Schuldnerspiegel im Internet

OLG Rostock: Schuldnerliste im Internet rechtswidrig

OLG Rostock, Urteil vom 31.03.2001, AZ: 2U 55/00 ( nicht rechtskräftig) CuR 2001, 618

Die Beklagte ist Herausgeberin eines Schuldnerspiegels (www.schuldnerspiegel.de) und bezeichnet sich selbst als eine Art ständige Internet – Wandzeitung mit Berichten über die Abwicklung von Zahlungsverhältnissen, geordnet nach den Namen der Schuldner. Schuldner können über eine Suchfunktion auf der Seite erreicht werden. Über die Veröffentlichung des Schuldnerspiegels entscheidet die Redaktion im Einzelfall und beabsichtigt, alle Seiten gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird dem “Auftraggeber” die Verantwortung übertragen für die Wahrheit der veröffentlichen Angaben. Eine Veröffentlichung erfolgt in der Regel erst dann, wenn sämtliche Betroffene schriftlich auf die Möglichkeit einer Veröffentlichung hingewiesen worden sind und eine Woche vergangen sei. Werde die Unrichtigkeit der Angaben glaubhaft gemacht, sehe die Internetseite von der Veröffentlichung des Schuldners ab.

In einem Schreiben, in dem der Schuldner zur Stellungnahme aufgefordert wurde wird darauf hingewiesen, dass der Schuldnerspiegel demnächst sich verstärkt an die Öffentlichkeit und auch an die Öffentliche Hand wenden werde, damit “sie zukünftig von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Denn es kann nicht sein, dass auf der einen Seite der Bundestag eigens das BGB ändert, um kriminellen Zahlungsverweigerern endlich das Handwerk zu legen, und auf der anderen Seite Fehlverhalten wie das ihre durch öffentliche Aufträge noch unterstützt wird.”

Das Landgericht, wie auch das OLG haben die Veröffentlichung der Daten des angeblichen Schuldners untersagt. Die Nennung des Namens unter der Domain “Schuldnerspiegel” im Internet verletzt das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 I BGB. Es ist auch nicht durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 I GG gerechtfertigt. Es liege ein betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb vor, da durch den Eintrag in die Liste der Betrieb in empfindlicher Art und Weise gestört werden soll, selbst wenn es nicht zu einer Existenzgefährdung des Betriebes führt. Hintergrund des Verfahrens war, dass der Betrieb, d.h. die Schuldnerin, tatsächlich Schulden hatte, nach ihrer Behauptung diese jedoch auf fehlende ordnungsgemäße Abrechnung des Auftragnehmers beruhe. Dieser Sachverhalt werde auf der Internetseite jedoch nicht dargestellt. 

Die beabsichtigten Veröffentlichungen der Internetbetreiber sind auch nicht vom Grundrecht auf Meinungsäußerung umfasst. Die Meinungsäußerungsfreiheit erfasst zwar in weiterem Umfang auch wirtschaftliche Meinungsäußerungen, wobei ein Gewerbetreibender auch kritische und anprangernde Berichte über seine Leistung grundsätzlich hinnehmen muss. Da vorliegend in erster Linie wirtschaftlicher Druck ausgeübt werden soll, ist die Meinungsfreiheit enger zu ziehen als im Falle politischer, kultureller oder wissenschaftlich begründeter Aufrufe. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Betreiber der Internetseite das erklärte Ziel haben, schädigende wirtschaftliche Wirkungen durch fehlende Folgeaufträge zu erzielen. Daran ändert auch nichts, dass die Betreiber der Internetseite dem Unternehmen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt hatten.

Private Veröffentlichungen von Angaben über Schuldner sind auch hier nicht ohne Einwilligung zulässig. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen des Schuldnerverzeichnisses im Vollstreckungsrecht. Nach §§ 915 ff. ZPO wird beim Vollstreckungsgericht ein Verzeichnis der Schuldner, die bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben, geführt das nicht allgemein zugänglich ist, sondern unter dem nur unter eingeschränkten Voraussetzungen Auskunft erteilt werden darf. Diese Grundsätze seien auf private Schuldnerlisten ebenfalls anzuwenden.

Tipp: Das Internet kann leicht als Pranger für jeweilige Ansichten verwendet werden. Nicht alles, was hier veröffentlicht wird, unterfällt der Meinungsfreiheit, so dass hier Vorsicht geboten ist.

 

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard

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