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BGH: Wann eine Vertragsstrafe im Markenrecht rechtsmissbräuchlich ist
Im Rahmen einer Abmahnung muss jede ausreichende Unterlassungserklärung für den Fall der Zuwiderhandlung auch eine Vertragsstrafe beinhalten, die der Abgemahnte im Fall der Zuwiderhandlung an den Abmahner zu zahlen hat. Anderenfalls entfällt die sogenannte Wiederholungsgefahr nicht.
Es gibt Fälle, in denen es dem Abmahner nicht in erster Linie um ein rechtskonformes Handeln des Wettbewerbers im Wettbewerbsrecht oder die Einhaltung markenrechtlicher Vorgaben geht, sondern Abmahnungen dazu genutzt werden, um Einnahmen zu generieren. In bestimmten Konstellationen kann dann die Geltendmachung einer Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich sein mit der Folge, dass diese nicht zu zahlen ist. Im Wettbewerbsrecht hatte der Bundesgerichthof bspw. 2019 entschieden, dass bei einer rechtsmissbräuchlichen Abmahnung eine Unterlassungserklärung gekündigt werden kann mit der Folge, dass eine Vertragsstrafe nicht mehr geltend gemacht werden kann.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof (BGH-Urteil vom 23.10.2019 Az.: I ZR 46/19 „Da Vinci“) sich zu der Frage der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung von Vertragsstrafen im Markenrecht geäußert. Um zu verstehen, warum für den BGH hier eine rote Linie überschritten war, muss man sich zunächst den Sachverhalt etwas näher ansehen.
Der Fall
Der Kläger hatte die Unions-Bildmarke „Da Vinci“ unter anderem für die Klassen 11, 16, 18, 28 und 41 registriert. Kläger war ferner Inhaber von elf weiteren Marken, die jeweils den Namen berühmter Künstler tragen. Es gab ferner die deutsche Wortmarke „Da Vinci“.
Der Beklagte wurde abgemahnt, weil er auf der Plattform eBay eine Salzlampe unter der Bezeichnung „Davinci“ anbot. Der Beklagte beendete unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung die Angebote und gab im Dezember 2014 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Da es gerade bei Markenrechtsverstößen bei eBay nicht damit getan ist, ein Angebot einfach zu beenden kam es, wie es häufig kommt:
Der Beklagte hatte lediglich das Angebot beendet nicht jedoch dafür Sorge getragen, dass das Angebot von eBay auch gelöscht wird. Folge war, dass das Angebot bei der Suche nach der jeweiligen Artikelnummer noch einsehbar war. Der Markeninhaber forderte daraufhin eine Vertragsstrafe.
Wann eine Vertragsstrafe im Markenrecht rechtsmissbräuchlich ist
Der BGH sah das Vorgehen des Klägers als rechtsmissbräuchlich an. Zur Beurteilung zieht der BGH drei Aspekte heran, die alle zusammen gegeben sein müssen:
1. Der Markeninhaber muss eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen angemeldet haben.
2. Der Markeninhaber hat hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen -vor allem zur Benutzung in dem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potenziell konkreten Beratungskonzept.
3.Die Marken werden im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet, Dritte, die identische öder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen zu überziehen.
Genau aus diesem Grund hatte der BGH im vorliegenden Fall auch Rechtsmissbrauch angenommen mit der Folge, dass die Vertragsstrafe nicht zu zahlen war.
Kein Benutzungskonzept
Nach Auffassung des BGH muss der Markeninhaber konkret zum Benutzungswillen vortragen. Dies gilt umso mehr, wenn der Abgemahnte im Verfahren substantiiert zum fehlenden Benutzungswillen des Markeninhabers und zum Rechtsmissbrauch vorgetragen hat. Im Übrigen hält sich der BGH bis auf den Leitsatz zu den weiteren Aspekten sehr bedeckt. Es wird wohl tatsächlich die Gesamtschau gewesen sein, die den BGH hier zu der Annahme eines Rechtsmissbrauches geführt hat.
Typischer Fall
Es gibt relativ häufig Fälle, in denen Marken nur deshalb angemeldet werden, um abzumahnen und Vertragsstrafen daraus zu generieren. In der Regel ist ein Benutzungswille einer Marke in diesen Fällen nicht erkennbar oder wirkt vorgeschoben.
Erste Anhaltspunkte lassen sich über eine Markenrecherche herausfinden.
Wir beraten Sie konkret.
Stand: 27.01.2020
Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke