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Widerruf ausgeschlossen: Kundenspezifikation liegt vor, wenn ein individualisiertes Kleidungsstück anderweitig nicht mehr einfach verkauft werden kann
Gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen bei
Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
Wann konkret eine sogenannte Kundenspezifikation vorliegt, die das Widerrufsrecht ausschließt, liegt letztlich immer im Auge des betrachtenden Richters, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt. Letztlich ist jeder vom Gericht entschiedene Fall ein Einzelfall (siehe hier und hier). Entscheidend für die Rechtsprechung ist, ob ein Produkt im Fall der Rücknahme noch wirtschaftlich verwertet werden kann.
Kundenspezifikation bei Textilien
Das Amtsgericht Köln (AG Köln, Urteil vom 22.12.2016, Az: 147 C 215/16) hatte über einen Widerruf eines Verbrauchers zu entscheiden, der Latex-Shorts im Internet gekauft hatte. Diese konnten individuell nach Farbe, Größe und Ausführung ausgewählt werden und wurden nach Bestellung entsprechend der Auswahl für den Kunden angefertigt. Nach Ansicht des Gerichtes handelte es sich um eine Kundenspezifikation.
“Dass der Kunde hierbei keine eigenen Vorgaben macht, sondern lediglich aus einer Anzahl von seitens der Beklagten zur Verfügung gestellter Varianten auswählt, steht dem nicht entgegen, da durch die Vielzahl der Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich Größe, Farbkombination, Latexstärke, Taschen- und Reißverschlussvariante ein so nach den Kundenwünschen individualisiertes Kleidungsstück entsteht, dass einen anderweitiger Absatz allenfalls nur noch unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist, da dieser einen gleichlautenden Kundenwunsch voraussetzen würde. Ein solcher ist jedoch umso unwahrscheinlicher, je größer die Anzahl der möglichen, vom Kunden auszuwählenden Optionen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Kunde – wie hier die Klägerin – im konkreten Fall eine vergleichsweise einfache Ausführung gewählt hat. Zudem lässt sich die nach der individuellen Auswahl erfolgte Anfertigung der Shorts auch nicht ohne Einbuße an der Substanz wieder rückgängig machen… Angesichts der Vielzahl möglicher Herstellungsvarianten und der zumindest erhöhten Anforderung an die Lagerung von Latex als Naturmaterial erscheint eine Lagerhaltung auch derart fernliegend, dass ein entsprechendes Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen nicht ausreicht.”
Entscheidend für das Gericht war somit in erster Linie der Umstand, dass das Latex-Produkt aufgrund der Spezifikation durch den Internethändler im Fall der Rückgabe schlichtweg unverkäuflich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass die Maßanfertigung von Textilien das klassische Lehrbuchbeispiel für eine Kundenspezifikation ist, die das Widerrufsrecht ausschließt.
Stand: 26.01.2017
Es berät Sie: Rechtsanwalt Johannes Richard
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