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Rechtsmissbräuchliche Abmahnung: Wenn der Anwalt mehr Kosten in der Abmahnung abrechnet, als er mit seinem Mandanten vereinbart hat (LG Berlin)
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Oftmals fragt man sich, wie Vielfachabmahner eigentlich ihre Rechtsanwälte bezahlen. Nach unserer Vermutung zahlen Abmahner ihre Rechtsanwälte oftmals gar nicht sondern der Abmahneranwalt ist quasi auf eigene Faust und Rechnung tätig. In besonders dreisten Fällen ist es sogar so, dass der Abmahneranwalt Teile der vereinnahmten Anwaltsgebühren aus Abmahnungen an seinen Mandanten abführt. In diesem Fall wird die Abmahntätigkeit dann auch für den Staatsanwalt interessant. Jedenfalls darf man nicht aus den Augen verlieren, dass eine umfangreiche Abmahntätigkeit für einen Abmahner, der ja seinen Anwalt beauftragt hat, auch immer gern ein ganz erhebliches Kostenrisiko darstellt.
Der klassische Fall des Rechtsmissbrauches bei Abmahnungen im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG liegt dann vor, wenn die Abmahnung in erster Linie aus einem sogenannten Gebührenerzielungsinteresse erfolgt.
In der Praxis ist dies oftmals schwer nachzuweisen. In einem aktuellen Verfahren vor dem Landgericht Berlin (Beschluss vom 30.04.2009, Az.: 96 O 60/09) hatte der Abmahner und sein Rechtsanwalt den Bogen offensichtlich überspannt.
Im Rahmen der Abmahnung hat der abmahnende Rechtsanwalt Gebühren unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 10.000,00 Euro abgerechnet, mithin 651,80 Euro. Intern, d. h. zwischen Abmahneranwalt und Abmahner wurde nur eine Pauschale vereinbart, d. h. der Anwalt hat, wenn gezahlt wurde, immer mehr Geld gekriegt, als sein eigener Mandant eigentlich an ihn verauslagt hat.
Vor dem Hintergrund, dass tatsächlich nur die Gebühren zu erstatten sind, die auch tatsächlich angefallen sind, wäre nach unserer Auffassung im Übrigen auch an den Tatbestand des Betruges zu denken. Zudem hat bereits das OLG Hamburg in einem Urteil vom 11.12.2008, Az.: 5 O 254/07 , deutlich gemacht, dass nur die Abmahnkosten zu erstatten sind, die von dem abmahnenden Rechtsanwalt dem Abmahner auch in Rechnung gestellt worden sind.
Das Landgericht jedenfalls hat klare Worte gefunden:
Nach dem durch die eidesstattliche Versicherung vom 20.04.2009 bestätigten Vorbringen des Antragstellers entstehen ihm auf Grund einer offenbar für die außergerichtliche Tätigkeit mit seinem Rechtsanwalt getroffenen Honorarvereinbarung für jede von seinem Rechtsanwalt ausgesprochene Abmahnung Kosten in Höhe von pauschal (nur …) Euro. Gleichwohl macht er – wie in der Abmahnung vom … und die in den Akten der Sachen … und … eingereichten Abmahnungen zeigen – gegenüber dem Abgemahnten Aufwendungsersatzansprüche geltend, die nach den Gebührenvorschriften des RVG berechnet werden. … In der hiesigen Sache wurde sogar auf eine in vergleichbaren Fällen erfolgte Wertfestsetzung von 30.000,00 Euro hingewiesen. Der Antragsteller, der gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nur Ersatz für ihm tatsächlich entstandene Aufwendungen verlangen kann, macht damit Ansprüche geltend, die … Euro deutlich übersteigen, obwohl ihm Aufwendungen nach den Gebührenvorschriften des RVG für die Abmahntätigkeit nach dem eigenen Vorbringen nicht entstehen. Ein Gewinnerzielungsinteresse entweder des Antragstellers selbst oder seines Rechtsanwaltes liegen damit auf der Hand.
Offensichtlich hatte sich der Abmahner damit verteidigt, dass ihm dieser Umstand gar nicht bekannt gewesen ist. Das Gericht hat dies jedoch nicht gelten lassen sondern angenommen, dass es für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauches ohne Belang sei, dass möglicherweise dem Antragsteller das Gebahren seines Rechtsanwaltes nicht bekannt ist. Auch dies konsequent zu Ende gedacht würde eigentlich bedeuten, dass der Abmahner nicht einmal weiß, was sein eigener Anwalt für ihn tut. Da die äußeren Umstände für die Annahme einer Rechtsmissbräuchlichkeit entscheidend sind, war es auch unerheblich, dass die Aufwendungsersatzansprüche (Abmahnkosten) des Antragstellers gar nicht Gegenstand des Verfahrens waren sondern nur Unterlassungsansprüche. Nach Ansicht des Gerichtes geht es nur um Abmahnkosten. “Dass dies der Fall ist, zeigt die Abmahnung vom 13.03.2009. Das damit in einer Weise, die kaum deutlicher sein konnte, vorliegende Indiz für eine Missbräuchlichkeit des Vorgehens, wird nicht dadurch entkräftet, dass ein Gebührenerzielungsinteresse bezüglich des gerichtlichen Verfahrens nicht offensichtlich ist. Angesichts der Stärke des Indizes ist es für die Entscheidung auch ohne Bedeutung, ob der Antragsteller selbst mit der Beauftragung eines Rechtsanwaltes daneben auch legitime Ziele verfolgt.”
Wir vermuten, dass es wie in diesem Verfahren bei vielen Massenabmahnungen läuft. Das Problem ist immer nur, dies nachzuweisen. Wie allein die Entscheidungen der letzten Monate gezeigt haben, ist die Rechtsprechung offensichtlich aufgewacht und dem Argument der Rechtsmissbräuchlichkeit gegenüber sehr viel aufgeschlossener, als dies früher der Fall war.
Ihre Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke, Rostock
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