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LG Bochum: Versteckter Hinweis auf Sicherheitsmängel nur auf der Internetseite des Herstellers ist ein Wettbewerbsverstoß

Wenn es mit einem Produkt Sicherheitsprobleme gibt, insbesondere Probleme in der IT-Sicherheit, kann dies, gerade für einen bekannten Hersteller, sehr peinlich sein.

Ein bemerkenswertes Urteil zu dieser Thematik gibt es vom Landgericht Bochum (LG Bochum, Az.: I – 8 O 26/23).

Der Fall:

Die Firma ABUS stellt Sicherheitstechnik her. Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnologie (BSI) veröffentlichte im August 2022 eine Warnung hinsichtlich eines Funk-Türschlossantriebes und einer Fernbedienung und eines Funk-Fensterantriebes des Herstellers ABUS.

Rechtsgrundlage war § 7 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG). Das Bundesamt kann entsprechende Warnungen veröffentlichen.

Jedenfalls sei es Angreifern möglich gewesen, eine technische Schwachstelle des Produktes auszunutzen, die ein unbefugtes Ver- und Entriegeln der Schlösser in der näheren räumlichen Umgebung ermöglicht.

Der Hersteller ABUS hatte die Schwachstelle bestätigt und mitgeteilt, dass diese nicht behoben werden könne.

Offensichtlich hatte die Firma ABUS die Produkte auch weiterhin auf ihrer Webseite beworben und lediglich folgenden Hinweis angezeigt:

„Hinweis: Das BSI hat für (Produktname) eine Warnung in Bezug auf eine technische Schwachstelle veröffentlicht.

Bei Fragen zu diesem Thema erreichen Sie uns unter folgender E-Mail-Adresse … oder über unser Kontaktformular.“

Gegen diese doch tatsächlich sehr unzureichende Information klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) auf Unterlassung.

Im Antrag ging es darum, es zu unterlassen, hinsichtlich der Produkte ausschließlich einen Hinweis unmittelbar im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung auf der eigenen Webseite zu veröffentlichen, wie oben dargestellt.

Das Landgericht verurteilte ABUS entsprechend zur Unterlassung.

Ausführliche Information notwendig

Nach unserer Kenntnis ist dies das erste Urteil, welches sich mit einer derartigen Thematik befasst. Es liegt auf der Hand, dass eine Bewerbung der Produkte (die mutmaßlich zum damaligen Zeitpunkt noch weiter angeboten wurden) mit einem derart kurzen und kryptischen Hinweis problematisch ist.

Anspruchsgrundlage ist nach Ansicht des Gerichtes § 5 a Abs. 1 UWG:

Ein Wettbewerber handelt unlauter und irreführend, wenn eine wesentliche Information vorenthalten wird, die nach den Umständen benötigt wird, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Bei einer ausführlichen Information über die Sicherheitslücke, die nämlich zum einen dazu führt, dass die Schlösser nicht sicher sind und die zum anderen auch nicht zu beseitigen ist, liegt es auf der Hand, dass Verbraucher derartige Produkte wohl kaum kaufen würden.

Die Schwachstelle an den Türschlossantrieben von ABUS ist nach zutreffender Auffassung des Gerichtes eine wesentliche Information.

ABUS hatte sich (was tatsächlich kreativ ist) damit verteidigt, von einer Information über die mögliche Schwachstelle abgesehen zu haben, da anderenfalls kriminelle Kreise darüber informiert werden könnten. Dieses Argument half ABUS nicht weiter.

Informationspflicht gilt auch für Seiten, auf denen das Produkt nicht zum Verkauf angeboten wird

Auf der Internetseite von ABUS wurde nur über das Produkt informiert. Eine Kaufmöglichkeit gab es dort nicht.

Dies wiederum hat zur Folge, dass eine Vielzahl von Kaufinteressenten mit der Produktbeschreibungsseite von ABUS nicht in Kontakt kommen wird.

Vielmehr wird der Verbraucher sich im Einzelhandel nach verschiedenen Produkten umsehen.

„Hier hat die Beklagte keinen Mechanismus in Gang gesetzt, der dafür Sorge trägt, dass Verbraucher auch bei Erwerb des Produktes über die Vertragspartner der Beklagten über die Sicherheitslücke in Kenntnis gesetzt werden.“

Diese Aussage betrifft letztlich die Frage, wie die Beklagte den Unterlassungstitel umsetzen sollte, nämlich durch eine entsprechende Information gegenüber den Abnehmern, die am Ort des Verkaufes (sei des stationär oder im Internet) dann darüber informieren müssten.

Begehrtes Unterlassen „als Maßnahme zur Vermeidung von Risiken“?

Diesen Teil des Unterlassungsanspruches lehnte das Gericht ab. Bezug genommen wird in diesem Zusammenhang auf § 6 Abs. 2 Produktsicherheitsgesetz:

Ein Hersteller hat im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit Vorkehrungen für geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken zu treffen, die mit dem Verbraucherprodukt verbunden sind.

Die Maßnahmen müssen den Produkteigenschaften angemessen sein und können bis zur Rücknahme, zu angemessenen und wirksamen Warnungen und Rückrufen reichen.

Nach Ansicht des Gerichtes geht es hier jedoch nicht um eine eigenständige Verpflichtung zum Rückruf. Vielmehr regelt § 6 Abs. 2 Produktsicherheitsgesetz lediglich das Einrichten von „Vorkehrungen“.

Fazit:

Sollte es eine behördliche Warnung geben, wie z.B. von dem BSI, ist es für den Hersteller nicht damit getan, versteckt, z.B. auf der eigenen Internetseite ohne weitere Informationen darüber zu informieren.

Notwendig dürfte vielmehr sein, dass die angesprochenen Kunden, in diesem Fall Verbraucher, ganz konkret informiert werden, wie z.B. in den konkreten Verkaufsangeboten.

Es liegt auf der Hand, dass der Verbraucher derartige Produkte nicht kaufen wird.

Ob ein Produkt Rückruf (eine Beseitigung des Mangels durch ein Update, z.B. war offensichtlich nicht möglich), hier rechtlich verpflichtend gewesen wäre, können wir nicht beurteilen. Der Reputationsverlust eines Herstellers, und zwar nicht nur aufgrund des eklatanten Sicherheitsmangels, sondern auch des Verhaltens danach, dürfte jedoch erheblich sein.

Auf der anderen Seite kann es auch eine Alternative sein, ein derartiges Problem „auszusitzen“ bis Restbestände abverkauft sind.

Ich berate Sie.

Stand: 18.04.2024

Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard