e-commerce Urteil 19

E-Commerce

 

Leitsatz:

 

  1. Die Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen beginnt bei der Lieferung von Waren erst bei vollständigem Eingang aller Teillieferungen.
  2. Der Ausschluss des Widerrufsrechts bei einer Lieferung, die eindeutig auf persönliche Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten ist, entscheidet sich im Einzelfall danach, ob die Rücknahme der Ware für den Unternehmer zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung führen würde. Diesen Ausnahmetatbestand hat der Unternehmer zu beweisen. Ist über die Ware, deren Bestellung widerrufen wurde, ein Darlehensvertrag geschlossen worden, berührt ein Festhalten des Verbrauchers an dem Darlehensvertrag das Widerrufsrecht nicht.
  3. Bei dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages sind dem Käufer auch die Versandkosten zu erstatten.

OLG Frankfurt, Urteil v. 28.11.2001, Az. 9 U 148/01, CuR 2002, 638 f.

Mittlerweile liegen die ersten Urteile von oberinstanzlichen Gerichten zu Fragen des Fernabsatzgesetzes vor. Im vorliegenden Fall hatte ein Verbraucher ein Notebook bestellt sowie weitere Gegenstände. Bis auf eine Anzahlung sollte der Restbetrag über eine Bank finanziert werden. Es wurde ein Teil der Gegenstände ausgeliefert. Der Käufer hat den Kaufvertrag nach Fernabsatzgesetz widerrufen.

Das OLG hat festgestellt, dass für den Fristbeginn des Widerrufsrechts nach Fernabsatzgesetz der vollständige Eingang der Waren maßgebend sei. Teillieferungen sind nicht ausreichend. Hierfür spricht nach Ansicht des Senates, dass erst zum Zeitpunkt der vollständigen Lieferung der Besteller die Waren auf ihre Ordnungsgemäßheit zu überprüfen hat. Lediglich bei gleichartigen Waren reicht bereits der Eingang der ersten Teillieferung.

Die Tatsache, dass der Kunde das Notebook, das er bestellt hatte, im Einzelnen konfiguriert hatte, spricht nach Ansicht des Senates zutreffenderweise nicht gegen ein Widerrufsrecht. Für die Frage der Kundenspezifikation ist es nicht ausreichend, dass der Kunde unter mehreren Ausstattungsvarianten wählen kann. Entscheidend ist, ob der Unternehmer ohne weiteres einen Ersatzabnehmer finden kann. Es sei daher im Einzelfall zu entscheiden, ob die Rücknahme der Ware für den Unternehmer zu einer quasi unzumutbaren Beeinträchtigung führen würde. Dabei ist dem Unternehmer zumutbar, das Notebook auseinanderzubauen, um die Einzelkomponenten dann weiter zu verkaufen. Die Tatsache, dass der Kaufpreis durch den Käufer finanziert wurde und der Darlehensvertrag selbst nicht widerrufen wurde spricht nicht gegen ein Widerrufsrecht, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass ein Widerrufsrecht in diesem Fall natürlich auch für den Darlehensvertrag besteht.

Das OLG hat ferner klargestellt, dass nicht nur der Kaufpreis sondern auch die Versandkosten für die Lieferung zu erstatten sind. Aus Sicht des Verbrauchers handelt es sich bei den bezahlten Versandkosten ebenfalls um eine Leistung an den Unternehmer, weshalb sie gem. § 346 BGB zurückzuerstatten sind.

Nachtrag: Der BGH hat am 02.04.2003 das Urteil bestätigt (AZ VIII ZR 295/01)

 

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard

 

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