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Herkunftsbezeichnung bei Amazon: “von …” kann irreführend sein, wenn kein Produkt “von …” geliefert wird

 

Bei Amazon-Angeboten ergibt sich aus dem oberen Teil der Artikelbeschreibung in der Zeile “von …” oftmals die Herkunft des Produktes. Das Grundmodell von Amazon zeichnet sich dadurch aus, dass bereits vorgefertigte Artikelbeschreibungen auch durch Dritte genutzt werden können – immer unter der Voraussetzung, dass auch identische Produkte tatsächlich verkauft werden. Wie dies im Einzelnen rechtlich ausgestaltet ist, ist oftmals nicht ganz klar: Oft wird ein Produkt sehr allgemein beschrieben, ohne dass bspw. ein Markenname oder ausdrücklich in der Artikelbeschreibung eine Marke genannt wird. Eine Herkunft ergibt sich – wenn überhaupt – ausschließlich aus der Bezeichnung “von …”.

"von Unbekannt" bei AmazonBei vielen No-Name-Produkten, aktuell (06/2012) findet man bei Amazon davon über 3,8 Millionen, ist no name auch tatsächlich no name. Es heißt dort lediglich “von Unbekannt”.

In diesem Fall ist es in der Regel so, dass die Herkunft oder der Hersteller oder die Marke eines Produktes schlichtweg nicht existent ist. Das identische Produkt kann somit quasi von jedem Händler angeboten werden. Ausnahmen kann es ggf. dann geben, wenn sich aus dem Produktbild oder der Produktbeschreibung Genaueres ergibt, wobei nach den Amazon-Grundsätzen eine verkäuferbezogene Produktbeschreibung nicht zulässig ist.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob für den Fall, dass hinter “von …” nicht “Unbekannt”, sondern eine andere Bezeichnung steht, dies einen kennzeichenrechtlichen Schutz bzw. eine mögliche wettbewerbsrechtliche Irreführung zur Folge hat, wenn tatsächlich gar nicht das Produkt “von …” verkauft wird. Sollte der “von …”-Begriff markenrechtlich geschützt sein, ist die Rechtslage klar: Der Verkauf von anderen Produkten stellt eine Markenrechtsverletzung dar.

Oftmals ist es jedoch so, dass in der “von”-Bezeichnung lediglich Abkürzungen angegeben werden oder Firmierungen, deren Kennzeichenschutz nicht ganz klar ist.

Mit dieser Frage hat sich das Landgericht Bochum (Urteil vom 21.07.2011, Az.: I-14 O 98/11) beschäftigt. Es ging um die Erstattung von Abmahnkosten. Im Rahmen eines derartigen Erstattungsverfahrens wird in der Regel immer geprüft, ob die Abmahnung berechtigt ist. Nur dann sind auch die Abmahnkosten zu erstatten.

Der Abmahner hatte ein Produkt unter dem Namen “E” bei Amazon angeboten. In der Artikelbeschreibung hieß es: “von E”. Eine Testbestellung ergab, dass der Abgemahnte keine Waren von “E” versandt hatte. Abgemahnt wurde offensichtlich eine Irreführung. Der Umstand, dass “E” später wohl als Marke angemeldet wurde, spielte für den Rechtsstreit keine Rolle. Der Abmahner (E) befürchtete, dass bei einer Lieferung von anderen Produkten er möglicherweise negative Bewertungen erhalte und dadurch das Kennzeichen und die Waren herabgesetzt werden würden. Zudem würde es sich um eine Nachahmung und um eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft des Produktes handeln.

Der Abgemahnte verteidigte sich damit, dass das angebotene Produkt austauschbar sei. Es sei nicht vertretbar, dass durch Hinzufügung einer Fantasiebezeichnung andere Anbieter mit identischen Produkten von der Nutzung der Artikelbeschreibung bei Amazon ausgeschlossen würden.

Das Landgericht hat angenommen, dass durch Nutzung der Amazon-ASIN eine Benutzung der Firmierung des Abmahners gegeben sei mit der Folge einer wettbewerbswidrigen Irreführung. Kunden könnten den Eindruck gewinnen, es handele sich um ein Produkt “von E”, also dem Abmahner. Dass es sich hierbei um eine Geschäftsbezeichnung und nicht um eine Produktbezeichnung handele, sei für die Beurteilung unerheblich, da der Abgemahnte keine Waren des Klägers geliefert habe, die er bei diesem bezogen habe.

