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Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb (VSV) fordert Vertragsstrafe: Warum die Forderungen problematisch sind und wie Sie sich dagegen wehren können

Update 12.04.2024:

In der ursprünglichen Fassung datiert der vorliegende Beitrag vom 16.11.2023. Inzwischen gab es allerdings einige neue Entwicklungen. Deshalb vorab ein kurzes Update:

Seit dem 16.11.2024 wurden hier in der Kanzlei weitere Fälle vorgelegt, in denen der VSV Vertragsstrafen geltend gemacht hat. Inzwischen summieren sich die in den hier vorliegenden Fällen geltend gemachten Beträge auf insgesamt mehr als 180.000,00 Euro.

Eine Überprüfung hat ergeben, dass der VSV nach wie vor weder in die Liste qualifizierter Verbraucherverbände gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) noch in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gemäß § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eingetragen ist (Abrufzeitpunkt der Listen: 12.04.2024, Stand der Liste qualifizierter Verbraucherverbände gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) zum Abrufzeitpunkt: 05.04.2024; Stand der Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gemäß § 8b des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zum Abrufzeitpunkt: 02.04.2024).

Inzwischen hat der VSV in zwei der hier vorliegenden Verfahren Klagen eingereicht. Im ersten bereits im letzten Jahr eingeleiteten Klageverfahren vor dem Landgericht Rostock sollte der Termin der mündlichen Verhandlung ursprünglich im März 2024 stattfinden. Der Termin wurde allerdings verlegt und soll nun im Juli 2024 stattfinden. In dem weiteren erst in diesem Jahr eingeleiteten Klageverfahren vor dem Landgericht Dresden steht noch kein Termin zur mündlichen Verhandlung fest. Wie das Landgericht Rostock und das Landgericht Dresden die Frage nach der Rechtsmissbräuchlichkeit des Vorgehens des VSV bewerten werden, ist derzeit noch unklar (Stand: 12.04.2024). Und ob die Verfahren vor den Landgerichten enden werden, bleibt abzuwarten. Wir werden über den Ausgang der Verfahren berichten.

Wir von Internetrecht-Rostock.de haben in der Vergangenheit eine Vielzahl von Betroffenen beraten, die eine Abmahnung von dem Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e.V. (VSV) erhalten hatten. Aktuell häufen sich hier in der Kanzlei Fälle, in denen der Verein Vertragsstrafe fordert. Die Berechtigung der entsprechenden Forderungen unterliegt nach unserer Auffassung allerdings Zweifeln. Deshalb unterstützen wir inzwischen mehr als 10 Betroffene, die sich gegen die Forderungen zur Wehr setzen. Und Anfragen weiterer Betroffener lassen vermuten, dass der Verein in zahlreichen weiteren Fällen Vertragsstrafen fordert. Daher erläutern wir mit dem folgenden Beitrag, wie Sie auf eine Vertragsstrafenforderung des VSV reagieren können und warum es Sinn macht, sich gegen eine Vertragsstrafenforderung des Vereins zu wehren.

In der Vergangenheit durfte der VSV abmahnen


Der Verbraucherschutzverein guW (VSV) war in der Vergangenheit in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG (Unterlassungsklagengesetz) eingetragen und daher berechtigt, eine Abmahnung auszusprechen. Themen der entsprechenden Abmahnverfahren waren in den hier in der Kanzlei vorliegenden Fällen unter anderem:

  • Verstöße gegen die Health-Claims-Verordnung,
  • fehlende Angaben zur Nährwertdeklaration und zum verantwortlichen Lebensmittelunternehmer,
  • fehlende Hinweise auf Allergene, insbesondere Sulfite und
  • Werbung mit einer Garantie ohne ergänzende Informationen zu der beworbenen Garantie

Im Jahr 2021 ist der VSV aus der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem UKlaG ausgeschieden
Nach uns vorliegenden Informationen war der VSV auf eigenen Antrag aus der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem UKlaG ausgeschieden. Damit verlor der Verein die Berechtigung, im Wege einer Abmahnung Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend zu machen. Eine Überprüfung der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem UKlaG auf der Seite des Bundesjustizamtes hat ergeben, dass der Verein auch aktuell nicht auf der Liste eingetragen ist (Abruf der Liste am 16.11.2023; Stand der Liste zum Abrufzeitpunkt: 26.10.2023).

Aktuell fordert der VSV Vertragsstrafen

Uns liegen hier in der Kanzlei inzwischen mehr als 10 Fälle vor, in denen wegen eines Verstoßes gegen eine alte Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe gefordert wird. Die Höhe der Zahlungsforderungen liegt zwischen 6.000,00 und 30.000,00 Euro. Insgesamt summieren sich die Forderungen in den uns vorliegenden Fällen auf mehr als 150.000,00 Euro.

