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Lieferung von Elektrogeräten in das EU-Ausland: Welche Sanktionen drohen Internethändlern im jeweiligen Land, die dort keinen Bevollmächtigten bestellt  haben?

irrvideo-aN0ETKh8oPw Das neue Elektrogesetz in Deutschland ist eine Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronikgeräte. Die Regelungen gelten somit nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit.

Internethändler, die Elektrogeräte oder Elektronikgeräte von Deutschland aus in das EU-Ausland liefern, müssen mit Inkrafttreten des neuen Elektrogesetzes gem. § 8 ElektroG in dem jeweiligen EU-Land, in das geliefert werden soll, einen Bevollmächtigten bestellen.

Zu unterscheiden ist zum einen die entsprechende direkte Verpflichtung aus dem deutschen Elektrogesetz.

In § 8 Abs. 5 ElektroG heißt es:

Eine natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes niedergelassen ist und Geräte gewerbsmäßig unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem sie nicht niedergelassen ist, unmittelbar für Endbenutzer bereitstellt, ist verpflichtet, vor der Bereitstellung auf dem Markt dieses Mitgliedstaates eine dort niedergelassene natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft zu bevollmächtigen, die dort für die Erfüllung ihrer Pflichten nach der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. Juli 2012 über das Elektro- und Elektronikaltgeräte verantwortlich ist.

Eine Verletzung dieser Pflichten, nämlich die Benennung eines entsprechenden Bevollmächtigten, ist gem. § 6 Abs. 2 Elektrogesetz unzulässig und natürlich auch wettbewerbswidrig.

Das deutsche Elektrogesetz sieht bei einem Verstoß gegen die Benennung eines Bevollmächtigten gem. § 45 Abs. 1 Nr. 7 ElektroG in Deutschland eine Geldbuße von bis zu 100.000,00 Euro vor.

Allein die Sanktionen, die den Händler in Deutschland bei einer Nichtbenennung eines Bevollmächtigten erwarten, bestehen somit in

  • der Gefahr einer Abmahnung aufgrund eines Wettbewerbsverstoß
  • einem Bußgeld von bis zu 100.000,00 Euro.

Damit jedoch nicht genug, einzelne EU-Länder haben zum Teil ebenfalls gesetzliche Regelungen, die Sanktionen bei einer Nicht-Benennung eines Bevollmächtigten zur Folge haben.

Grundsätzlich: Benennung eines Bevollmächtigten in jedem EU-Land notwendig, in das Elektro- und Elektronikgeräte geliefert werden.

Ein EU-weiter Versand, sei es über Amazon, eBay oder einen Internetshop, von Elektro- oder Elektronikgeräten wird mit Inkrafttreten des neuen Elektrogesetzes für Händler sehr aufwendig.

Eine Liste der Elektro- und Elektronikgeräte, die unter diese Regelung fallen, haben wir hier für Sie zusammengestellt. Der Anwendungsbereich des Elektrogesetzes wird sich ab 2018 noch erheblich erweitern.

Mit Inkrafttreten des neuen Elektrogesetzes müssen sich Internethändler sehr genau überlegen, welche EU-Länder sie tatsächlich noch beliefern möchten, da in jedem einzelnen EU-Land, das beliefert wird (in dem Elektrogeräte an Endbenutzer abgegeben werden durch Übersendung), u. a. die Benennung eines Bevollmächtigten notwendig ist.

Nicht nur der deutsche Gesetzgeber, sondern auch teilweise in einigen EU-Staaten gibt es bereits jetzt entsprechende Regelungen, die Internethändler mit Sanktionen belegen, die dort keinen Bevollmächtigten benennen. Hintergrund ist Art. 22 der Elektro- und Elektronikaltgeräte-Richtlinie. EU-Staaten sind verpflichtet, im Rahmen der nationalen Umsetzungsakte Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die innerstaatlichen Vorschriften zu verhängen sind. Insbesondere haben die EU-Mitgliedsstaaten auch Sanktionen für Online-Händler vorzusehen, welche direkt Elektrogeräte an Verbraucher in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ohne Benennung eines Bevollmächtigten vertreiben.

Wir haben an dieser Stelle beispielhaft für einige EU-Länder, die gerade im Online-Handel häufig beliefert werden, einmal zusammengestellt, welche Sanktionen konkret drohen können (ohne Gewähr) . Nicht vergessen werden darf, dass – wie in Deutschland – ein gesetzliches Vertriebsverbot besteht, wenn Elektronikgeräte ohne Benennung eines Bevollmächtigten an den dortigen Letztverbraucher abgegeben werden (versandt werden).

Österreich

In Österreich wird der Online-Händler, der aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat (bspw. von Deutschland aus) nach Österreich Elektro- und Elektronikgeräte direkt an Letztverbraucher vertreibt, als Hersteller eingestuft (Art. 13 a Abs. 5 Z 5 AWG – österreichisches Abfallwirtschaftsgesetz).