Der grundsätzlichen Nutzung von Amazon-ASIN´s und deren Produktbeschreibungen erteilte das Gericht eine Absage:

“Der Einwand des Beklagten, es gäbe bei Amazon die Möglichkeit, sich an Angebote “dranzuhängen”, dies sei sozusagen Sinn, Zweck und Idee dieser Verkaufsplattform, ist im Ergebnis auch unerheblich. Natürlich kann sich der Beklagte auf der Internet-Plattform Amazon an Angebote anderer Verkäufer so auch des Klägers anhängen, allerdings gilt dies nur dann, wenn er eben tatsächlich dieselben Produkte veräußert, also im vorliegenden Fall Produkte, wie sie auch von E veräußert werden oder wenn in dem Angebot klargestellt wird, dass es sich zwar um Produkte gleicher Art handelt, die allerdings keinen Bezug zum Kläger aufweisen. Der Vorwurf des Beklagten, mit einer derartigen Auffassung würde man andere Händler von der Amazon-Plattform ausschließen, ist nicht nachvollziehbar, da lediglich verlangt wird und verlangt werden muss, dass ein Verkäufer bei seinen Angeboten irreführende Herkunftsangaben unterlässt und in diesen Fällen klarstellt, woher die Produkte stammen bzw. wer sie anbietet. Es besteht für den Beklagten weder ein Grund noch eine Notwendigkeit, die Firmierung des Klägers in seinen Angeboten zu nutzen.”

Diese Ansicht mag rechtlich zutreffend sein, wird dem Grundmodell von Amazon jedoch nicht gerecht: Zum einen ist es bei Amazon nicht transparent möglich, bei einem Anhängen an ein Angebot deutlich zu machen, dass es sich gerade eben nicht um ein Produkt “von …” handelt. Zum anderen versucht Amazon bei “normalen” austauschbaren Gütern zu verhindern, dass dieses Produkt mehrmals angelegt wird. Aus Sicht von Amazon zählt somit das konkrete Produkt und nicht der “von”-Anbieter.

Gefahr der Abänderung von Produktbeschreibungen

Seit Jahren ist es ein marken- wie auch kennzeichenrechtliches Problem, dass Amazon-Anbieter zum Teil die Möglichkeit haben, Produktbeschreibungen abzuändern. Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang das Stichwort “ASIN-Priorität”. Einige Anbieter dürfen vieles abändern, andere wohl gar nichts. Hier droht die Gefahr, dass ein ursprüngliches No-Name-Angebot mit “von Unbekannt” später zu einem “von …”-Angebot wird, mit der Folge, dass ein ursprünglich rechtskonformes Angebot durch die Abänderung wettbewerbsrechtlich oder markenrechtlich problematisch wird. Diese Abänderung an sich wiederum kann wettbewerbswidrig sein. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass es oftmals jedoch ein Problem der betroffenen Händler ist, diese Abänderung nachzuweisen. Rein vorsorglich empfehlen wir daher allen Amazon-Händlern, zum einen die konkrete Produktbeschreibung, die genutzt wird, zu dokumentieren (ausdrucken oder abspeichern) sowie regelmäßig zu kontrollieren. Dies kann für den Fall einer späteren Abmahnung sehr hilfreich sein.

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass bestimmte ASIN´s besonders beliebt sind, was nicht zuletzt mit den Verkäufen der “von …”-Anbieter zusammenhängt. Wenn andere Anbieter somit andere Produkte liefern, die bspw. nicht der Qualität des Ursprungsproduktes entsprechen, drohen tatsächlich negative Kundenrezensionen mit der Folge von erheblichen Nachteilen für den tatsächlichen “von …”-Anbieter.

Sollte der ursprünglich gemeldete “von …”-Anbieter eine eingetragene Marke haben, dürfte die Rechtsverfolgung unproblematisch sein. Bei etwaigen Firmenrechten halten wir die Rechtslage dennoch nicht für abschließend geklärt.

Wir beraten Sie, sei es dass Sie abgemahnt wurden oder das Dritte unberechtigt Ihre Produktbeschreibung nutzen.

Stand: 05.06.2012

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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