Sonstiges Urteil 15
Sonstiges
Leitsatz:
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Ein Webhostingvertrag ist nach Mietrecht zu beurteilen
- Die Nichtabberufbarkeit gehosteter Inhalte stellt einen Mangel der Mietsache gemäß § 536 BGB dar.
- Bei dem Nachweis eines Schadens eines Internetshops aufgrund der Nichtabrufbarkeit des Shops kann sich der Treiber auf Beweiserleichterungen berufen, mit der Folge, dass entgangener Gewinn als Schadensschätzung des Gerichtes ermittelt werden kann, wenn eine auf gesicherten Grundlagen beruhende Wahrscheinlichkeitsprognose in der Form eines Durchschnittsumsatzes vorliegt.
AG Charlottenburg, Urteil v. 11.01.2002, Az. 208 C 192/01, CuR 2002, Seite 297 f. (rechtskräftig)
Das Urteil des Amtsgerichtes Charlottenburg stellt eine der wenigen Entscheidungen dar, bei denen Schadenersatz wegen Unterbrechung der Abrufbarkeit eines Internetangebotes geltend gemacht wird.
Das Amtsgericht hat mit einem Satz angenommen, dass ein Webhostingvertrag nach Mietrecht zu beurteilen ist. Diese Entscheidung ist nicht unumstritten, da der Webhostingvertrag zum Teil in seiner Hauptleistungspflicht als Dienstvertrag gesehen wird.
Folgerichtig muss das Recht somit bei Nichtabrufbarkeit gehosteter Inhalte einen Mangel der Mietsache annehmen. Vorliegend war der Internetshop aufgrund des Verschuldens des Webhostingunternehmens 6 Tage offline.
Teile des Schadenersatzes gegen den Webhoster wurden mangels Verschulden abgewiesen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung bei einer fahrlässigen Haftung sah das Gericht auch nicht darin, dass nötige Serverkapazitäten nicht bereit gehalten wurden. Vorliegend hatte es eine Überlastungssituation gegeben, da kurz vor Weihnachten der Shop massiv beworben wurde.
Im übrigen wurde ein Schadenersatzanspruch wegen Verzuges der Mangelbeseitigung bejaht. Der Webhoster hätte sofort nach Mangelanzeige beginnen müssen, die Störung zu beseitigen. Als Abhilfefrist sieht das Gericht 1,5 Tage als angemessen an.
Hinsichtlich des Schadens konnte sich der Shopbetreiber gemäß § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. I ZPO auf Beweiserleichterungen berufen. Entgangener Gewinn kann durch eine Schätzung des Gerichtes ermittelt werden, wenn eine auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeitsprognose möglich ist. Der Shopbetreiber konnte einen durchschnittlichen Gewinn für einen bestimmten Zeitraum nachweisen durch die Vorlage täglicher Umsätze seines Shops.
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