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Wettbewerbszentrale geht gegen unzulässige Werbung für handwerkliche Tätigkeiten vor

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V. (Wettbewerbszentrale) ist in der Vergangenheit wiederholt gegen Gewerbetreibende vorgegangen, die wesentliche Tätigkeiten eintragungspflichtiger Handwerke anbieten, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Abgesehen davon, dass die Abgrenzung zwischen einem zulassungspflichtigen Handwerk und einem zulassungsfreien Handwerk bzw. einem handwerksähnlichen Gewerbe im Einzelfall schwierig ist, können missverständliche Tätigkeitsbeschreibungen und Werbeaussagen im Internet schnell zu einer Abmahnung führen. Im folgenden Beitrag erläutern wir die Hintergründe und geben Tipps, um eine Abmahnung zu vermeiden.

Zulassungspflichtige Handwerke

Nach § 1 Handwerksordnung (HwO) ist der selbstständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur denjenigen gestattet, die in die Handwerksrolle eingetragen sind. Ein Gewerbebetrieb ist ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, dass in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführt ist, oder wenn Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind.

Das Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können, ergibt sich aus Anlage A zur Handwerksordnung wie folgt (Stand: 10.05.2023):

1          Maurer und Betonbauer

2          Ofen- und Luftheizungsbauer

3          Zimmerer

4          Dachdecker

5          Straßenbauer

6          Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer

7          Brunnenbauer

8          Steinmetzen und Steinbildhauer

9          Stuckateure

10        Maler und Lackierer

11        Gerüstbauer

12        Schornsteinfeger

13        Metallbauer

14        Chirurgiemechaniker

15        Karosserie- und Fahrzeugbauer

16        Feinwerkmechaniker

17        Zweiradmechaniker

18        Kälteanlagenbauer

19        Informationstechniker

20        Kraftfahrzeugtechniker

21        Land- und Baumaschinenmechatroniker

22        Büchsenmacher

23        Klempner

24        Installateur und Heizungsbauer

25        Elektrotechniker

26        Elektromaschinenbauer

27        Tischler

28        Boots- und Schiffbauer

29        Seiler

30        Bäcker

31        Konditoren

32        Fleischer

33        Augenoptiker

34        Hörakustiker

35        Orthopädietechniker

36        Orthopädieschuhmacher

37        Zahntechniker

38        Friseure

39        Glaser

40        Glasbläser und Glasapparatebauer

41        Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik

42        Fliesen-, Platten- und Mosaikleger

43        Werkstein und Terrazzohersteller

44        Estrichleger

45        Behälter und Apparatebauer

46        Parkettleger

47        Rolladen- und Sonnenschutztechniker

48        Dreschler (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher

49        Böttcher

50        Glasveredler

51        Schilder- und Lichtreklamehersteller

52        Raumausstatter

53        Orgel- und Harmoniumbauer

Zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe

Wer den selbstständigen Betrieb eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes als stehendes Gewerbe beginnt, muss dies nach § 18 Handwerksordnung (HwO) bei der zuständigen Handwerkskammer anzeigen. Ein Gewerbe ist ein zulassungsfreies Handwerk, wenn es handwerksmäßig betrieben wird und in Anlage B Abschnitt 1 zur Handwerksordnung aufgeführt ist. Ein Gewerbe ist ein handwerksähnliches Gewerbe, wenn es handwerksähnlich betrieben wird und in Anlage B Abschnitt 2 zur Handwerksordnung aufgeführt ist.

Das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke ergibt sich aus Anlage B Abschnitt 1 zur Handwerksordnung wie folgt (Stand: 10.05.2023):

1          entfällt

2          entfällt

3          entfällt

4          entfällt

5          Uhrmacher

6          Graveure

7          Metallbildner

8          Galvaniseure

9          Metall- und Glockengießer

10        Präzisionswerkzeugmechaniker

11        Gold- und Silberschmiede

12        entfällt

13        entfällt

14        Modellbauer

15        entfällt

16        Holzbildhauer

17        entfällt

18        Korb- und Flechtwerkgestalter

19        Maßschneider

20        Textilgestalter (Sticker, Weber, Klöppler, Posamentierer, Stricker)

21        Modisten

22        (weggefallen)

