olg-frankfurt-2-3-o-771-06
Leitsatz Ein Inhaber einer Internetanschlusses haftet für Urheberrechtsverletzungen bei einer Tauschbörsenutzung über WLAN, wenn er keine technischen Maßnahmen, wie eine Verschlüsselung des WLAN-Zugangs vornimmt. Das Ausschalten des PC allein ist nicht ausreichend. OLG Frankfurt Urteil vom 22.02.2007, Aktenzeichen: 2-3 O 771/06 OBERLANDESGERICHT FRANKFURT a.M. Urteil vom 22.02.2007, Aktenzeichen: 2-3 O 771/06 In dem Eilverfahren �� hat das Landgericht Frankfurt/M. – 3.Zivilkammer – durch Vors. Richter am Landgericht Dr. …, Richterin am Landgericht … und Richterin am Landgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2007 für Recht erkannt: Der Beschluss – einstweilige Verfügung – vom 23.11.2006 wird bestätigt. Der Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Eilverfahrens zu tragen. Tatbestand Die Verfügungsklägerin (nachfolgend Klägerin) vermarktet den Tonträger �Sommer unseres Lebens” mit einer Aufnahme des Künstlers Sebastian Hämer. Sie ist auf dem Cover des Tonträgers beim sog. P-Vermerk als Inhaberin der Tonträgerrechte aufgeführt. Vor Veröffentlichung beauftragte die Klägerin die Fa. Logistep AG mit der Überwachung des streitgegenständlichen Tonträgers. Diese hatte die Software �File Sharing Monitor V 1.3.1.” entwickelt, mittels welcher zuverlässig festgestellt werden kann, von welchem hinter einer bestimmten IP-Adresse stehenden Anschlussinhaber eine identifizierte Datei zum Herunterladen angeboten wird. Die Software der Fa. Logistep AG wird ständig von mindestens einem Zeugen überwacht, der in regelmäßigen Abständen die fehlerfreie Funktion der Software überprüft und entsprechende Abgleiche vornimmt. Die Logistep AG gleicht ihr Netzwerk mit mindestens drei unterschiedlichen und voneinander unabhängigen Timeservern sekundengenau ab, die wiederum unabhängig voneinander bei der Atomuhr zwecks Abgleich ihrer eigenen Rechner alle zehn Minuten die aktuelle Zeit erfragen. Der Abgleich mit den so genannten Timeservern erfolgt durch die Logistep AG automatisch mindestens alle zehn Minuten. Falls es zu einer zeitlichen Abweichung unter den drei unabhängigen Timeservern kommt, würde die Erfassung gestoppt. Am 08.09.2006 um 18:32:50 MEZ wurde mit Hilfe der Software der Logistep AG ein Nutzer mit der IP-Adresse … erfasst, welcher genau zu diesem Zeitpunkt den Tonträger �Sommer unseres Lebens” anderen Teilnehmern der Tauschbörse eMule unter Verwendung des Programms eMule 0.47a zum Download anbot. Nach den im Rahmen der eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen eingeholten Auskünften der Telekom war diese IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Internetanschluss des Verfügungsbeklagten (nachfolgend Beklagter) zugeordnet. Mit Anwaltsschreiben vom 01.11.20006 ließ die Klägerin den Beklagten erfolglos abmahnen. Auf Antrag der Klägerin hat die Kammer unter dem 23.11.2006 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher dem Beklagten strafbewehrt untersagt wurde, die Tonträgerproduktion �Sommer unseres Lebens” mit Darbietungen des Künstlers Sebastian Hämer im Internet in so genannten Tauschbörsen über Peer-to-Peer-Netzwerke bereit zu stellen oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hiergegen hat der Beklagte Widerspruch eingelegt. Die Klägerin beantragt, die einstweilige Verfügung vom 23.11.2006 zu bestätigen. Der Beklagte beantragt, die einstweilige Verfügung vom 23.11.2006 aufzuheben und den Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen. Er behauptet, er habe den streitgegenständlichen Tonträger nicht herunter geladen. Zu der im Abmahnschreiben angegebenen Zeit habe er sich im Urlaub befunden und daher seinen PC nicht benutzt. Dieser sei vielmehr ausgeschaltet gewesen. Entscheidungsgründe Auf den Widerspruch des Beklagten war die einstweilige Verfügung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Dies führte zu ihrer Bestätigung. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen aus � 97 Abs. l Satz l UrhG folgenden Anspruch auf Unterlassung, die streitgegenständlichen Musikaufnahmen in einen Filesharing-System der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Klägerin stehen die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers gemäß ï¿½ 85 UrhG an den genannten Musikaufnahmen zu. Da sie auf dem Cover des Tonträgers beim so genannten P-Vermerk als Inhaberin der Tonträgerrechte aufgeführt ist, greift die Vermutung nach � 10 Abs. 2 UrhG in analoger Anwendung [so Fromm/Nordemann, Urheberecht, 9.Aufl., � 10 Rn. 6b] bzw. spricht jedenfalls eine tatsächliche Vermutung für ihre Rechteinhaberschaft [Möhring/Nicolini, UrhG 2.Aufl, � 10 Rn. 32].
Diese Aufnahmen wurden von dem Internetanschluss des Beklagten über ein Filesharing-System der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und konnten so herunter geladen und angehört werden. Wie die von der Klägerin veranlasste Überwachung des streitgegenständlichen Tonträgers �Sommer unseres Lebens” durch die Logistep AG ergab, wurde dieser am 08.09.2006 um 18:32:50 MEZ über ein Filesharing-System im Internet zum Kopieren und Anhören von einem Anschluss bereit gestellt, dem die IP-Adresse … zugewiesen war. Durch die sekundengenaue Ermittlung von Zeitpunkt und Rechtsverletzungen mittels der eingesetzten Software �File Sharing Monitor V 1.3.1.” ist sichergestellt, dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt von einem Provider vergebenen IP-Adressen entsprechenden Nutzern zugeordnet werden können. Vorliegend ist die so ermittelte IP-Adresse ausweislich der Auskunft der Telekom dem Anschluss … zugewiesen und dieser wiederum dem Beklagten, was von ihm auch nicht in Abrede gestellt wird. Soweit der Beklagte Bedenken gegen die Verwertbarkeit dieser Auskunft im hiesigen Verfahren erhebt, vermag die Kammer diese nicht zu teilen. Gemäß ï¿½ 113 TKG haben die jeweiligen Provider den Namen und die Adresse der Urheberrechtsverletzer auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft hin ohne gerichtlichen Beschluss mitzuteilen. Soweit der Beklagte auf das von ihm zur Akte gereichte Schreiben von �Heise-Online” vom 22.01.2007 aus dem Internet mit der Überschrift �Sand im Getriebe der Logistep Massen-Abmahner” verweist, ist der Kammer dessen Relevanz für die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht ersichtlich, zumal die dort wiedergegebene Aussage des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit dem hiesigen Verfahren nichts zu tun haben. Das Anbieten der Aufnahmen zum Download beinhaltete die Nutzungshandlungen des Vervielfältigens und des öffentlich Zugänglichmachens, die nach � 85 Abs. l UrhG ausschließlich der Klägerin als Inhaberin der Tonträgerherstellrechte vorbehalten waren. Eine solche Nutzung hätte daher einer Rechtseinräumung durch die Klägerin bedurft, die nicht vorlag. Daraus folgt eine widerrechtliche Nutzung. Der Beklagte hat für die damit begangene Rechtsverletzung einzustehen. Dabei kann dahinstehen, ob er selbst die Handlungen begangen hat. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Rechtsverletzung durch andere nicht bekannte Nutzer des Anschlusses erfolgt ist, die die ungeschützte WLan-Internetverbindung des Beklagten genutzt haben. Für diese Rechtsverletzung hat der Beklagte indes gleichfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung einzustehen. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs haftet in entsprechender Anwendung des � 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist [BGH GRUR 2004, 860 (864) – Störerhaftung des Internetauktionshauses bei Fremdversteigerung m.w.N.], wobei sich Art und Umfang der gebotenen Prüf- und Kontrollmaßnahmen nach Treu und Glauben bestimmen [Wandtke/Bullinger, � 97 Rn. 15] So hat sich auch die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch welche die Rechtsverletzung soweit wie möglich verhindert werden kann, im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen zu halten [BGH GRUR 1984, 54/55 – Kopierläden]. Unter Anwendung dieser Grundsätze haftet der Beklagte als Störer. Wenn der Beklagte es Dritten aufgrund einer ungeschützten WLan-Verbindung ermöglicht hat, seinen Internetzugang zu nutzen und die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu begehen, dann ist dies adäquat kausal für die Schutzrechtsverletzung gewesen. Adäquat ist eine Bedingung dann, wenn das Ereignis im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet ist, einen Erfolg der fraglichen Art herbeizuführen [BGH NJW 2005, 1420 (1421) m.w.N.]. Davon ausgehend, ist eine Adäquanz hier zu bejahen. Zunächst haben Rechtsverletzungen über das Internet allgemein zugenommen durch das Herunterladen und öffentliche Zugänglichmachen insbes. urheberrechtlich, geschmacksmusterrechtlich und markenrechtlich geschützter Leistungen. Darunter fallen auch die Aneignung und das Bereitstellen von Musikaufnahmen im Internet über Peer-to-Peer-Dienste und mit Hilfe von Filesharing-Software, verharmlosend �Tauschbörsen” genannt. Jedenfalls seit dem Auftreten der Filesharing-Software �Napster” im Herbst 1999 ist derartiges auch nicht mehr ungewöhnlich, sondern wird gerade von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen vielfältig in Anspruch genommen. Weiter ist allgemein bekannt, dass ungeschützte WLan-Verbindungen von Dritten missbraucht werden können, um über einen fremden Internetanschluss ins Internet zu gelangen. Die Verwendung einer ungeschützten WLan-Verbindung für den Zugang ins Internet birgt danach die keinesfalls unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von – unbekannten – Dritten, die die ungeschützte Verbindung nutzen, solche Rechtsverletzungen begangen werden. Das löst Prüfungs- und ggf. Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit der Rechtsverletzung vorzubeugen [vgl. Urteil LG Hamburg vom 26.07.2006 – Az. 308 O 407/06 – von der Klägerin vorgelegt als Anl. Ast ll]. Rechtlich und tatsächlich war der Beklagte in die Lage versetzt, wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung zu treffen. Es oblag ihm, sich zu informieren, welche Möglichkeiten für Rechtsverletzungen er schafft und wie er solchen Verletzungen hätten vorbeugen können. Zudem hätte er technische Möglichkeiten in Anspruch nehmen können, um die streitgegenständliche Rechtsverletzung zu verhindern. So hätte er etwa unter Abänderung des mitgelieferten Standardpasswortes einen persönlichen Password-Schutz einrichten und den Router während seiner Abwesenheit ausschalten können. Möglich wäre auch die Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Router und PC mittels eines Schlüsselwortes gewesen. Dass er derartige ihm mögliche Maßnahmen ergriffen hat, behauptet der Beklagte selbst nicht. Er hat lediglich vorgetragen, während seiner Urlaubsabwesenheit sei sein PC ausgeschaltet gewesen. Dies stellt indes keine wirksame Schutzmaßnahme vor Rechtsverletzungen dar. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben der ��. vom 13.11.2006. Daraus folgt lediglich, dass der fragliche Download nicht von den beiden internetfähigen PC’s des Beklagten durchgeführt wurde. Denkbar ist aber, dass die fragliche Musikaufnahme über dessen Internetanschluss von einem fremden PC aus ins Internet zum Kopieren und Anhören bereitgestellt wurde. Die Durchführung der vorgenannten Schutzmaßnahmen ist zumutbar. Das gilt auch für den Fall, dass der Beklagte selbst nicht in der Lage sein sollte, sie einzurichten und sich dazu entgeltlicher fachkundiger Hilfe bedienen müsste. Den dadurch bedingten Geldaufwand erachtet die Kammer als durchaus noch verhältnismäßig. Die danach dem Beklagten zurechenbare widerrechtliche Nutzung begründet die Vermutung, dass es zu einer wiederholten Verletzung kommen kann. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich gewesen, wie sie erfolglos verlangt worden ist. Es hat auch ein Verfügungsgrund bestanden. Dieser folgt bereits aus der fortbestehenden Wiederholungsgefahr, zu deren Beseitigung durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagte sich nicht veranlasst sah. Die Kostentscheidung beruht auf � 91 Abs. 1 ZPO |