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Leitsatz

1.

Kritische Beiträge in Internetforen sind unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit erlaubt, soweit es sich nicht um eine unzulässige Schmähkritik handelt.

2.

Ein Forenbetreiber ist gemäß § 8 II S. 1 Teledienstegesetz nicht verpflichtet, Forenbeiträge zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Landgericht Köln, Urteil vom 04.12.2002, Az. 28 O 627/02

Dieses Urteil ist eines der ersten, das sich mit der Haftung für fremde Inhalte nach dem neuen Teledienstegesetz beschäftigt.

Die Antragstellerin betreibt im Internet einen Mobilfunkhandel, während die Antragsgegnerin ein Internetforum unterhält, in dem einzelne Benutzer Erfahrungsberichte zum Kauf und Erwerb von Mobiltelefonen einstellen können. In diesem Forum wurden Berichte von Kunden der Antragstellerin veröffentlicht, die sich kritisch mit den Geschäftsgebaren auseinandersetzten. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin ab, woraufhin diese in der Folgezeit lediglich die Links auf die entsprechenden Seiten beseitigte, nicht jedoch die konkreten Beiträge selbst. Diese waren bei Kenntnis der genauen Seitenbezeichnung bzw. über eine Verlinkung auf eine andere Internetseite noch erreichbar.

Die Antragsgegnerin war der Auffassung, dass der Inhalt der monierten Beiträge einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, da sie grob geschäftsschädigenden Inhaltes seien und allgemein zu Sammelklagen oder Sammelstrafanzeigen gegen die Antragstellerin aufforderten.

Die Antragsgegnerin ist der Meinung, für die Beiträge nicht verantwortlich zu sein, da bei Konzeption des Forums und der Gestaltung der einzelnen Beiträge klar erkennbar sei, dass es sich bei den eingestellten Mitteilungen nicht um redaktionelle oder sonstige eigenen Inhalte sondern um eigene Beiträge des jeweiligen Forumnutzers handele.

Das Landgericht hat einen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht als gegeben angesehen, da der Inhalt nicht rechtswidrig gewesen sei. Die Beiträge schilderten konkrete Erfahrung, die Kunden in der Geschäftsabwicklung mit der Antragstellerin gemacht haben. Diese konkreten Tatsachenbehauptungen wurden von der Antragstellerin auch nicht bestritten. Die aus diesen Tatsachen von den Autoren der Beiträge gezogenen Schlussfolgerungen stellen aber zulässige Meinungsäußerungen dar. Sofern in diesen Beiträgen der Antragstellerin ein unredliches Geschäftsgebaren unterstellt wird, so sei auch diese Äußerung zulässig, denn die grundsätzlich bestehende Meinungsäußerungsfreiheit findet nicht erst dort ihre Grenze, wo die Schwelle zur sogenannten Schmähkritik überschritten ist. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit führt das Gericht wörtlich aus:

“Soweit die Antragstellerin im Verlaufe des Verfahrens weitere Beiträge eingereicht hatte, die nach ihrer Auffassung rechtswidrige Inhalte enthalten, so scheitert eine Verantwortlichkeit der Antragstellerin insoweit jedenfalls bereits daran, dass sie als Diensteanbieter im Sinne des §§ 9-11 Teledienstegesetzes nicht verpflichtet ist, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweise, § 8 II S. 1 Teledienstegesetz. Dafür, dass sich die Antragsgegnerin die Inhalte des in ihrem Forum veröffentlichten Beiträge selbst zu Eigen gemacht hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Dementsprechend wäre sie erst nach Kenntniserlangung von dem Inhalt gemäß § 11 Ziff. 1 des Teledienstegesetzes zur Überprüfung verpflichtet gewesen. Eine rechtzeitige Kenntniserlangung von der mündlichen Verhandlung war hier aber nicht gegeben.

Im Übrigen würde der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aber auch hier angesichts des fehlenden rechtswidrigen Inhalts aus den bereits genannten Gründen scheitern.”

Kommentar:

Dies ist das erste Urteil, dass sich mit der Haftung nach dem neuen Teledienstegesetz beschäftigt. Im Übrigen wendet das Landgericht § 8 II TDG zutreffend an. Demzufolge sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Insofern wird die bekannte Rechtsprechung des Landgerichtes Trier gerade gerückt, die sich jedoch mit dem alten TDG beschäftigte. Erst nach Kenntniserlangung, wie beispielsweise durch eine Abmahnung, besteht die Verpflichtung, derartige Beiträge gegebenenfalls zu entfernen. Voraussetzung ist natürlich, dass die Beiträge rechtswidrig sind, was das Landgericht vorliegend erst gar nicht angenommen hatte.

Anders sieht es aus, wenn der Dienstebetreiber, wie z. B. der Forumbetreiber, sich diese Beiträge zu Eigen macht, indem er ihnen beispielsweise zustimmt oder den Beitrag selbst geschrieben hat.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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