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Abmahnung wegen DSGVO – nur Panikmache oder reale Gefahr?

Ab dem 25.05.2018 gilt auch in Deutschland die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die Folgen sind weitreichend, da Internethändler nicht nur eine aktualisierte Datenschutzerklärung benötigen. Vielmehr treffen (nicht nur) Internethändler auch weiterreichende Verpflichtungen, insbesondere zur Dokumentation, wie bspw. hinsichtlich eines Verfahrensverzeichnisses und weiterer Unterlagen.

Seit ein paar Monaten wird intensiv vor Abmahngefahren aufgrund der Datenschutzgrundverordnung gewarnt. Angeblich würden spezialisierte Rechtsanwälte, wie aber auch Abmahnvereine, in den Startlöchern stehen, um quasi pünktlich mit dem Wirksamwerden der DSGVO eine Abmahnwelle nicht gekannten Ausmaßes loszutreten. Ganz so einfach ist es nach unserer Auffassung jedoch nicht.

Sind Verstöße gegen das Datenschutzrecht auch gleichzeitig Wettbewerbsverstöße?

Auch wenn diese Frage noch nicht absolut geklärt ist, wird man aufgrund der bisherigen Rechtsprechung davon ausgehen können, dass ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen auch ein Wettbewerbsverstoß sein kann. Ernstzunehmende Rechtsprechung, die dies anders sieht, ist uns nicht bekannt.

Wer könnte abmahnen?

Ungemach droht von drei Seiten:

Verbraucherschutzverbände

Zum einen gibt es das Unterlassungsklagegesetz, welches dem Schutz von Verbraucherrechten dient. Nach § 2 Nr. 11 UKlaG können Verbraucherschutzverbände seit 2016 auch Datenschutzverstöße abmahnen:

Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere…
11.die Vorschriften, welche die Zulässigkeit regeln

a) der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder
b) der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die über einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,

wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden

Die allermeisten Verbraucherschutzverbände (bspw. die Verbraucherzentrale) sind jedoch nicht als Massenabmahner bekannt. Wir gehen davon aus, dass Verbraucherschutzverbände somit eher im Einzelfall als Abmahner in Erscheinung treten werden.

Sonstige Abmahnvereine

Konkret geht es um “Rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen” gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Beispiele sind Wettbewerbszentrale oder der IDO.

Der IDO bspw. hat bereits in der Vergangenheit komplett fehlende Datenschutzerklärungen abgemahnt. Dieser Verband ist zudem für Vielfachabmahnungen bekannt, wobei es nicht ganz so einfach laufen dürfte, wie sich bestimmte Verbände diese Frage in der Vergangenheit gemacht haben.

In der Branche geht jetzt offensichtlich die Angst um vor Massenabmahnungen von Abmahnvereinen.

Tatsache ist, dass derartigen Vereinen, wenn die sogenannte Aktivlegitimation erst einmal gerichtsfest festgestellt wurde, nur schwer beizukommen ist. Das Argument des Rechtsmissbrauches lässt sich oftmals nicht vernünftig nachweisen.

Abmahnung durch Wettbewerber

Wettbewerber ist jeder, der gleiche oder ähnliche Waren verkauft. Neben der Abmahnung durch Abmahnvereine stellt dies die häufigste Form der wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen dar. Hier kann es tatsächlich interessant werden:

Ein Wettbewerber könnte über einen Rechtsanwalt tatsächlich vielfach abmahnen, wodurch der abmahnende Rechtsanwalt hohe Gebühreneinnahmen generieren könnte.

Wie bei allen Rechtsänderungen in der Vergangenheit hat es immer eine Weile gedauert, bis diese auch bei allen Internethändlern ankamen.

So gibt es bis heute immer noch Internethändler, die eine veraltete Widerrufsbelehrung aus dem Jahr 2014 verwenden. Durch die DSGVO wird es für Händler richtig kompliziert, so dass man nicht einfach ein amtliches Muster durch ein anderes ersetzen kann. Eine rechtskonforme Datenschutzerklärung nach DSGVO ist eine komplexe Sache.

Man wird zunächst davon ausgehen können und müssen, dass noch eine Vielzahl von Internethändlern sehr lange Zeit entweder gar keine Datenschutzerklärung vorhalten oder eine Datenschutzerklärung, die die Vorgaben der DSGVO nicht erfüllt.

Wenn jedoch tatsächlich ein einzelner Wettbewerber über einen einzelnen Rechtsanwalt vielfach abmahnen sollte, stellen sich zwei Fragen:

Ist es Rechtsmissbrauch?

Wenn vielfach abgemahnt wird, trägt der Abmahner immer ein gewisses Kostenrisiko. Bei der Frage, ob es sich um Rechtsmissbrauch handelt, kommt es zum einen auf die Anzahl der Abmahnungen, auf die Höhe der Kosten, auf den Inhalt der Abmahnung, wie aber auch auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Abmahners an. Wenn somit irgendeine UG haftungsbeschränkt mit einem Stammkapital von 100,00 Euro plötzlich meint, 50 Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen aussprechen zu müssen, könnte dies ein durchaus stichhaltiges Argument für Rechtsmissbrauch sein.

