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Effektiv gegen eine Abmahnung: Schutzschrift kann jetzt zentral eingereicht werden
In einer Abmahnung, sei es im Wettbewerbsrecht, Markenrecht oder Urheberrecht, wird immer eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert. Wird diese – aus welchen Gründen auch immer – nicht abgegeben, kann der Abmahner seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen. In der Regel erfolgt dies im Wege der sogenannten einstweiligen Verfügung. Eine einstweilige Verfügung ist ein gerichtliches Eilverfahren. Häufig ergeht ohne mündliche Verhandlung und Anhörung des Abgemahnten eine einstweilige Verfügung im Wege eines Beschlusses.
Manchmal gibt es jedoch gute Argumente, mit denen sich der Erlass einer einstweiligen Verfügung verhindern lässt. Da aber Gerichte, die eine einstweilige Verfügung erhalten, zunächst einmal den Vortrag des Abmahners für bare Münze nehmen, wird eine einstweilige Verfügung häufig erlassen. Erst im späteren Widerspruchsverfahren kann dann der Abgemahnte seine Argumente vortragen. Dies hat für den Abgemahnten den Nachteil, dass die einstweilige Verfügung, die zunächst einmal ohne Wenn und Aber zu beachten ist, in der Welt ist.
Effektiven Rechtsschutz in derartigen Fällen bietet die sogenannte Schutzschrift. Eine Schutzschrift ist, vereinfacht gesagt, eine Erwiderung auf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, und zwar bevor dieser Antrag bei Gericht eingereicht wird. Ziel ist letztlich, dass durch die Schutzschrift verhindert wird, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wird. Eine Schutzschrift bietet sich insbesondere dann an, wenn zu befürchten ist, dass der Abmahner wichtige Tatsachen verschweigt, sich der Sachverhalt ganz anders darstellt oder bspw. ganz grundsätzliche Zweifel an der Aktivlegitimation des Abmahners bestehen oder ein Rechtsmissbrauch möglich erscheint.
Wenn das Gericht nicht nur die Argumente des Abmahners, sondern auch die Argumente des Abgemahnten kennt, wird entweder eine mündliche Verhandlung anberaumt, um die Angelegenheit so zu klären. In unserer Beratungspraxis gab es jedoch auch Fälle, in denen eine einstweilige Verfügung gar nicht erlassen wurde, weil wir für unseren Mandanten eine Schutzschrift eingereicht hatten.
Bisher: Einreichen von Schutzschriften aufwendig
In der Vergangenheit war es so, dass das Einreichen einer Schutzschrift zum Teil sehr aufwendig war. Hintergrund ist, dass gerade im Wettbewerbsrecht und im Markenrecht der Abmahner einen sogenannten fliegenden Gerichtsstand in Anspruch nehmen kann. Dies hat zur Folge, dass sich der Abmahner jedes in Deutschland zuständige Gericht für seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aussuchen kann. Wenn man bedenkt, dass es in Deutschland 115 unterschiedliche Landgerichte gibt, wird klar, mit welchem logistischen, wie auch finanziellen Aufwand die Einreichung einer bundesweiten Schutzschrift verbunden war. Es gab zwar ein privat geführtes Schutzschriftenregister, dies wurde jedoch nicht von allen Gerichten wirklich in Anspruch genommen.
Jetzt einfacher: Seit dem 01.01.2016 ist § 945 a Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten
Seitdem führt die Landesjustizverwaltung Hessen ein zentrales länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften (Schutzschriftenregister). Sobald eine Schutzschrift in dieses zentrale elektronische Schutzschriftenregister (ZSSR) eingestellt ist, gilt sie als bei allen Gerichten der Länder (Bundesländer) und bei allen Arbeitsgerichten der Bundesländer als eingereicht. Die sogenannte Mehrfacheinreichung entfällt dadurch, d. h. die Schutzschrift muss nicht mehr bei jedem einzelnen Gericht, das unter Umständen zuständig wäre, eingereicht werden.
Die Schutzschrift hat damit erheblich an Bedeutung gewonnen, da es schlichtweg einfacher und preisgünstiger ist, aktuell eine Schutzschrift einzureichen.
Wann macht eine Schutzschrift Sinn?
Nicht jede Abmahnung, die uns vorgelegt wird, ist auch berechtigt. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlicher Natur sein, sei es, dass der gerügte Verstoß tatsächlich nicht wettbewerbswidrig ist, der Sachverhalt ein anderer ist, wichtige Hintergrundinformationen verschwiegen werden oder gewichtige Indizien vorliegen, dass der Abmahner rechtsmissbräuchlich abmahnt.
Aus taktischen Gründen bietet es sich nur selten an, den Abmahner außergerichtlich auf diese Einwände hinzuweisen. Wenn der Abmahner dennoch zu Gericht will, kann er sich in seinem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mit den bereits vorgetragenen Argumenten auseinandersetzen. Ggf. entfallen einem wichtige Verteidigungsargumente. Zudem geht der “Überraschungseffekt” verloren.
Es kann sich somit durchaus anbieten, wichtige Argumente erstmals in einem gerichtlichen Verfahren vorzutragen. Prozesstaktik spielt, wie wir seit vielen Jahren wissen, gerade im gewerblichen Rechtsschutz eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Wird aufgrund einer Schutzschrift, die durch das Gericht berücksichtigt wurde, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung tatsächlich rechtskräftig zurückgewiesen, hat der Abmahner die anwaltlichen Kosten für die Einreichung der Schutzschrift zu tragen.
Durch die Gesetzesänderung zum 01.01.2016 ist das Mittel der Schutzschrift als wichtiges Verteidigungsmittel bei einer Abmahnung erheblich aufgewertet worden.
Eine Schutzschrift – bei Ihrer Abmahnung sinnvoll?
Gern besprechen wir mit Ihnen konkret, ob in Ihrem Fall die Einreichung einer Schutzschrift sinnvoll ist.
Stand: 04.03.2016
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke
https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/ad2f4a3c40f5428a9f18776f232a9997