenzen angedroht. Uns ist jedoch aktuell kein Fall bekannt, in dem ein Amazon-Händler gekündigt oder zeitweilig gesperrt worden ist, wenn er mehrfach gegen die Vorschriften der Preisparität verstieß.

Gerade vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens vor dem Bundeskartellamt entsteht bei uns der Eindruck, dass Amazon es jetzt noch einmal wissen will, um für den Fall, dass das Bundeskartellamt nicht rechtskräftig zu Lasten von Amazon entscheidet, gut vorbereitet die Strategie fortzusetzen, zu gewährleisten, dass die Preise bei Amazon so sind, dass ein Vergleich mit anderen Angeboten eines Händlers auf einer Plattform nicht lohnenswert erscheint.

Stand: 02.09.2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard 

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