Dieser Onlinehändler hat – zwingend – die Pflicht, einen (anerkannten) Bevollmächtigten mit
Sitz in Österreich zu benennen, welcher sich wiederum beim Register als Bevollmächtigter
anmeldet und die Firma des Onlinehändlers registrieren lässt (vgl. § 21b Elektroaltgeräteverordnung i.V.m. § 13a Abs. 1a und § 13a Abs. 1 Z 5 AWG). Ein solcher Bevollmächtigter übernimmt sämtliche Verpflichtungen des Herstellers gemäß § 13a Abs. 1 Z 5 AWG für
Elektro- und Elektronikgeräte, die in Österreich an Letztverbraucher vertrieben werden (vgl. § 21b Abs. 3 Elektroaltgeräteverordnung). Der Bevollmächtigte muss im Namen des Unternehmens des Onlinehändlers also auch entsprechende Entpflichtungsverträge mit einem oder mehreren Sammel- und Verwertungssystemen abschließen, Mengenmeldungen durchführen und ist gegenüber den nationalen Behörden für die Einhaltung der Elektroaltgeräteverordnung verantwortlich.

Nach § 79 Abs. 2 Z 1 und Z 3 Z 1 Alt. 2 AWG (entgegen “§ 13a Abs. 1a” AWG) kann der Onlinevertrieb von Elektro- und Elektronikgeräten in Österreich durch einen ausländischen Onlinehändler ohne Benennung eines anerkannten Bevollmächtigten als  Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 8.400 € bzw. 3.400,00 € geahndet werden.

Neben den Bußgeldsanktionen droht bereits jetzt (Stand September 2015) deutschen Online-Händlern, die Elektrogeräte nach Österreich versenden, von dort eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung. Es wird berichtet über Abmahnungen des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb aus Österreich. In den Abmahnungen wird ein Gerichtsverfahren nach österreichischem Recht angedroht.

Großbritannien

In Großbritannien ist der Onlinehändler aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, der in Großbritannien Elektro- und Elektronikgeräte direkt an Letztverbraucher vertreibt, verpflichtet, entweder einen anerkannten (autorisierten) Bevollmächtigten zu benennen, welcher die Herstellerpflichten dann stellvertretend für den Onlinehändler erfüllt (vgl. Section 14 (2) b) (i) Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations 2013), oder er muss alternativ seine Herstellerpflichten selbst erfüllen (vgl. Section 14 (2) b) (ii) Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations 2013).

Der vom Onlinehändler benannte anerkannte Bevollmächtigte bzw. andernfalls der Onlinehändler selbst ist gesetzlich verpflichtet, im Falle des Vertriebs von Elektroartikeln von mehr als fünf Tonnen sich an einem anerkannten britischen Verwertungssystem zu beteiligen.
Unterhalb dieser Mengenschwelle kann der vom Onlinehändler benannte anerkannte Bevollmächtigte den Onlinehändler bzw. andernfalls dieser sich selbst unmittelbar bei der dafür zuständigen Umweltagentur kostenpflichtig registrieren und unterliegt u. a. jährlichen Berichtspflichten (vgl. Section 14 Abs. 3, Section 15-17 Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations 2013).

Der Onlinevertrieb von Elektro- und Elektronikgeräten in Großbritannien durch einen ausländischen Onlinehändler ohne Benennung eines anerkannten Bevollmächtigten oder alternativ ohne Erfüllung einzelner oder mehrere Herstellerpflichten ist jeweils eine Ordnungswidrigkeit (vgl. Section 90 (1) (a) Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations 2013: “A producer or authorised representative will be guilty of an offence if he –
(a) contravenes or fails to comply with any requirements of regulation […] 14, 15, 16, 17 […]) und kann mit Geldstrafe geahndet werden (vgl. Section 91 Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations 2013).

Frankreich

Auch in Frankreich muss selbstverständlich ein Bevollmächtigter benannt werden. Im Rahmen des französischen Umweltgesetzes wird ein Online-Händler, der von Deutschland aus Elektrogeräte nach Frankreich liefert, als Hersteller angesehen, verbunden mit der Verpflichtung, auch dort einen Bevollmächtigten zu benennen. Bei Zuwiderhandlung droht nach Article R 543-171-12 II ein Bußgeld.

Polen

Auch in Polen wird der Online-Händler, der aus Deutschland nach Polen Elektro- und Elektronikgeräte direkt an Letztverbraucher verkauft, als Hersteller eingestuft. Auch in Polen ist – wie in anderen EU-Ländern auch – ein Bevollmächtigter zu benennen. Im Fall der Zuwiderhandlung droht ein Verwaltungsbußgeld in Höhe zwischen 10.000,00 PLN bis 500.000,00 PLN (somit zwischen 2.400,00 Euro – 120.000,00 Euro).

Spanien

In Spanien richten sich die entsprechenden Regelungen nach dem Royal Decree 110/2015. Hier ist ebenfalls ein Bevollmächtigter zu benennen. Für den Fall der Zuwiderhandlung droht auch dort eine Sanktion in Form eines Bußgeldes.

Andere EU-Staaten

Entsprechende Regelungen gibt es auch in anderen EU-Ländern bzw. diese werden spätestens nach der Umsetzung der EU-Richtlinie in Kraft treten, die die Mitgliedsstaaten zwingt, auch für den Fall der Zuwiderhandlung Sanktionen vorzusehen.

An der Benennung eines Bevollmächtigten im Fall des Exports bzw. die Lieferung in ein EU-Land geht somit kein Weg vorbei.

Stand: 25.09.2015

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

 

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