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„Revolutionär“: Wenn eine Werbeaussage so übertrieben ist, dass sie wettbewerbswidrig ist


Werbung darf gerne ein wenig übertreiben. Kie Kunden (in der Rechtssprache nennt man sie angesprochenen Verkehrskreise) sind an Übertreibungen gewöhnt. Wenn der Bogen überspannt wird, kann eine Werbeaussage jedoch wettbewerbswidrig sein, so das Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Urteil vom 28.6.2023 Az. 315 O 116/23).

Was war passiert?
Der Hersteller von Spülmaschinentabs hatte seine Tabs mit folgenden Aussagen beworben:


„Unser erster Spülmaschinen Cap mit der revolutionären CYCLESYNC-Technologie ermöglicht dem richtigen Inhaltsstoff, sich genau im richtigen Moment zu entfalten, so dass selbst eingebrannte Speiserückstände effektiv entfernt werden. (…)“

und

„Unsere revolutionäre Performance mit 15 % weniger Chemikaliengehalt im Vergleich zu F. P. A.“

Die Aussagen waren nach Ansicht des Landgerichtes zu viel „Revolution“:

„Maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs werden dabei davon ausgehen, dass die vermeintlich deutlich übertroffenen Produkte im Handel üblicherweise erhältliche Spülmaschinenreinigungsprodukte sind, sodass die Erwartung auch das Produkt U. der Antragsgegnerin umfasst. Große Teile des Verkehrs werden wegen der ähnlichen Verpackungsgestaltung und fast identischen Produktbezeichnung (siehe dazu auch unter b) aa)) sogar speziell U. in Bezug nehmen. Zwar wird im zweiten beanstandeten Satz das Produkt F. P. A. i. erwähnt, allerdings ist diese Bezugnahme explizit beschränkt auf den Vergleich hinsichtlich des Chemikaliengehalts der Produkte.

Die Verkehrswahrnehmung einer erheblichen Leistungssteigerung gegenüber anderen Produkten am Markt unter Einschluss von U. wird durch den zweiten angegriffenen Satz, der nur durch zwei Sätze von dem ersten beanstandeten Satz getrennt ist, vertieft. Dort ist ausdrücklich von „revolutionäre Performance“ die Rede, was maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs ohne weiteres mit „revolutionäre Leistung“ ins Deutsche übersetzen werden und aufgrund der ersten mit diesem Antrag angegriffenen Auslobung wiederum auf die Reinigungsleistung, insbesondere hinsichtlich eingebrannter Anschmutzungen, beziehen werden.

Entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin wird der Verkehr das Attribut „revolutionär“ nicht allein auf die Neuheit der auf der Verpackung in Bezug genommenen CYCLESYNC-Technologie beziehen. Er wird die Werbeaussage im ersten der beanstandeten Sätze vielmehr so verstehen, dass die „revolutionäre“ CYCLESYNC-Technologie die Freisetzung eines bestimmten Inhaltsstoffes zu einem bestimmten Zeitpunkt ermöglicht, was wiederum dazu führt, dass selbst eingebrannte Speiserückstände effektiv entfernt werden. In der Wahrnehmung des Verkehrs wird also die als „revolutionär“ bezeichnete Fähigkeit des Produkts durch eine Kausalkette auf die effektive Entfernung eingebrannter Speisereste – und damit die Reinigungsleistung – erstreckt. Insbesondere durch die Verwendung des Worts „selbst“ wird dem Verkehr ermittelt, dass eine revolutionäre Leistungssteigerung für die effektive Entfernung verantwortlich ist.

Ebenso wird der Verkehr eine „revolutionäre“ Performance auch nicht – wie die Antragsgegnerin meint – im 15 % geringeren Chemikaliengehalt im Vergleich zu einem Referenzprodukt sehen. So verdeutlicht schon der Satzbau, dass „revolutionär“ auf die „Performance“ und nicht auf die Differenz im Chemikaliengehalt bezogen ist. Im Übrigen wird der Verkehr dies auch – wie bereits ausgeführt – wegen der vorangegangenen Leistungsbehauptung, die hier vertieft wird, annehmen.

Die dargestellte Erwartungshaltung des Verkehrs wird enttäuscht, da eine erhebliche Leistungssteigerung schon im Vergleich zu dem Produkt U. nicht vorliegt. Dem die deutliche Leistungssteigerung des Produkts U. P. in Abrede stellenden Vortrag der Antragstellerin tritt die Antragsgegnerin im Rahmen dieses Irreführungsvorwurfs nicht entgegen, sondern zieht sich vielmehr auf die geschilderten Verkehrsverständnisse zurück, denen die Kammer nicht folgt (siehe oben).“

Wie man sieht, hat sich das Gericht sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was Kunden als „revolutionär“ wahrnehmen.
Im Ergebnis sollten somit nur die Produkte als „ revolutionär“ beworben werden, die dies auch tatsächlich sind. Immerhin ist eine Revolution lt. Wikipedia „…ein grundlegender und nachhaltiger struktureller Wandel eines oder mehrerer Systeme, der meist abrupt oder in relativ kurzer Zeit erfolgt.”

Fazit


Werbeaussagen, die mit sehr starken Begriffen arbeiten (wie Revolution, Weltneuheit, einzigartig etc.) kann wettbewerbsrechtlich problematisch sein. Hier ist eher Zurückhaltung geboten.
Wir beraten Sie bei Ihrer Werbung.


Stand: 04.10.2023
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke