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Auch OLG München:ADR ist keine Marktverhaltensregelung
Das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) schreibt bei der Beförderung bzw. dem Versand bestimmter Produkte unter anderem bestimmte Kennzeichnungen auf der Versandverpackung vor. Bekannt ist beispielsweise die Kennzeichnung von Verpackungen, mit denen Akkus versandt werden.
Nachdem bereits das Landgericht Memmingen angenommen hatte, dass Kennzeichnungsverstöße nach ADR zwischen Internethändlern nicht wettbewerbswidrig sind, hat nunmehr in der 2. Instanz das Oberlandesgericht München (OLG München Az. 29 U6082/19, Beschluss vom 11.5.2020) sich der Ansicht des Landgerichtes Memmingen angeschlossen. Wir von Internetrecht-Rostock.de hatten in diesem Verfahren den Abgemahnten und Beklagten vertreten. Das OLG München beabsichtigt, eine gegen das Urteil des Landgerichtes Memmingen eingelegte Berufung gemäß § 522 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
ADR ist keine Marktverhaltensregelung
Hierzu führt das OLG aus:
„Ungeachtet dessen fehlt es aber auch an einem Verfügungsanspruch, denn die hier in Bezug genommenen Kennzeichnungsvorschriften der ADR (EG-Gefahrgutsübereinkommen) sind keine Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG, so dass ein unterstellter Verstoß gegen diese nicht von Mitbewerbern der Antragsgegnerin als lauterkeitsrechtswidrig beanstandet werden kann.
aa) Gemäß § 3a UWG können lauterkeitsrechtliche Verstöße nur gegen solche gesetzlichen Vorschriften, die zumindest auch dazu bestim.mr sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, verfolgt werden. Die Vorschrift muss daher, um in den Anwendungsbereich von 3a UWG zu fallen, zumindest auch den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezwecken. Ob ein entsprechender Normzweck vorliegt ist durch Auslegung der Norm zu ermitteln. Nicht ausreichend ist es jedenfalls, wenn sich die Vorschrift lediglich reflexartig zu Gunsten der Markteilnehmer auswirkt .
bb) Gemessen an diesen Anforderungen liegt in den Vorschriften zur Kennzeichnung der für die Beförderung verwendeten Transportverpackung entsprechend den Vorschriften des ADR keine Marktverhaltensregelung.
Auch ADRG ist keine Marktverhaltensregelung
„(i) Weder den Bestimmungen des Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter selbst noch dem ADRG, mit dem der deutsche Gesetzgeber dem Übereinkommen zugestimmt hat, ist zu entnehmen, dass dieses den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezwecken soll.
(ii) Demgegenüber belegen der Titel des Übereinkommens, Art, 2 des Übereinkommens sowie die im ADRG in Art. 4 geregelten Zuständigkeiten für die Ausführung des Übereinkommens. dass das Übereinkommen selbst wie auch die dort enthaltenen Kennzeichnungsvorschriften allein der Sicherheit des Straßenverkehrs dienen. Es geht letztlich allein darum. den Transport von (für den Straßenverkehr!) gefährlichen Gütern international zu regeln und dabei auch allgemeine Kennzeichnungen zu vereinbaren, die es den zuständigen Behörden ermöglichen sollen, leicht und schnell zu erkennen, ob derartige Güter transportiert werden.“
Kostenvorteile spielen ebenfalls keine Rolle
Mit den Interessen der Mitbewerber haben diese Vorschriften mithin nichts zu tun. Zwar mag es sein, dass sich diejenigen Unternehmer, die sich den Kennzeichnungsvorschriften widersetzen, Kostenvorteile sichern. Dies allein reicht indes nicht, sondern ist allenfalls eine denkbare Folge eines Verstoßes. Auch sind die Interessen der Verbraucher nicht berührt deren Informationsbedürfnis wird durch die anderweitigen Hinweise auf etwaige Gefahren auf dem Produkt selbst abgedeckt. Ein Verstoß gegen das Übereinkommen berührt deren Interessen indes nicht, zumal weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Verbraucher die hier streitgegenständliche Kennzeichnung und deren Bedeutung überhaupt kennen,
Die Entscheidung des OLG München zeigt, dass nicht jeder Rechtsverstoß zwischen Internethändlern auch abmahnbar ist.
Stand: 13.05.2020
Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard