Sonstiges Urteil 23
Sonstiges
Leitsatz:
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Ein Disclaimer kann die Haftung nach Deliktsrechtveräußerungen im Internet nicht ausschließen. Er kann allenfalls als Distanzierung verstanden werden.
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Die Erfüllung des Anspruches aus § 5 IV TDG a.F. auf Entfernung eines Inhaltes beseitigt die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht.
OLG München, Urteil v. 17.05.2002, Az. 21 U 5569/01, MMR 2002, 611f. (rechtskräftig)
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Äußerung im Internet. Die Beklagte gestaltet dabei die Seiten nicht vollständig selbst, vielmehr könne auch Dritte Beiträge einbringen. Hierbei handelt es sich um ein so genanntes “Diskussionsforum”. In einem Diskussionsforum war eine falsche Information eingestellt worden. Das OLG hatte einen Unterlassungsanspruch aus § 823 I, 1004 I S. 2 BGB bejaht und eine Haftung des Beklagten als Störer im Sinne von § 1004 I S. 2 BGB bzw. als Gehilfe im Sinne der §§ 830, 840 BGB angenommen.
Auf das Meinungsforum ist nach Ansicht des OLG das Teledienstegesetz anwendbar. Nach Ansicht des OLG hatte die Beklagte auch Kenntnis vom Inhalt der Internetseite. An diese Kenntnis sind im vorliegenden Fall keine hohen Anforderungen zu stellen. Grund für die Privilegierung des Providers ist bei § 5 II TDG, dass es für den Betreiber auf Grund der gespeicherten großen Datenmengen und der fehlenden Möglichkeit zu einer verlässlichen automatischen Erkennung rechtswidriger Inhalte zunehmend unmöglich ist, alle fremden Inhalte im eigenen Dienstbereich zur Kenntnis zu nehmen uns auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dies gilt jedoch nur bei großen Datenmengen. Da die Beklagte die Einträge alle 2-3 Tage kontrolliert hat, wird ihr die Kenntnis zugerechnet. Ferner war es der Beklagten möglich und zumutbar, die Nutzung insoweit zu verhindern. Auch aus einer Anwendung des Mediendienstestaatsvertrages würde sich nichts anderes ergeben.
Der angebrachte Disclaimer entlastet die Verfügungsbeklagte nicht. Ein Ausschluss der Haftung der Verfügungsbeklagten wäre allenfalls und auch nur dann in Betracht gekommen, wenn der Nutzer die Seiten nur über den Disclaimer erreichen kann oder wenn jede Seite einen deutlichen direkten Text zum Haftungsausschluss enthalten hätte. Dabei ist zu bedenken, dass grundsätzlich nur ein vertraglicher Haftungsausschluss möglich wäre, nicht ein solcher gegenüber geschädigten Dritten. Deshalb bestünde allenfalls die Möglichkeit in einem deutlich angebrachten Disclaimer eine ausreichende Distanzierung zu sehen, so dass – nach Scheitern dieses “Vorfilters” – die Grundsätze angewendet werden können, die für die alten Medien als Markt der Meinungen entwickelt worden sind. Mangels ausreichender Deutlichkeit des Disclaimers im Zeitpunkt des schädigenden Eingriffes kann aber vorliegend nicht hierauf zurückgegriffen werden. Allein aus dem Charakter des vorliegenden Angebots als Meinungsforum kann eine hinreichende Distanzierung nicht entnommen werden, zumal sich die Verfügungsbeklagte auch selbst mit einem oder mehreren Beiträgen beteiligt hat.
Auch die erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben. Hat einmal ein rechtswidriger Eingriff stattgefunden, dann spricht eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Gefahr einer Wiederholung dieses Eingriffes. Da die Beklagte gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hatte und erst recht keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, besteht die Annahme einer Wiederholungsgefahr. Diese wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass die Beklagte die Daten gelöscht hat.
Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard
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