Warum wir die Forderungen des Vereins für problematisch halten

Die Berechtigung der Zahlungsforderungen des VSV unterliegt nach unserer Auffassung Zweifeln, weil der Verein mit dem Ausscheiden aus der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach dem UKlaG seine Abmahnbefugnis verloren hat. Der Bundesgerichtshof hatte in der Vergangenheit in einem aus unserer Sicht vergleichbaren Fall bereits entschieden, dass der Wegfall der Abmahnbefugnis zur Folge hat, dass einer Vertragsstrafenforderung eines Vereins der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann und dass die abgegebene Unterlassungserklärung gekündigt werden kann.

Die entscheidende Frage lautet also: Ist die BGH-Rechtsprechung auf die aktuellen Vertragsstrafenforderungen des VSV übertragbar? Diese Frage werden wir gerichtlich klären. In einem der uns vorliegenden Fälle hat der VSV nämlich eine Klage eingereicht.

Wie Sie auf eine Vertragsstrafenforderung des VSV reagieren können

Wenn der VSV eine Vertragsstrafe von Ihnen fordert, dann haben Sie im Grunde die folgenden Möglichkeiten:

  • Zum einen besteht die Möglichkeit, mit dem VSV über die Höhe der Vertragsstrafenforderung zu verhandeln, um eine Einigung über eine Reduzierung der Vertragsstrafenhöhe zu erreichen und den Rechtsstreit beizulegen. Der Haken an der Sache: mit dieser Vorgehensweise geben Sie zu erkennen, dass Sie die abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bzw. den bestehenden Unterlassungsvertrag als weiterhin wirksam betrachten. Falls es später zu einem neuen Verstoß und einer weiteren Vertragsstrafenforderung kommt, wird die Verteidigung erheblich schwerer.
  • Zum anderen besteht die Möglichkeit, die Vertragsstrafenforderung des VSV unter Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwandes zurückzuweisen und die abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu kündigen. Zugegeben, auch diese Vorgehensweise ist ein zweischneidiges Schwert: Es besteht nämlich die Gefahr, dass die Vertragsstrafenforderung mit einer Klage im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht wird.

Gern beraten wir Sie unter Berücksichtigung Ihrer konkreten Situation und entwerfen mit Ihnen eine Strategie für das weitere Vorgehen in Ihrem Fall. Sprechen Sie uns einfach an!

Sie wollen zunächst über eine Reduzierung der Vertragsstrafe verhandeln?

Kein Problem: Unter bestimmten Voraussetzungen macht es Sinn, zunächst auf eine Verhandlungslösung zu setzen. Gern beraten wir Sie hierzu.

Falls der VSV nicht zu einer akzeptablen Einigung bereit sein sollte, können Sie die Verhandlungen abbrechen und die Zahlungsforderung des Vereins natürlich immer noch zurückweisen.

Sie wollen sich gegen eine Vertragsstrafenforderung des VSV wehren?

Wenn Sie sich gegen eine Zahlungsforderung des VSV wehren wollen, können wir Sie unterstützen. Wir vertreten bereits mehr als 10 Betroffene in Parallelverfahren.

Ein Tipp vorab: Bei der Formulierung der Zurückweisung einer Zahlungsforderung des VSV ist Vorsicht geboten. Je nach Formulierung der Zurückweisung besteht nämlich die Gefahr, dass der Verein nochmals über Anwälte zur Zahlung auffordern lässt und hierfür gesonderte Kosten geltend macht. In einem der uns vorliegenden Fälle war der Verein tatsächlich so vorgegangen. In den anderen uns vorliegenden Fällen haben wir dem Verein unmissverständlich deutlich gemacht, dass er sich diese unsinnige „Extra-Runde“ sparen kann.

Nur die Vertragsstrafenforderung zurückweisen oder auch die abgegebene Unterlassungserklärung kündigen?

Wenn Sie sich effektiv wehren wollen, dann sollten Sie nach unserer Auffassung über uns nicht nur die Vertragsstrafe zurückweisen lassen, sondern in diesem Zusammenhang über uns auch die abgegebene Unterlassungserklärung kündigen lassen. Gern erörtern wir das diesbezügliche Vorgehen mit Ihnen.

Sie haben aktuell zwar noch keine Post vom VSV erhalten, möchten eine von Ihnen abgegebene Unterlassungserklärung aber trotzdem vorsorglich kündigen?

Auch die vorsorgliche Kündigung einer abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist möglich. Nach unserer Auffassung müsste eine entsprechende Kündigung wirksam sein, weil die aktuellen Fälle mit einer Konstellation vergleichbar sind, für die der Bundesgerichtshof in der Vergangenheit bereits von der Wirksamkeit einer Kündigung ausgegangen war. Gern unterstützen wir Sie auch im Hinblick auf eine vorsorgliche Kündigung einer abgegebenen Unterlassungserklärung.

Stand:12.04.2024

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Andreas Kempcke