23        Segelmacher

24        Kürschner

25        Schuhmacher

26        Sattler und Feintäschner

27        entfällt

28        Müller

29        Brauer und Mälzer

30        Weinküfer

31        Textilreiniger

32        Wachszieher

33        Gebäudereiniger

34        entfällt

35        Feinoptiker

36        Glas- und Porzellanmaler

37        Edelsteinschleifer und -graveure

38        Fotografen

39        Buchbinder

40        Print- und Medientechnologen (Drucker, Siebdrucker, Flexografen)

41        entfällt

42        entfällt

43        Keramiker

44        entfällt

45        Klavier- und Cembalobauer

46        Handzuginstrumentenmacher

47        Geigenbauer

48        Bogenmacher

49        Metallblasinstrumentenmacher

50        Holzblasinstrumentenmacher

51        Zupfinstrumentenmacher

52        Vergolder

53        entfällt

54        Holz- und Bautenschützer (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden)

55        Bestatter

56        Kosmetiker

Das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe ergibt sich aus Anlage B Abschnitt 2 zur Handwerksordnung wie folgt (Stand: 10.05.2023):

1          Eisenflechter

2          Bautentrocknungsgewerbe

3          Bodenleger

4          Asphaltierer (ohne Straßenbau)

5          Fuger (im Hochbau)

6          entfällt

7          Rammgewerbe (Einrammen von Pfählen im Wasserbau)

8          Betonbohrer und -schneider

9          Theater- und Ausstattungsmaler

10        Herstellung von Drahtgestellen für Dekorationszwecke in Sonderanfertigung

11        Metallschleifer und Metallpolierer

12        Metallsägen-Schärfer

13        Tankschutzbetriebe (Korrosionsschutz von Öltanks für Feuerungsanlagen ohne chemische Verfahren)

14        Fahrzeugverwerter

15        Rohr- und Kanalreiniger

16        Kabelverleger im Hochbau (ohne Anschlussarbeiten)

17        Holzschuhmacher

18        Holzblockmacher

19        Daubenhauer

20        Holz-Leitermacher (Sonderanfertigung)

21        Muldenhauer

22        Holzreifenmacher

23        Holzschindelmacher

24        Einbau von genormten Baufertigteilen (zum Beispiel Fenster, Türen, Zargen, Regale)

25        Bürsten- und Pinselmacher

26        Bügelanstalten für Herren-Oberbekleidung

27        Dekorationsnäher (ohne Schaufensterdekoration)

28        Fleckteppichhersteller

29        (weggefallen)

30        Theaterkostümnäher

31        Plisseebrenner

32        (weggefallen)

33        Stoffmaler

34        (weggefallen)

35        Textil-Handdrucker

36        Kunststopfer

37        Änderungsschneider

38        Handschuhmacher

39        Ausführung einfacher Schuhreparaturen

40        Gerber

41        Innerei-Fleischer (Kuttler)

42        Speiseeishersteller (mit Vertrieb von Speiseeis mit üblichem Zubehör)

43        Fleischzerleger, Ausbeiner

44        Appreteure, Dekateure

45        Schnellreiniger

46        Teppichreiniger

47        Getränkeleitungsreiniger

48        entfällt

49        Maskenbildner

50        entfällt

51        Lampenschirmhersteller (Sonderanfertigung)

52        Klavierstimmer

53        Theaterplastiker

54        Requisiteure

55        Schirmmacher

56        Steindrucker

57        Schlagzeugmacher

Unzulässige Tätigkeit oder unzulässige Werbung?

Wer ohne Eintragung in die Handwerksrolle Leistungen erbringt, die wesentlichen Tätigkeiten eintragungspflichtiger Handwerke entsprechen, der handelt damit unter Verstoß gegen die Vorgaben der Handwerksordnung. Eine Abmahnung droht jedoch auch dann, wenn an sich zulässige Tätigkeiten eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes so beworben werden, dass der Eindruck entsteht, es würden wesentliche Tätigkeiten eines eintragungspflichtigen Handwerks ohne die erforderliche Eintragung in die Handwerksrolle erbracht werden. Ein solcher Fall liegt uns hier in der Kanzlei aktuell vor. In der Abmahnung wird insoweit unter Verweis auf Werbeaussagen im Internet folgendes ausgeführt:

„Auf Ihrer Website bewerben Sie umfangreiche Leistungen, die wesentlichen Tätigkeiten eintragungspflichtiger Handwerke entsprechen.

(Es folgen Ausführungen zu konkreten Werbeaussagen, die sich auf verschiedene Tätigkeiten beziehen.)

Zuletzt gerieren Sie sich als „Full Service“ Spezialist, der über Installation und Reparatur auch für weitere Anfragen bereitsteht. Die Werbung wird daher so verstanden, dass Kunden auch mit individuellen Wünschen oder Reparaturanfragen auf Sie zukommen. Spätestens im Falle von Reparaturen greifen sie jedoch sodann in die entsprechenden Systeme ein.

Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen die Werbung mithin für wesentliche Tätigkeiten diverser eintragungspflichtiger Gewerke. Somit auch diejenigen Arbeiten, die den entsprechenden handwerklich geführten Meisterbetrieben oder Betrieben vorbehalten sind, die mit dem entsprechenden Gewerk in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer (Handwerksrolle) eingetragen sind.

Nach unseren Informationen sind Sie jedoch nicht mit dem Tischler-, Rollladen- und Sonnenschutztechniker- oder Glaser-Handwerk in die Handwerksrolle eingetragen. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung reicht hierfür nicht aus.

Bei den hier beworbenen selbstständigen Dienstleistungen handelt es sich um solche des Tischler-, Rollladen- und Sonnenschutztechniker- oder Glaser-Handwerks, die zulassungspflichtigen Gewerken im Sinne des § 1 Abs. 1 Handwerksordnung – HwO i.V.m. Anlage A zur HwO entsprechen.

Sie werben mit der selbstständigen Erbringung von Dienstleistungen, ohne in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer (HWK) eingetragen zu sein. Sie bieten damit gemäß § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 i.V.m. Anlage A der Handwerksordnung-HwO wesentliche Tätigkeiten eines zulassungspflichtigen Gewerkes an, ohne die erforderliche Zulassung zu besitzen.“

Wie Sie auf eine entsprechende Abmahnung reagieren sollten

Wie Sie auf eine Abmahnung der Wettbewerbszentrale reagieren sollten, hängt zunächst davon ab, ob es sich bei Ihren Tätigkeiten um ein zulassungspflichtiges Handwerk handelt oder um ein zulassungsfreies Handwerk bzw. ein handwerksähnliches Gewerbe. Ein zulassungspflichtiges Handwerk können Sie nur mit der erforderlichen Eintragung in die Handwerksrolle ausüben. Wenn Sie dagegen ein zulassungsfreies Handwerk bzw. ein handwerksähnliches Gewerbe ausüben und Ihre Werbung lediglich einen falschen Eindruck vermittelt, genügt die Änderung der entsprechenden Werbung.

Die Frage, ob Sie eine Unterlassungserklärung gegenüber der Wettbewerbszentrale abgeben sollten, hängt letztlich von verschiedenen Umständen ab. Ganz wichtig: Wenn Sie eine Unterlassungserklärung abgeben, müssen Sie diese auch einhalten. Anderenfalls droht die Geltendmachung einer Vertragsstrafe. Hierbei sollten Sie unbedingt beachten, dass eine Unterlassungserklärung nicht nur für die darin konkret aufgeführten Werbeaussagen gilt, sondern darüberhinausgehend auch für sogenannte im Kern gleichartige Werbeaussagen. Bei der Vornahme von Änderungen an Werbeaussagen müssen Sie also unbedingt darauf achten, dass die neue Werbung ganz klar einen anderen Inhalt hat. Die neue Werbung darf ihrerseits natürlich auch keinen falschen Eindruck erwecken.

Sie haben eine Abmahnung erhalten?

Gern beraten wir Sie zur Rechtslage und zu den Möglichkeiten des weiteren Vorgehens. Sprechen Sie uns einfach an.

Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke