sonstiges40

1.

Bei einer Dialerverbindung trifft den Rufnummernbetreiber die Darlegungs- und Beweislast für die erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen zum Vertragsschluss.

2.

Es ist lebensfern, anzunehmen, dass teure Mehrwertverbindungen vom Computernutzer bewußt als Standardverbindungen für die tägliche Nutzung des Internets verwendet werden.

Landgericht Kiel, Az. 11 O 433/02, MMR 2003, Seite 422 f.

Die Klägerin machte als Telefonnetzbetreiberin gegen die Beklagte einen Anspruch auf die Vergütung von Datenverbindungen mit Internetmehrwertdiensten geltend. Der Computernutzer behauptete, er habe die Verbindungen zu Mehrwertdiensten nicht bewußt aufgebaut. Bei der Nutzung von Webseiten mit sexuellem Inhalt seien ihm bei der Aktivierung bestimmter Felder weitere Angebote versprochen worden. Diese habe er auch wahrgenommen und dabei unbewußt ein Programm aktiviert, das die Einwahldaten der auf dem Computer gespeicherten Verbindung zum Internet geändert habe.

Das Landgericht hat die Klage rechtskräftig abgewiesen und deutlich gemacht, dass es den Mehrwertdienstleister obliegt, einen entsprechenden Vertragsschluß nachzuweisen.  Der Mehrwertdienstebetreiber hatte bereits nicht schlüssig dargelegt, dass der Nutzer die Internetverbindungen zur 0190-Nummer bewußt vorgenommen hat. Die entsprechende Behauptung steht im Widerspruch zum Inhalt der Einzelverbindungsnachweise. Aus diesem ergibt sich, dass die Rufnummer nur für eine Dauer von wenigen Sekunden oder Minuten Verbindungen aufgebaut hat, was nicht mit der Nutzung der Mehrwertdienste sondern allenfalls mit dem Abrufen und Versenden von e-Mails zu erklären ist. Bei einer durchschnittlichen Gesamtnutzung pro Tag von 6,5 Stunden ist mit Sicherheit zu schließen, dass der Nutzer nicht die gesamte Zeit auf Webseiten mit entsprechenden sexuellen Inhalt verbracht hat, sondern auch anderen Internetmöglichkeiten nachgegangen ist.

Angesichts der beinahe zweihundertfachen Kosten im Vergleich zur üblichen Datenverbindung sei es ferner lebensfern anzunehmen, dass derart teure Mehrwertverbindungen durch den Nutzer bewußt als Standardverbindung für die tägliche Nutzung des Internets verwendet worden sind ohne einen weitergehenden Nutzen ziehen zu können.

Ferner ergebe sich aus dem Einzelverbindungsnachweis, dass zwar verschiedene Mehrwertdienstebetreiber angerufen worden seien, nach der Installation des Dialers nur noch die Nutzung der Klägerin. Dies sei ein Beleg für die ungewollte Festlegung der Rufnummer durch eine Dialerstandardverbindung  im DFÜ-Register des Computers. Wäre dieser Dienst aktiv und bewußt genutzt worden, würde eine andere Gewichtung und Verteilung der unterschiedlichen Rufnummern feststellbar sein.

Die Tatsache, dass dem Mehrwertdienstebetreiber das Dialerprogramm nicht bekannt sei, sei nicht erheblich, da es unwahrscheinlich sei, dass der Dialermieter das Programm dem Mehrwertdienstebetreiber zur Kenntnis gibt.

Jedenfalls führe die unbewußte Einwahl nicht zum Vertragsschluss und damit auch nicht zur Entstehung eines Vergütungsanspruches.

Im Übrigen sei der Mehrwertdienstebetreiber in der Pflicht, den Anbieter zu nennen, damit dieser gegen die Forderung gegebenenfalls rechtlich Schritte einleiten kann.

Durch die Unkenntnis des eigentlichen Vertragspartners wird dem Privatkunden die Möglichkeit des Rechtsschutzes genommen und der Kunde somit unangemessen benachteiligt.

Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Mehrwertdienstebetreiber zwar die Forderungen für die entsprechenden Diensteanbieter einholt und weiterleitet, jedoch nicht in der Lage ist, diese namentlich zu benennen. Daher würde das Risiko auf Seiten des Klägers liegen, wenn es Probleme gibt.

Zudem wäre es im vorliegenden Fall geboten gewesen, den Nutzer frühzeitig vor dessen Gebührenaufkommen zu warnen. Es besteht zwar grundsätzlich keine Überwachungspflicht des Anbieters über das Internetnutzungsverhalten des Kunden. Jedoch ist es eine Nebenpflicht eines jeden Vertragsverhältnisses, die Rechte schonend auszuüben, so dass der Vertragspartner vor Vermögensschäden und sonstigen Rechtsgutverletzungen geschützt ist. Dies ergibt sich aus den Regelungen des allgemeinen Schuldrechts und spiegelt sich auch in der bisherigen Rechtsprechung zu Mehrwertdiensten wieder, die bspw. eine Unterbrechung nach einer Stunde verlangen.

Anmerkungen:

Das Urteil des Landgerichtes Kiel ist in seiner Rechtsauffassung wünschenswert klar und eindeutig. Das Gericht redet nicht um den heißen Brei rum, sondern legt die Fakten nochmals deutlich auf den Tisch.

Der Mehrwertdienstebetreiber muß einen Vertragsschluss nachweisen und seinen Vertragspartner nennen. Die üblichen Kurzverbindungen durch Internetdialer sind bereits ein Indiz dafür, dass die Installation nicht wissentlich geschah.

Insofern ist das Urteil durchaus geeignet, als Standardzitat zur Verteidigung von Dialeransprüchen zu dienen.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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