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Mandanteninformation zu Prüfungspflichten von Verkäufern vor dem Angebot von Ware

Wer Waren aller Art verkauft, sei es stationär im Ladengeschäft oder über das Internet, kann und darf sich nicht darauf verlassen, dass die von ihm eingekauften Produkte rechtskonform und verkehrsfähig sind und insbesondere an Verbraucher weiterverkauft werden dürfen.

Vielmehr gibt es aus einer Vielzahl von Normen unterschiedliche Prüfungspflichten des Verkäufers, die dieser einhalten muss, bevor er Produkte zum Verkauf anbietet.

Nachfolgend geben wir Ihnen einen umfassenden, aber nicht abschließenden Überblick, was alles geprüft werden muss, bevor ein Produkt zum Verkauf angeboten wird und was die möglichen Sanktionen sind.

Grundsätzlich gilt: nicht rechtskonforme Produkte dürfen auch nicht verkauft werden. Zum Teil dürfen diese Produkte nicht einmal angeboten werden.

Wettbewerber können das Angebot oder den Verkauf von nicht rechtskonformen Produkten abmahnen. Folge sind nicht nur Abmahnkosten und die Forderung nach einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Denkbar sind auch Rückrufansprüche gegenüber gewerblichen Abnehmern.

Nicht unterschätzt werden sollten ferner Möglichkeiten, die Behörden haben. Dies sind zum einen die Marktüberwachungsbehörden, zum anderen aber auch in diesem Bereich sehr aktive Behörden, wie das Umweltbundesamt oder die Bundesnetzagentur. Neben behördlichen Auflagen droht in derartigen Fällen auch immer ein Bußgeld, das sehr hoch ausfallen kann.

Nachfolgend eine Übersicht über die Aspekte, die vor dem Angebot und Vertrieb einer Ware durch Verkäufer/Händler zu überprüfen sind:

Herstellerkennzeichnung

Auf dem Produkt selbst muss gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Produktsicherheitsgesetz Name und Kontaktanschrift des Herstellers oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, Name und Kontaktanschrift des Bevollmächtigten oder des Einführers angebracht sein.

Die Informationen müssen auf dem Verbraucherprodukt selbst stehen. Wenn dies aufgrund der Größe nicht möglich ist, ist es zulässig, diese Informationen auf der Verpackung anzubringen.

Der Vertrieb von Produkten ohne Herstellerkennzeichnung ist wettbewerbswidrig. Dies hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Motivkontaktlinsen“ geklärt.

CE-Kennzeichnung

Verschiedene Produkte wie z.B. Elektroprodukte oder Spielzeug, benötigen eine CE-Kennzeichnung. Produkte ohne CE-Kennzeichnung dürfen, wenn diese vorgeschrieben ist, nicht in den Verkehr gebracht werden.

Der Händler ist lediglich verpflichtet, zu überprüfen, ob es eine CE-Kennzeichnung gibt. Ob diese zurecht erteilt worden ist, muss und kann der Händler nicht überprüfen.

Hersteller-Registrierung nach Elektrogesetz

Elektroprodukte (dazu gehört eigentlich alles, was mit Strom betrieben wird, auch Kabel) benötigen eine Herstellerregistrierung nach Elektrogesetz. Dadurch wird die Elektroaltgeräte-Entsorgung finanziert und gewährleistet.

Hersteller ist nicht nur der Produzent, der Herstellerbegriff nach Elektrogesetz ist sehr viel weitergehender: Hersteller ist auch der Erstinverkehrbringer eines Elektroproduktes in Deutschland. Somit ist jeder, der Elektroprodukte importiert, im Rechtssinne Hersteller. Dies gilt auch dann, wenn Elektrogeräte aus einem EU-Land importiert werden.

Notwendig ist eine korrekte Registrierung bei der Stiftung EAR, d.h. eine Registrierung mit der richtigen Marke und der richtigen Gerätekategorie. Auch wenn Sie Produkte aus Deutschland von deutschen Großhändlern beziehen, können Sie sich nach unserer Erfahrung leider nicht darauf verlassen, ob in der Lieferkette eine ordnungsgemäße Herstellerregistrierung vorliegt.

Ob eine Herstellerregistrierung vorliegt, kann in dem „Verzeichnis der registrierten Hersteller und registrierten Bevollmächtigten nach den ElektroG“ bei der Stiftung EAR hier abgefragt werden.

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Für persönliche Schutzausrüstung gilt die Verordnung (EU) 2016/425 (PSA-Verordnung).

Persönliche Schutzausrüstung können z.B. Helme, Schutzwesten, Knieschoner etc. sein. Artikel 11 der PSA-Verordnung beschreibt die Pflichten der Händler (Verkäufer).

Ein Händler muss bei dem Angebot einer persönlichen Schutzausrüstung überprüfen ob

  • die PSA mit einer CE-Kennzeichnung versehen ist
  • ob ihr die erforderlichen Unterlagen beiliegen
  • eine Anleitung
  • ob die PSA eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes
    Identifikationszeichen enthält
  • ob eine Kennzeichnung mit Name, Handelsnamen eingetragener Marken oder
    Postanschrift (in der EU) enthalten ist

sowie eine Anleitung und Information des Herstellers, u.a. mit Informationen zur Lagerung, Nutzung, Reinigung, Wartung, Überprüfung, technischen Angaben, Risikoinformation, vor den die PSA schützen soll, Angaben zu den rechtlichen Grundlagen, und insbesondere eine Internetadresse, über die die EU-Konformitätserklärung zugänglich ist.

In der Praxis fehlt es bei persönlicher Schutzausrüstung insbesondere an einer konkreten Information zur EU-Konformitätserklärung.

Funkanlagen

Bei Funkanlagen (dazu gehören z.B. Bluetooth- oder WLAN-Geräte) gilt das Funkanlagengesetz (FuAG).

Gemäß § 14 FuAG muss der Händler überprüfen,

  • ob die Funkanlage über eine CE-Kennzeichnung verfügt
  • eine Gebrauchsanleitung und einer Sicherheitsinformation beigefügt ist
  • eine EU-Konformitätserklärung oder eine vereinfachte EU-Konformitätserklärung beigefügt ist (bei Beifügung der Kopie einer vereinfachten EU-Konformitätserklärung muss die vollständige EU-Konformitätserklärung über einen Internetlink abrufbar sein)
  • ob Informationen über das Frequenzband und der maximale Sendeleistung beigefügt ist
  • Funkanlage eine Typen-, Chargen-, oder Seriennummer, oder eine andere Identifikationsinformation trägt
  • auf der Funkanlage Name, Handelsname und Postanschrift des Herstellers angegeben ist

Bei Mängeln wird die Bundesnetzagentur tätig, die ggf. nach einer Überprüfung einer Funkanlage (die von dem Verkäufer durch die Bundesnetzagentur zur Überprüfung angefordert werden darf), ein Bußgeldverfahren einleitet.

Einhaltung des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG)

EMVG gilt für alle Betriebsmittel, die elektromagnetische Störungen verursachen können. Die Pflichten des Händlers ergeben sich aus § 13 EMVG.

Der Händler muss überprüfen,

  • ob das Gerät eine CE-Kennzeichnung hat
  • es eine Anleitung gibt über besondere Vorkehrungen, die bei Montage, Installation oder Wartung zu berücksichtigen sind sowie eine Betriebsanleitung
  • das Gerät eine Typen-, Chargen-, oder Seriennummer hat
  • das Gerät Name und Postanschrift des Herstellers enthält

Zuständig für Verstöße gegen das EMVG ist auch hier wiederum die Bundesnetzagentur, die vom Verkäufer Geräte zur Überprüfung anfordern kann und dann bei Verstößen ein Bußgeldverfahren einleiten kann.

Unzulässige Stoffe in Kosmetik

Immer wieder werden bestimmte Stoffe EU-weit verboten, so z.B. seit dem 01.03.2022 bestimmte Inhaltsstoffe bei Kosmetik, darunter der synthetische Duftstoff Lilial und Zinkpyrithion. Hier dürfte eine Prüfpflicht des Händlers bestehen, ob derartige Inhaltsstoffe in dem Inhaltsverzeichnis (gekennzeichnet mit der Überschrift „Ingredients“) enthalten sind.

Ab dem 13.12.2024: neue Prüfungspflichten durch die Produktsicherheitsverordnung

Die Produktsicherheitsverordnung der EU (Verordnung (EU) 2023/988) enthält neben vielen weiteren Verpflichtungen für Verkäufer in Art. 12 auch umfangreiche Prüfpflichten für Händler, nämlich

  • dass das Produkt eine Typen-, Chargen-, oder Seriennummer oder ein anderes Identifizierungselement trägt
  • eine Herstellerinformation mit Postanschrift und elektronischer Adresse angegeben ist
  • dass dem Produkt Anweisungen und Sicherheitsinformationen in der Sprache des Empfängerlandes in der EU beigefügt sind
  • soweit notwendig, eine Information zum Einführer mit Adressdaten und elektronischer Adresse enthalten ist.

Fazit

Die oben aufgeführten einzelnen Punkte zu Prüfpflichten des Händlers/Verkäufers sind nicht abschließend. Es wird jedoch deutlich, dass umfangreiche Prüfpflichten bestehen, bevor Produkte, insbesondere an Verbraucher, verkauft werden dürfen. Nach unserem Eindruck sind bereits viele Produkte, die auch von deutschen Großhändlern zum Weiterverkauf angeboten werden, nicht rechtskonform. Dieses Problem verschärft sich erheblich, wenn Produkte aus dem Ausland bezogen werden, insbesondere aus dem nicht EU-Ausland, wie z.B. China.

Mögliche Rechtsfolgen sind weitreichend: So sperren Verkaufsplattformen, wie eBay oder Amazon, regelmäßig Produkte, wenn diese nicht verkehrsfähig sind. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung hat nicht nur Kosten zur Folge, wie die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs. Schlimmstenfalls besteht auch die Verpflichtung, nicht rechtskonforme und nicht verkehrsfähige Produkte gegenüber gewerblichen Abnehmern zurückzurufen.

Behörden, wie das Umweltbundesamt oder die Bundesnetzagentur, verhängen auch regelmäßig hohe Bußgelder.

Stand: 17.04.2024
Rechtsanwalt Johannes Richard