lg-bielefeld-17-o-59-09

Leitsatz

Im Falle einer Drittunterwerfung sind die Abmahnkosten einer weiteren Abmahnung nicht zu erstatten. Eine Anspruchsgrundlage ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes.

Landgericht Bielefeld, Urteil vom 26.05.2009, Az.: 17 O 59/09 (nicht rechtskräftig)

 

Landgericht Bielefeld

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Reinke für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Kostenvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden.

Tatbestand:

Die Parteien handeln mit Feinchemie, u.a. über das Internet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.10.2007 mahnte die Klägerin die Beklagte umfangreich wegen einer Werbung bei Ebay mit der Artikelnummer xxxx ab (Anlage K3); in der Werbung ging es um einen 5-kg-Eimer mit Multifunktionstabletten, die in Schwimmbädern für kristallklares Wasser sorgen sollen (Anlage K2). Das Ebay-Angebot war am 23.09.2007 beendet worden.

Auf die Abmahnung teilte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2007 mit, sie habe bereits auf die Abmahnung eines Dritten hin eine Unterlassungserklärung abgegeben; sie übersandte die vom 22.09.2007 datierende Unterwerfungserklärung gegenüber der Firma C. GmbH & Co. KG aus W. (Anlage K5). Die Klägerin akzeptierte die Drittunterwerfung, verlangte aber gleichwohl von der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 24.03.2008 die Erstattung der Abmahnkosten. Die Beklagte weigerte sich.

Diese Abmahnkosten sind nun Gegenstand des Rechtsstreits. Die Klägerin berechnet sie wie folgt:

Gegenstandswert: 30.000,00 Euro

Geschäftsgebühr §§ 13, 14 Nr. 2300 VVRVG 1,3               985,40 Euro

Pauschale für Post und Telekommunikation

Nr. 7002 VVRVG                                                                   20,00 Euro

Gesamtbetrag                                                                     1.005,40 Euro

Die Klägerin legt mit näheren Ausführungen dar, dass die Beklagte zahlreiche Wettbewerbsverstöße begangen habe. Die Abmahnung sei deshalb berechtigt gewesen, was sich auch daran zeige, dass die Beklagte über diese Punkte eine Drittunterwerfung abgegeben habe. Da die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Abmahnung von dieser Drittunterwerfung nichts gewusst habe und nichts habe wissen können, müssten ihr die Abmahnkosten ersetzt werden. Der abzumahnende Wettbewerber nehme nach der Konzeption des UWG die Aufgabe der Überwachung des Wettbewerbsrechtes wahr; die Übernahme der Kosten durch den Störer dürfe deshalb nicht von Zufällen abhängig sein. Die Klägerin bestreitet im übrigen, dass diese unverzüglich angenommen worden sei. Von dem Wettbewerbsverstoß der Beklagten habe die Klägerin am 04.10.2005 erfahren. Es sei üblich, bei der Kontrolle konkurrierender Produkte auch schon abgelaufene Transaktionen zu prüfen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.005,40 Euro nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise:

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von einer Gebührenforderung ihres Anwaltes in Höhe von 1.005,40 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält einen Rechtsmissbrauch für möglich. Jedenfalls aber sei die Abmahnung der Klägerin unberechtigt gewesen, weil ein Unterlassungsanspruch nicht bestanden habe. Denn durch die Drittunterwerfung sei die Wiederholungsgefahr entfallen, und zwar nicht nur gegenüber dem Abmahner, sondern gegenüber allen Wettbewerbern. Die Drittunterwerfung der Beklagten betreffe dieselben Punkte wie die Abmahnung der Klägerin, was dem Inhalt der Unterwerfungserklärung zu entnehmen sei. Im übrigen hätten die Anwälte des Drittabmahners bestätigt, dass sie die Beklagte abgemahnt hätten, aber nach Unterzeichnung der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 22.09.2009 keine weiteren Schritte gegen die Beklagte eingeleitet hätten. Da die Abmahnung unberechtigt gewesen sei, könne auch kein Erstattungsanspruch nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG gegeben sein. Im übrigen hält die Beklagte den angesetzten Geschäftswert für überhöht.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

 

Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsklageantrag scheitern, weil der Klägerin kein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht.

Die Beklagte war wegen derselben Beanstandungen wie durch die Klägerin bereits durch die Firma C. GmbH & Co. KG abgemahnt worden. Das ist durch das vorgelegte Schreiben vom 15.01.2009 der Anwälte der Fa. C. GmbH & Co. KG hinreichend belegt, auch wenn das Abmahnschreiben selbst nicht vorgelegt worden ist. Die Beklagte hat daraufhin die von ihr verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 22.09.2007 abgegeben, die die Klägerin selbst als Anlage K5 vorgelegt hat. Die Unterlassungserklärung umfasst, wenn auch in anderer Reihenfolge, dieselben Punkte wie die Abmahnung der Klägerin. Sie bezieht sich, wie an ihrem Anfang aufgeführt, auf das Ebay-Angebot xxx, das auch der Klägerin Anlass zu ihrer Abmahnung gab.