Hinzukommt, dass der Abmahner sich halbwegs sicher sein muss, dass er nicht auch selbst an irgendeiner Stelle gegen die DSGVO verstößt. Da aktuell (Stand 05/2018) viele Rechtsfragen noch ungeklärt sind, wäre eine Abmahnung im Wettbewerbsrecht aufgrund von datenschutzrechtlichen Verstößen eines Wettbewerbers unter Umständen mutig und könnte eine Gegenabmahnung provozieren.

Was kann konkret abgemahnt werden?

Ein offenes Scheunentor für eine Abmahnung ist sicherlich ein Anbieter, der eine Internetseite ohne Datenschutzhinweis betreibt. Dies ist nach § 13 Abs. 1 TMG auch vor Inkrafttreten der DSGVO nicht anders.

Ein weiteres, bereits bekanntes Thema ist die Datenverarbeitung für Werbezwecke ohne Einwilligung oder die Verwendung von personenbezogenen Daten außerhalb des vereinbarten Zwecks.

Ein sehr spannendes Thema wird die Frage werden, wie eine Datenschutzerklärung nach DSGVO eigentlich aussehen sollte bzw. was dort – wettbewerbsrechtlich gesehen – verpflichtend Inhalt sein sollte. Es wird somit auf Dauer gesehen sicherlich Einzelfallrechtsprechung geben, in der einzelne Klauseln von Datenschutzerklärungen auf den Prüfstand gestellt werden.

Dies halten wir jedoch für eher unwahrscheinlich. Eine Datenschutzerklärung nach DSGVO ist sehr ausführlich und komplex. Dort zielgerichtet einen Fehler zu finden, dürfte schon ziemlich anspruchsvoll sein.

Abmahnung nach automatischer Webseitenüberprüfung?

Immer wieder liest man von der Befürchtung, Abmahnvereine oder Rechtsanwälte könnten einfach ein Stück Software einsetzen, um Webseiten zu überprüfen. Tatsache ist, dass sich relativ einfach feststellen lässt, welche Tracking-Tools, etc. auf einer Webseite eingesetzt werden. Es ist dann im zweiten Schritt ein Leichtes, die auf der Seite vorhandene Datenschutzerklärung abzugleichen, um zu prüfen, ob es zu den entsprechenden Datenverarbeitungsvorgängen Informationen in der Datenschutzerklärung gibt.

Ob es derartige Tools jedoch tatsächlich gibt und ob entsprechende Abmahner in den Startlöchern stehen, ist aktuell nichts anderes als eine Befürchtung ohne Belege.

Damit nicht genug: Bußgelder

Es gibt gerade für Internethändler wenig Rechtsänderungen, bei denen Ungemach von zwei Seiten droht, nämlich zum einen vom Wettbewerber, zum anderen jedoch auch von Behörden.

Die Landesdatenschutzbeauftragten werden die neuen mächtigen Behörden in Deutschland werden. Bei einem Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung ist – theoretisch – eine maximale Geldbuße von bis zu 20 Mio. Euro oder 4% des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr möglich, je nachdem welcher Wert der höhere ist.

20. Mio. Euro klingt gewaltig und ist es auch.

Dies ist jedoch ein Betrag, mit dem eigentlich nur Großunternehmen rechnen müssen. Würden die zuständigen Behörden gegen Internethändler in Deutschland äußerst hohe Geldbußen verhängen, wäre dies dauerhaft gesehen volkswirtschaftlich nachteilig. Die Einleitung von Bußgeldverfahren, die bisher eher selten sind, durch die Behörden, wird sicherlich zunehmen. Auf der anderen Seite ist davon auszugehen, dass gerade am Anfang die Behörden Augenmaß walten lassen. Hinzukommt, dass die zuständigen Behörden personell unterbesetzt sind und aufgrund der weitreichenden Rechtsänderung sicherlich nicht die Kapazitäten haben werden, um massenhaft Bußgeldverfahren einzuleiten. Im Einzelfall ist dies natürlich nicht auszuschließen.

Wie gefährlich ist das neue Datenschutzrecht für Internethändler somit wirklich?

Dies lässt sich aktuell nicht genau beurteilen.

Es bleibt abzuwarten, wann die ersten wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen mit welchem Inhalt und in welchem Umfang nach dem 25.05.2018 auftauchen.

Auch das Verhalten der Datenschutzbehörden wird man sich genau ansehen müssen.

Nach unserem Eindruck haben sich die meisten Händler jedoch gekümmert.

Dies ist die beste Voraussetzung, um beruhigt auch weiterhin seinem Tagesgeschäft nachgehen zu können.

Sollte Sie eine Abmahnung erhalten, beraten wir Sie gern.

Stand: 24.05.2018

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Andreas Kempcke

https://ssl-vg03.met.vgwort.de/na/5536038d14024b4e9125ab0916dbd10e