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Unzulässige Einschränkung:

Verbot im Händlervertrag, Produkte über eBay oder Amazon zu verkaufen, ist unwirksam (LG Kiel)

Viele Hersteller, insbesondere von hochwertiger Markenware, fürchten das Internet. Internethändler können im Vergleich zum stationären Handel zu ganz anderen Konditionen Produkte anbieten. Dies benachteiligt den stationären Handel, der natürlich ganz andere Kosten hat, erheblich.

Nach unserer Erfahrung ist es letztlich ein Kampf gegen Windmühlen, den die Hersteller nicht gewinnen können. Versucht wird es natürlich immer wieder.

Verbot des Verkaufs über das Internet

Das Landgericht Kiel (LG Kiel, Urteil vom 08.11.2013, Az.: 14 O 44/13 Kart) hat sich näher mit der Frage des Vertriebsverbotes über das Internet befasst.

Die Beklagte stellt Digitalkameras her, die sie teilweise direkt an Großkunden oder an den Großhandel vertreibt. Sie bieten Händlern den Abschluss von “Partnervereinbarungen Fachhandel” an. Hierdurch wird der Händler zum autorisierten Partner des Herstellers ernannt. Der Hersteller autorisiert den Partner zum Verkauf an den Endkunden über den stationären Handel und gestattet ihm auch die Vermarktung durch einen eigenen Online-Shop. Wie üblich, ist eine bestimmte Präsentation, Bevorratung sowie Werbung vorgeschrieben.

In der Partnervereinbarung hieß es:

“Der Verkauf über sogenannte “Internet-Auktionsplattformen” (z. B. eBay), “Internet-Marktplätze” (z. B. Amazon Marketplace) und unabhängige Dritte ist nicht gestattet.”

Wettbewerbsbeschränkung

Das Landgericht Kiel hat Unterlassungsansprüche aus § 33 GWB und aus Artikel 101 AEUV gesehen.

§ 33 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung) regelt Unterlassungsansprüche gegen eine Vorschrift von Artikel 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). In Artikel 101 AEUV heißt es:

(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investition;

c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;

d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzlich Leistungen annehmen, die weder sachlich, noch nach dem Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

Nach Ansicht des Landgerichtes liegt in dem Vertriebsverbot über Amazon und eBay eine Einschränkung des Wettbewerbes.

Die Begründung ist durchaus lesenswert:

“Auf Internet-Auktionsplattformen und Internet-Marktplätzen, wie Amazon Marketplace oder eBay, findet ein besonders intensiver Wettbewerb zwischen den Händlern statt, sog. “Intra-Brand-Wettbewerb”. Mit dem an die autorisierten Händler gerichteten Verbot, über diese Märkte zu verkaufen, wird dieser Wettbewerb eingeschränkt. Zum einen findet auf Online-Handelsplattformen ein sehr lebhafter Preiswettbewerb statt, so dass Plattform-Verbote zu einer unmittelbar korrespondierenden Reduzierung dieses Preisdrucks führen. Zum anderen ermöglichen Online-Plattformen den Händlern, in kostengünstiger und effizienter Weise eine große Anzahl von potentiellen Käufern zu erreichen. Die Händler können unmittelbar vom Bekanntheitsgrad der Handelsplattform profitieren. Viele Verbraucher bringen diesen Plattformen ein gesteigertes Vertrauen entgegen, da diese durch eine Reihe von Maßnahmen gegenüber dem normalen Online-Handel typischerweise eine höhere Transaktionssicherheit aufweisen.”

Gerade der letzte Punkt ist interessant, da der Kamera-Hersteller ja einen Verkauf über den Internetshop des autorisierten Händlers zugelassen hatte, nicht jedoch ein Handel über Amazon oder eBay. Das Gericht hat die Unterschiede hier sehr schön herausgearbeitet.

Weiter führt das Landgericht Kiel aus:

“Kleineren und neu in den Markt eintretenden Händlern stehen keine gleichwertigen Handlungsalternativen offen. Vielmehr besteht für diese durch ein Verbot der Nutzung von Internet-Plattformen und Internet-Marktplätzen die Gefahr, am Online-Vertrieb nicht teilnehmen zu können. Denn mit der Einrichtung und der Betreuung eines gleichwertigen eigenen Online-Shops sind erhebliche finanzielle und zeitliche Investitionen verbunden, insbesondere erfordert die Bekanntmachung dieses Shops im Gegensatz zu einem Rückgriff auf bestehende Plattform-Strukturen die Verwendung kostenintensiver Online-Werbemechanismen.”

Man sieht, das Landgericht Kiel weiß durchaus, wovon es spricht. Die Aussagen sind sämtlichst zutreffend.

Aus den Gesichtspunkten der Qualitätssicherung und der Gewährleistung des richtigen Gebrauchs von Produkten sah das Gericht hier keine Einschränkung. Gleiches gilt auch für ein sogenanntes selektives Vertriebssystem. Man darf hier nicht vergessen, es ging “nur” um Digitalkameras.

Dass das Landgericht Kiel weiß, wie der Handel aktuell funktioniert, ergibt sich auch aus folgendem Zitat:

“Entscheidend aber kommt es darauf an, dass ein nicht unerheblicher Teil derjenigen Käufer, die ihre Transaktionen über das Internet abwickeln, eben nicht über diese Instrumente, sondern über die ihnen bekannten und vertrauten Plattformen, wie Amazon oder eBay, gehen. Dies gilt gerade auch für die zunehmende Anzahl derjenigen Kunden, die ihre Einkäufe über Smartphones tätigen. Durch die für die Plattformen entwickelten speziellen Apps wird diese Art des Einkaufs deutlich erleichtert. Auch wenn der Kunde über seinen Internetbrowser in der Lage ist, andere Händler zu erreichen, so ist diese Art der Recherche und der Bestellung doch deutlich aufwendiger und damit weniger praktikabel, so dass sich der Großteil dieses Kundenkreises darauf beschränken wird, die Apps der Plattformen zu benutzen.

Alles gut?

Ein eindeutiges Verbot des Vertriebs von Konsum-Produkten über bestimmte Internet-Plattformen in vertraglichen Beziehen zwischen Herstellern und Händlern sind selten und, wie man an diesem Fall sieht, auch nicht besonders klug.

In der Praxis läuft es anders:

Oftmals ist es so, dass Händler, die auch oder nur über das Internet verkaufen, andere Einkaufsbedingungen erhalten als Händler, die ausschließlich über den stationären Handel verkaufen. Eine derartige Ungleichbehandlung zwischen einzelnen Händlern dürfte in der Regel zulässig sein.

Hersteller werden nicht aufgeben, zu versuchen, den Internethandel einzuschränken. Auf Dauer werden Sie damit jedoch nicht erfolgreich sein.

Stand: 21.11.2013

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Johannes Richard, Rostock

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