Durch diese Unterwerfungserklärung, an deren Ernsthaftigkeit nicht zu zweifeln ist, ist die Wiederholungsgefahr entfallen. Da eine Wiederholungsgefahr nur einheitlich bestehen oder nicht bestehen kann, entfällt mit der Unterwerfung gegenüber einem Mitbewerber die Wiederholungsgefahr gegenüber der Gesamtheit der Mitbewerber und Abmahnberechtigten. Weitere Abmahnungen wegen desselben Sachverhaltes sind dann objektiv unberechtigt (Baumbach-Köhler-Bornkamm, UWG 27. Aufl. § 12 Rn. 1.54 und 1.84; Harte-Bavendamm-Henning-Bodewig, UWG § 12 Rn. 81). Die subjektive Unkenntnis des Abmahnenden von der Drittabmahnung macht die Abmahnung nicht zu einer berechtigten Abmahnung. Kostenerstattung nach § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann deshalb nicht verlangt werden.

Ein Kostenerstattungsanspruch lässt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag herleiten. Wenn kein Unterlassungsanspruch besteht, liegt eine Abmahnung natürlich nicht im Interesse des Abgemahnten.

In Betracht kommt allerdings in derlei Fällen ein Schadensersatzanspruch nach § 9 UWG unter der Voraussetzung, dass der Störer zumindest fahrlässig gehandelt hat. Davon ist hier auszugehen. Die Klägerin ist auch Mitbewerberin i.S.d. § 9 UWG.

Im Ergebnis ist aber festzustellen, dass die Abmahnkosten der Klägerin kein Schaden i.S.d. § 9 UWG sind.

Allerdings ist die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung durch den rechtswidrigen und schuldhaften Wettbewerbsverstoß der Beklagten veranlasst und verursacht worden; die Abmahnung wiederum hat eine Belastung der Klägerin mit Kosten zur Folge. Zwischen die Wettbewerbshandlung der Beklagten und die Kostenbelastung der Klägerin tritt allerdings deren freiwilliger Entschluss, die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und sie abzumahnen. Durch diese eigene Entschließung und die eigene Handlung der Klägerin wird aber grundsätzlich die Kausalkette nicht unterbrochen.

Jedoch fällt diese Vermögenseinbuße nicht in den Schutzbereich der Norm.

Schutzzweck eines Schadensersatzanspruches – auch eines solchen nach § 9 UWG – ist es, Vermögenseinbußen auszugleichen, die aus einer Verletzungshandlung herrühren; es geht also um den Ausgleich nachwirkender Folgen eines vergangenen Tuns. Die Abmahnung hingegen dient dazu, zukünftige Verstöße gegen Wettbewerbsrecht ohne Prozess zu verhindern; sie knüpft an eine Wiederholungsgefahr an oder an eine Erstbegehungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird zwar im allgemeinen durch einen Verstoß in der Vergangenheit begründet; gleichwohl ist es nicht dieser Verstoß, sondern erst die Wiederholungsgefahr , die einen Unterlassungsanspruch begründet und zur Abmahnung berechtigt. Die Abmahnung ist also einem Unterlassungsanspruch zugeordnet, nicht einen Schadensersatzanspruch (vgl. Hefermehl-Köhler-Bornkamm aaO, § 12 Rn. 1.88 und § 9 Rn. 1.29).

Ausnahmsweise sind die Kosten einer Abmahnung trotzdem als Schaden einzustufen, wenn die Abmahnung daneben dem Zweck dient, eine noch andauernde wettbewerbswidrige Handlung zu beenden, aus der dem Abmahnenden Schaden oder weiter Schaden droht (BGH GRUR 2007, 631). Die Abmahnung ist insoweit eine Art Rettungshandlung, die der Schadensvermeidung oder -minderung dient und nach § 254 BGB sogar geboten sein kann. Der Ersatz von Rettungskosten ist vom Schutzzweck der Norm umfasst.

Es mag dahinstehen, ob die Einstellung eines Angebotes bei Ebay stets als Dauerverstoß für die Zeit, in der Aktion läuft, anzusehen ist. Jedenfalls ist dieser Dauerverstoß in dem Augenblick der Angebotsbeendigung mit beendet. Das war hier am 23.09.2007, also bevor die Klägerin überhaupt Kenntnis von dem Angebot der Beklagten nahm. Ihre Abmahnung vom 014.10.2007 kann daher nicht dem Zweck gedient haben, Schaden aus der Aktion der Beklagten mit der Nummer xxx von sich abzuwenden.

Damit ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin zu verneinen und ihre Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91,708 Nr. 11,711 ZPO.

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