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AG Kassel: Rechtsmissbrauch bei Abmahnung wegen unzulässiger E-Mail-Werbung

E-Mail-Werbung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Entweder

  • es liegt eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des E-Mail-Empfängers vor
  • oder gem. § 7 Abs. 3 UWG eine Werbung, bei der der Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dessen Kunden die E-Mail-Adresse erhalten hat, diese E-Mail-Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren verwendet wird, der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und zudem bei der Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung der Kunde darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere, als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen bestehen.

Die Abmahnung wegen unzulässiger E-Mail-Werbung ist für einige Rechtsanwälte durchaus ein Geschäftsfeld. Vertreten werden Unternehmen oder Privatpersonen mit der Behauptung, diese hätten von einem Anbieter unzulässige E-Mail-Werbung erhalten.

Selten sind in diesem Bereich rein wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, d.h. die Abmahnung eines Wettbewerbers, ein anderer Wettbewerber würde ganz grundsätzlich unzulässig per E-Mail werben.

Eine Abmahnung wegen E-Mail-Werbung ist für den Abgemahnten weitreichend und ärgerlich:

Zum einen ist es häufig tatsächlich so, dass die E-Mail-Werbung unzulässig erfolgte. Häufig ist es nicht nur diese eine Werbung, sondern es gibt ganz grundsätzliche Probleme bei der Zulässigkeit, z.B. des Versandes von Newslettern oder E-Mail-Werbung.

Zum anderen sind die geforderten Unterlassungsansprüche weitreichend: Häufig bezieht sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht auf eine bestimmte E-Mail-Adresse, sondern ganz grundsätzlich auf E-Mail-Adressen des Abmahners. Diese müssen dem Versender der E-Mails nicht zwangsläufig bekannt sein. Zudem, so unser Eindruck, gibt es immer wieder Fälle, in denen E-Mail-Werbung provoziert wird, um aus einer abgegebenen Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe zu realisieren.

Als sei dies für den abgemahnten Unternehmer nicht schon weitreichend genug, können auch noch umfangreiche Ansprüche nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) geltend gemacht werden.

Rechtsmissbräuchliche Abmahnung wegen unzulässiger E-Mail-Werbung

Das Amtsgericht Kassel (AG Kassel, Urteil vom 26.04.2022, Az. 435 C 1051/21) ist einen ungewöhnlichen Weg bei einer Klage auf Unterlassung von E-Mail-Werbung gegangen.

Der Antrag auf Unterlassung wurde wegen Rechtsmissbrauchs zurückgewiesen. Obwohl es sich nicht um die Klage eines Wettbewerbers handelte, sondern um die Klage eines Empfängers einer Werbe-E-Mail, hat das Amtsgericht ausführlich unter Verweis auf die Rechtsmissbrauchsregelungen des UWG (Wettbewerbsrechts) die Klage abgewiesen.

Es wurden die Rechtsgedanken des § 8 c UWG herangezogen, obwohl es sich nicht um Rechtsmissbrauch handelte.

Der Beklagte hatte nachweisen können, dass der Kläger offensichtlich häufig wegen unerbetener E-Mail-Werbung vorgegangen ist. Offensichtlich ging es um Gegnerformulare von Rechtsanwälten, die Abmahnungen des Klägers beraten hatten.

Nach Auffassung des Gerichtes stand das wirtschaftliche Risiko des Klägers in keinem Verhältnis zu den damit angefallenen Anwalts- und Gerichtskosten.

„Dem gegenüber steht der vom Kläger auch eingeräumte geringfügige Aufwand für das Löschen unerbetener Werbe-E-Mails durch einfachen Mausklick.“

Diese Haltung des Gerichtes ist durchaus problematisch, da unzulässige E-Mail-Werbung sowohl gesetzlich (§ 7 UWG) wie auch in der Rechtsprechung zutreffend als unzumutbare Belästigung angesehen wird.

Des Weiteren sah das Gericht ein Indiz für Rechtsmissbrauch auch darin, dass der abmahnende Rechtsanwalt durch die Abmahnungen Einkünfte erzielte.

Der Kläger hatte wohl zudem offensichtlich zum Umfang der Abmahntätigkeit nicht weiter vorgetragen, sondern dazu geschwiegen.

Folge von Rechtsmissbrauch ist, dass weder Unterlassungsansprüche noch Kostenerstattungsansprüche bestehen.

Fazit

Die Entscheidung des Amtsgerichtes Kassel ist bei einer Klage auf Unterlassung von unzulässiger E-Mail-Werbung außerhalb des Wettbewerbsrechts ungewöhnlich. Tatsächlich sind es nach unserem Eindruck immer wieder die gleichen Rechtsanwälte mit den gleichen Mandanten, die gegen unzulässige E-Mail-Werbung vorgehen. Zum Thema Rechtsmissbrauch in diesem Bereich ist uns ansonsten keine Rechtsprechung bekannt.

Rechtsmissbrauch in diesem Bereich nachzuweisen, ist häufig schwierig. Hinzu kommt, dass in der Praxis eigentlich niemand Verständnis für Spammer hat.

Wir beraten Sie bei einer Abmahnung wegen unzulässiger E-Mail-Werbung.

Wir von Internetrecht-Rostock.de beraten seit vielen Jahren Mandanten, die wegen angeblich unzulässiger E-Mail-Werbung abgemahnt wurden. Eine derartige Abmahnung ist häufig oftmals weitreichender, als es auf dem ersten Blick den Anschein hat.

Eine Unterlassungserklärung sollte daher keinesfalls ohne vorherige anwaltliche Beratung abgegeben werden.

Wenn Sie eine Abmahnung wegen unzulässiger E-Mail-Werbung erhalten haben, rufen Sie uns einfach an.

Stand: 05.04.2024

Es beraten Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard und Rechtsanwalt Andreas Kempcke