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EuGH zum Widerrufsrecht auf einer Messe: Ist ein Messestand ein “Geschäftsraum” oder nicht?

Auf einer Messe kommt es häufig zu Spontankäufen, die der Verbraucher später gern rückgängig machen möchte. Ein Widerrufsrecht auf einer Messe gibt es nicht zwangsläufig. Viel mehr kommt es darauf an, ob der Messestand ein “Geschäftsraum” des Unternehmers ist.

Bisher galt: Wenn der Unternehmer regelmäßig auf Messen verkauft, ist der Messestand als Geschäftsraum zu werten. In diesem Fall gibt es kein Widerrufsrecht.

Andernfalls liegt ein Verkauf außerhalb von Geschäftsräumen vor, bei denen ein Widerrufsrecht denkbar ist.

Der Europäische Gerichtshof hat sich nun mit der Frage befasst, wann ein Messestand ein Geschäftsraum sein kann (EuGH Urteil vom 07.08.2018 Az: C-485/17).

Hintergrund war eine Klage der Verbraucherzentrale Berlin gegen ein Unternehmen, in dem es um die Belehrung über das Widerrufsrecht des Verbrauchers im Rahmen eines Messekaufes ging. Der Verkäufer bietet Produkte ausschließlich auf Messen an. Ein Verbraucher hatte einen Dampfstaubsauger (Produkte, die man wohl in erster Linie auf Messen kaufen kann) zum Preis von 1.600,00 Euro gekauft. Eine Widerrufsbelehrung gab es nicht. Die Klagen der Verbraucherzentrale vor dem Landgericht und dem OLG blieben ohne Erfolg.

Für die Frage, ob hier über ein Widerrufrecht zu belehren ist, kam es somit rechtlich darauf an, ob der Messestand ein Geschäftsraum im Sinne des Gesetzes ist oder nicht.

Überraschungsmoment?

Für den EuGH kam es zum einen darauf an, dass ein Geschäftsraum eine Örtlichkeit ist, in der es für den Verbraucher nicht überraschend ist, zu kommerziellen Zwecken angesprochen zu werden. So wird im 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/83 ausgeführt, dass Markt- und Messestände wie Geschäftsräume behandelt werden sollen.

Nach EuGH kommt es auf das konkrete Erscheinungsbild des Standes auf der Messe aus Sicht der Öffentlichkeit an. Entscheidend ist, ob der Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen kann, dass er, wenn er sich auf den Stand begibt, dort zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird. Dies ist so ähnlich wie im Ladengeschäft, wenn sich ein Verkäufer mit dem Angebot einer Beratung an den Verbraucher wendet. Hier ist klar, dass letztlich das Ziel der Verkauf sein soll.

Vor diesem Hintergrund muss letztlich der BGH die Frage klären, wie sich der Messestand konkret darstellte.

Ein Geschäftsraum ist somit gegeben, wenn

  • in Anbetracht aller Umstände rund um die Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbildes des Messestandes,
  • sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen,
  • ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher
  • vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeit ausübt und ihn anspricht
  • um einen Vertrag zu schließen.

Nach unserer Auffassung bedeutet die Entscheidung nicht zwangsläufig eine Verbesserung der Verbraucherrechte auf einer Messe.

Spannend ist letztlich die Frage, wie sich die Rechtslage eigentlich darstellt, wenn Unternehmensvertreter vor einem Messestand einen Verbraucher anspricht, um ihn auf den Stand zu locken.

In der Regel ist es, so unser Eindruck, jedoch so, dass Unternehmen die regelmäßig auf Messen verkaufen, sich ganz grundsätzlich der Rechtslage bewusst sind.

Stand: 16.08.2018

Rechtsanwalt Johannes Richard

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