google-fonts-abmahnung-unberechtigt-lg-muenchen
Google-Fonts-Abmahnung: Keine persönliche Betroffenheit, wenn die Seite nur über einen Crawler aufgesucht wird (LG München I)
Ende des Jahres 2022 wurden viele Seitenbetreiber wegen der Nutzung von Google-Fonts abgemahnt. Wenn Google-Fonts dynamisch eingebunden werden, wird bei Aufruf der Seite die Schrift von einem Server von Google aus den USA heruntergeladen, was datenschutzrechtlich problematisch sein kann. Es bietet sich daher immer an, Google-Schriften lokal einzubinden.
Ein Google-Fonts-Abmahner bezeichnete sich in der anwaltlich ausgesprochenen Abmahnung als „Teil der Interessengemeinschaft Datenschutz (IG Datenschutz)“. Im Rahmen der Abmahnung wurde eine Zahlung von 170,00 Euro geltend gemacht.
Es handelte sich tatsächlich um eine echte Massenabmahnung. Im Dezember 2022 berichtete die Polizei Berlin von einer Hausdurchsuchung u. a. bei dem Rechtsanwalt, der diese Abmahnungen ausgesprochen hatte.
LG München: Keine Unterlassungsansprüche, wenn Internetseite über einen Crawler durchsucht wird
Das Landgericht München (LG München I, Urteil vom 30.03.2023, Az: 14 O 13063/22) hatte sich mit einer Feststellungsklage eines betroffenen Abgemahnten zu befassen.
Es war beantragt worden, dass festgestellt wird, dass der Beklagte (der Abmahner) keinen Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung eines imaginären Schmerzensgeldes aufgrund der Einbindung von Google-Fonts-Schriftarten hat.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Der Beklagte hatte im Verfahren behauptet, sein Hauptinteresse bei den Abmahnungen sei es gewesen, Aufmerksamkeit für das Thema Google-Fonts zu bewirken. Zudem gar nicht fix 170,00 Euro gefordert worden, sondern ein im Zweifel verhandelbares Vergleichsangebot unterbreitet worden.
Google-Fonts-Nutzung ist ein Verstoß gegen die informationelle Selbstbestimmung
Entsprechend der allgemeinen Ansicht kommt das Landgericht München zunächst zum Ergebnis, dass die dynamische Einbindung von Google-Fonts gegen die DSGVO verstößt, wenn ohne zwingenden technischen Grund und ohne Einwilligung Daten in die USA an die Firma Google übertragen werden. Dies sei eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes.
Persönliche Betroffenheit fehlt
Es fehlt jedoch nach Ansicht des Gerichtes an der persönlichen Betroffenheit. Der Abmahner hatte die Seite des Abgemahnten nicht persönlich aufgesucht. Vielmehr wurde ein automatisches Programm, ein sogenannter Crawler eingesetzt, um Webseiten zu finden, bei denen Google-Fonts dynamisch eingebunden waren.
Zudem nimmt das Gericht eine sogenannte „Tatprovokation“ an. Hintergrund dieser Ansicht war, dass der Abmahner einen Crawler eingesetzt hatte, um gerade Webseiten zu finden, bei denen Google-Fonts dynamisch eingebunden wurden. „Wer sich aber bewusst und gezielt in eine Situation begibt, in der ihm eine Persönlichkeitsrechtsverletzung droht, gerade um die Persönlichkeitsrechtsverletzung an sich zu erfahren, um sodann daraus Ansprüche zu begründen, ist nicht schutzbedürftig.“
Im Übrigen arbeitete das Gericht heraus, dass mindestens 100.000 Abmahnungen ausgesprochen wurden, der beklagte Abmahner gab die Anzahl der Abmahnungen mit einem „niedrigen sechsstelligen Bereich“ an.
Da die Schreiben als „Abmahnung“ bezeichnet wurden, sollte zur Überzeugung des Gerichtes eine Drohkulisse gegenüber den Empfängern aufgebaut werden. Die Ansprüche seien zudem durch den Abmahner nicht weiter verfolgt worden.
Zudem unterstellte das Gericht ein finanzielles Interesse.
Damit ist nunmehr auch zivilrechtlich geklärt, dass diese Google-Fonts-Abmahnungen rechtsmissbräuchlich waren.
Stand: 02.05.2023
Es berät Sie: Rechtsanwalt Andreas Kempcke